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Ein Jahr oder mehr ging alles gut. Es war eine aufgeregte Zeit. Hunger, Revolten, Streiks gab es. Die Leunawerke wurden stillgelegt, die Lichter verloschen und flammten wieder auf. Lastautos mit Arbeitern kamen ins Dorf, um Nahrungsmittel bei den Bauern zu requirieren. Später marschierten Stahlhelmleute ein und schließlich Reichswehr, um die Ordnung herzustellen. Zwischen diesen Verwirrungen konnten Lenas Besuche verborgen bleiben, und daß sie manchmal mit Wetzel auf dem Motorrad fortfuhr, fiel nicht so sehr auf. Der Doktor nahm zuweilen auch andere Bauernmädchen mit. Später hatten sie es alle gewußt.

Der Lehrer bekam es zuerst heraus. Er hatte ihr nachgespürt, weil er sie liebte. Er versprach, ihr Geheimnis zu hüten, aber sie sollte ihn heiraten. Sie lachte ihn nur aus. Zu Wetzel sagte sie nichts. Die paar Stunden, die man hatte, wollte sie nicht mit dem Kleinkram der übrigen Tage füllen. Sie hatte aber wohl doch nicht mehr die Unbeschwertheit, die todesmutige Heiterkeit, die Wetzel sonst in Entzücken versetzte. Das heißt: es war wohl alles da. Aber eine Wolke darüber. Er merkte es lange nicht. Dann fragte er. Sie wußte von nichts, wich aus, lachte. Schließlich sagte sie schluchzend: „Ich liebe dich nun doch.“

Der junge Arzt war betroffen, weil er eigentlich dasselbe hätte sagen können. Er stand an der gleichen Stelle, an der er mit Vera gestanden hatte. Aber das durfte er nicht zugestehen. Was erloschen war, konnte nicht noch einmal aufflammen. Was einmal geflammt hatte, konnte nicht verlöschen. Das war die Wahrheit. Er hatte Vera geliebt. Vorbei und nicht vorbei, das ist das Geheimnis der Liebe, dachte er. Es ist aber nur das Geheimnis des Trotzes.

Er schrieb an Vera einen Brief. Lena durfte das nicht wissen. Er schrieb, daß er sie wohl vergessen könne, aber nicht abtun. Er schrieb von der Tragik der Verwicklungen und Verwirrungen, die leicht zu verstehen und schwer zu tragen seien. Er demütigte sich zum Schluß ein wenig, nicht weil er demütig sein wollte, sondern weil das anzieht. Er starrte ihr Bild an und flüsterte: „Komm, komm.“ Kurz: er benahm sich recht albern, berauscht und wankelmütig. Und als er den Brief eingesteckt hatte, war ihm plötzlich klar, was kommen mußte. Er sah es deutlich. Er wartete am Briefkasten, bis der Postbote Herrmann zum Leeren kam. Er wollte sich den Brief wiederholen. Aber dann grüßte er den Alten nur und ging nach Hause. Der Brief aber fuhr nach Holland und holte Vera.

Schicksale gebündelt

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