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Die Bewohner

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Dem Umstand, dass ich ihre Sprache, auch ihre Dialekte, mühelos verstand und fließend sprechen konnte, verdanke ich, dass ich sehr schnell Kontakt zu den verschiedensten Bevölkerungsgruppen bekam, dass die Humanier mir bald Vertrauen entgegenbrachten und mich als ihresgleichen behandelten.

Die Humanier sind ein Mischvolk, das sich aus vielen Rassen zusammensetzt. Sie gingen - wie mir der Ahnenforscher Darwin anhand seiner Wirbelsäulensammlung zweifelsfrei nachweisen konnte - aus den Hominiden hervor, diese aus den Prähominiden und diese aus den Pithecanthropi. Aber sie nennen sich nicht gerne Hominiden, um nicht an ihre Herkunft erinnert zu werden, sondern lieber Humanier, weil sie auf ihre edle Gesinnung stolz sind, und noch öfter Humanisten, weil sie sich auf ihre Bildung etwas einbilden.

Alle gehen aufrecht, obwohl sie keine Gründe dafür haben. Sie fühlen sich als Ebenbilder Gottes, so klein denken sie über ihn, sofern sie überhaupt über ihn nachdenken. Meistens schenken sie ihre gesamte Aufmerksamkeit der Welt und verfolgen alles, was Tag für Tag geschieht, mit gierigem Interesse. Damit sie sich nicht immer selbst eine Meinung bilden müssen, setzen sie sich - meist bis tief in die Nacht hinein - vor ein Fernsehgerät, um zu erfahren, wie sie über Personen und Ereignisse zu urteilen und zu denken haben. Da sie sehr kritisch sind, lassen sie sich nur von dem überzeugen, der sich laut und wortreich äußern kann. Sie beugen sich nur eindeutigen Beweisen, wenn einer glaubwürdig versichert, seine Meinung sei progressiv und stimme sowohl mit der Wissenschaft wie mit der Mehrheit überein. Gerüchten geben sie immer den Vorzug, weil sie wiederholt die Erfahrung machen, dass in Gerüchten, trotz feierlicher Schwüre und trotz hartnäckiger Dementis, doch immer ein Stück Wahrheit steckt.

Auf Anstand legt man in Humania großen Wert, noch mehr auf Umgangsformen, die sich ein Herr von Knigge, der einen sehr gebrechlichen Eindruck auf mich machte, für andere ausgedacht hat, um ihnen die Schwierigkeiten zu ersparen, die er selbst im Umgang mit seinen Mitmenschen hatte. Er, der sehr darunter litt, dass die jungen Humanier sich einbildeten, im Umgang miteinander ohne seine Regeln auskommen zu können, erklärte mir mit großer Geduld, ohne sich seine Enttäuschung anmerken zu lassen, die in Humanien heute üblichen Gepflogenheiten, so dass ich sehr wohl weiß, wie ich mich zu verhalten habe.

Aus den Begrüßungsformen, die sehr abwechslungsreich sind, kann man entnehmen, wie einer zu einem anderen steht. Es ist üblich, Fremde misstrauisch zu mustern, Kollegen - soweit wie möglich - zu ignorieren, Bekannten kühl und Freunden freundlich zuzunicken, Verwandte flüchtig zu umarmen, Erbtanten dagegen zärtlich zu behandeln und rührend zu umsorgen. Solange man noch nicht verheiratet ist, küsst man sich mehrmals nacheinander intensiv in U-Bahnen, Restaurants oder auf öffentlichen Plätzen, aber nur, wenn Leute in der Nähe sind und zusehen können. Vor Höherstehenden und jenen, auf die man angewiesen ist, verbiegt man sein Rückgrat bis zu neunzig Grad, allen andern aber tritt man kräftig auf die Zehen, bis es wirklich schmerzt. Kräftiges Händeschütteln wird als Warnsignal verstanden. Ein breites Lächeln bedeutet Genugtuung, dass man sich gegen jemand durchsetzen konnte. Zu denen, auf deren Bekanntschaft man keinerlei Wert legt, sagt man ein freundliches 'Angenehm’. Wer 'Hallo’ ruft, meint es wirklich ehrlich. Wer ‘guten Tag’ sagt, lenkt von einer ungewollten Begegnung ab, und wer mit 'Grüß Gott’ grüßt, macht damit deutlich, dass er höhere Interessen hat. Mit einem herzlichen 'Auf Wiedersehen' gibt man dem anderen zu verstehen, dass man sich wohl kaum ständig aus dem Weg gehen kann. Mit 'Tschau’ verabschiedet man sich immer, wenn das Zusammentreffen Zeitverschwendung war.

Humanier darf sich nennen, wer entweder eidesstattlich oder durch mindestens zwei Personen bezeugen kann, dass er und seine Vorfahren schon immer im Land waren, der Landessprache mächtig ist und eine Gesinnung besitzt, die mit den Gesetzen des Landes in Einklang gebracht werden kann..

Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs bezüglich Staatsangehörigkeit


Humania

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