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Mutter organisiert unser Leben

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Wir besuchten auch die Großmutter und zwei Tanten in Mutters Geburtsort Tichau, die erzählten, welchen Schikanen sie ausgesetzt seien. Inzwischen hatte Mutter auch erfahren, dass Vater auf dem Weg nach Berlin geschnappt worden war und nun bei einem polnischen Bauern arbeitete. Mutter traf ihn dort, und die beiden kamen überein, so schnell wie möglich in den Westen zu fliehen.

Im Mai 1946 machte sie unser Mitbewohner, der wie bereits erwähnt, in der polnischen Verwaltung arbeitete, darauf aufmerksam, dass nur noch zwei Transporte in die englische Besatzungszone fahren würden, alle weiteren nur in die russische Zone. Mutter hätte auch die Möglichkeit gehabt, die polnische Staatsangehörigkeit zu erwerben, lehnte dies aber ab. Nun wurde schnell gepackt und die Ausreise beantragt.

Das Jahr in Polen hatten wir überlebt. Bevor der Zug, der uns in den Westen nach Marienborn bringen sollte, sein Ziel erreicht hatte, wurde das Gepäck mehrmals gefilzt. Endlich im Westen, hatten wir die Wahl zwischen dem Kreis Peine und der Stadt Wolfenbüttel. Mutter entschied sich für Peine, weil sie sich erinnerte, dass es dort Industrie gab. Das war für sie wichtig, weil sie sich sagte, wo Industrie ist, ist auch Arbeit.

Unsere neue Bleibe war in Ölsburg. Mutter und meine Schwester bekamen ein Zimmer zugewiesen, für mich selbst gab es keinen Platz mehr. Ich wurde in der Nachbarschaft untergebracht.

Mutter, durch und durch Geschäftsfrau und überaus diplomatisch, machte rasch eine Miniwohnung für uns ausfindig, in der es sogar ein Bettgestell, einen Tisch, einen Küchenschrank und einen Herd gab, der mit Torf beheizt wurde. Ein Wasserhahn befand sich in einem kleinen Nebenraum, das WC auf dem Hof.

Zwar hatten wir Geld, das aber wertlos war. Uns blieben zum Tauschen nur Zigaretten, die wir auf den Lebensmittelkarten bekamen, aber nicht benötigten, da Mutter nicht rauchte.

Wenn Mutter bei einem Bauern half, gab es etwas Gemüse. Im Herbst suchten wir die abgeernteten Felder nach liegen gebliebenen Ähren ab, ebenso die Kartoffeläcker. Etwas später im Jahr wurden Bucheckern gesammelt, für die man Öl bekam. Wenn die Erntewagen mit Zuckerrüben zur Fabrik fuhren, fielen manchmal einige herunter, die rasch aufgesammelt und zu Rübenkraut verarbeitet wurden. In diesem Jahr lernte ich den Hunger kennen.

Mit schlechten Karten gut gespielt

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