Читать книгу Schicksale gebündelt - Walther von Hollander - Страница 22
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ОглавлениеIm dritten Kriegsjahr erhielt der Stabsarzt der Reserve Dr. Wetzel einen unerwarteten Urlaub von 8 Tagen, weil der Generaloberarzt zufällig guter Laune war. Wetzel beschloß, seine Frau zu überraschen, kam abends gegen 8 Uhr in Halle an und nahm eine Droschke, um gemütlich zu seinem Häuschen hinauszufahren, das zwischen Halle und Ammendorf am Bahndamm lag. Es war ein kalter Aprilabend, windig und ziemlich trübe. Es regnete auch etwas.
Während der letzten fünf Minuten wurde Wetzel unruhig. Er besah seufzend das Innere seiner Militärmütze, wischte die Stirn, zerrte an seinem Waffenrock und vergewisserte sich dreimal, ob Wein, Butter, Honig und Wurst noch in der Tasche waren.
Als er ausstieg, fiel ihm auf, daß nur in der Küche Licht brannte und oben im Schlafzimmer, Ankleideraum und Badezimmer. Ihm schien es auch, als wenn das Dienstmädchen nur verlegene Freude zeigte. Er stieg in Mantel und Mütze vorsichtig die Treppe hinauf und öffnete lautlos die Tür zum Badezimmer. Was er sah, schien ihm zuerst eine Halluzination zu sein, Vorausspiegelung dessen, worauf er sich während der ganzen Eisenbahnfahrt gefreut hatte. Ein Mann stand nämlich in der Badewanne und seifte sich unter behaglichem Grunzen gründlich ab. Wetzel vergewisserte sich, daß er draußen im Flur stand und nicht jener fremde Herr sein konnte. Richtig, es hing ja eine Leutnantsuniform am Haken und nicht der Stabsarztrock. Er schlug sich vor die Stirn, drehte um, lief die Treppe wieder hinunter, befahl dem Dienstmädchen, der gnädigen Frau nichts zu sagen, ehe er angerufen hätte, und stand zwei Minuten nachdem er ins Haus gekommen war, wieder draußen.