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Bei einer Weihnachtsfeier des Kriegervereins lernte Wetzel endlich Lena Wagenfeld kennen, die einzige Tochter des Bauern Wagenfeld, von der er schon viel gehört hatte. Sie setzte nämlich den Klatsch durch kleine Absonderlichkeiten immer wieder in Bewegung, durch eine übertrieben städtische Kleidung etwa, durch Romanlesen, durch ihre Reitleidenschaft und ihre Anfälle sozialen Mitgefühls, die sich in Armenpflege im Dorf oder in der Aufnahme von Ferienkindern aus den Leunawerken äußerten. Eigentlich war sie mit ihren zwanzig Jahren noch nicht mehr als ein altkluges Kind. Oder noch so viel wie ein Kind, das nicht wußte, was es mit seinen Kräften anfangen sollte und mit den überschwenglichen Gefühlen, für die es in ihren Kreisen keine Verwendung gab.

Wetzel machte ihr gleich den Hof. Diesem Blond konnte er nicht widerstehen. Dieser zarte, eckige Körper wirkte unter den Bauern überfeinert. Die Stimme war von einer rührenden, rauhen Zerbrechlichkeit.

Er hatte auch sofort ihr Vertrauen. Er war ja viel klüger als alle, die sie kannte. Die Pastoren eingeschlossen, von denen einer einmal um sie geworben hatte. Er konnte, er sollte über sie bestimmen. Wenn er, wie er sagte, zur Liebe nicht geschaffen war, wenn er die Heirat verabscheute und über die Freundschaft spottete, so war es für sie natürlich schwer, sich in seiner Nähe zu halten. Geistig? Geistig konnte sie ihm nichts sein. Sie besuchte ihn einmal im Frühling unter hundert Vorsichtsmaßregeln. Sie wanderte oben durch das Wohnzimmer, das Schlafzimmer, sie besah sich kopfschüttelnd die Hunderte und aber Hunderte von Büchern. Wetzel hatte wirklich die meisten gelesen? Himmel, Himmel! Sie fuhr ihm mit einem Finger über die Stirn. Nein, geistig konnte sie ihm nichts sein.

Sie besah dann Veras Bild. Sie wußte nicht recht, was sie sagen sollte. Am liebsten hätte sie gelacht. Aber Wetzel machte ein ernstes Gesicht. Er seufzte sogar. Sie stellte das Bild wieder hin. Also körperlich? Wenn er sie nur wollte. Sie war bereit. Wetzel zögerte aber lange. Er stellte ihr vor, daß sie unter Umständen mit ihrem Ruf ihr ganzes Leben zerstörte, die Zukunft mit Mann und Kindern. Nein, um Gotteswillen, er wollte sie nicht verführen. Es fehlte ihm ja nicht an Frauen. Er hatte sein Motorrad, und Halle war nicht weit. Jedenfalls legte er Wert darauf, ihr nichts zu versprechen. Er wollte keine Schuld haben. Schuld? Da hätte sie stutzig werden müssen. Schuld? Nein, er schuldete ihr nichts. Oder? Doch, eine Kleinigkeit. Sie wollte mit ihm einen Pakt schließen. Sie wollte nicht mehr, aber auch nicht weniger als andere haben. Er brauchte sie nicht zu lieben. Aber er sollte sagen, daß er auch keine andere liebte, und es ihr in Zukunft sagen, sobald er liebte.

Wetzel wurde heftig. Er hatte es doch schon so oft gesagt: er konnte gar nicht lieben. Aber sie vielleicht? Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Nein, sie wohl auch nicht.

Damit war also der Pakt geschlossen. Ein paar Tage später kam Lena, um sich dem Freunde ganz anzuvertrauen.

Schicksale gebündelt

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