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„Elsterhorst - übernehmen Sie!“

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Elsterhorst freute sich stets auf seinen ersten Arbeitstag nach dem Urlaub. Er liebte das Normale, wie er es nannte. Auf sein Büro, auf den neuen Fall, auf die gewohnte Arbeit.

Heute war das anders. Da war diese Judith. Damit trat etwas sehr Privates in sein Leben, was sein auf Routine aufgebautes, allein bestimmtes Leben zu stören drohte. Und dann hatte er auch versprochen, sie anzurufen, mitzunehmen, einzubeziehen - was immer.

Nein, dachte er, so nicht!

Er wählte die Durchwahl zu Judiths Pensionszimmer. Niemand hob ab. Auch kein Anrufbeantworter schaltete sich ein. Wieso auch? In einem Pensions-Zimmer? Absurde Idee!

Verdammt noch mal! Warum hatte er sich nicht ihre Handynummer geben lassen. Er wählte die Nummer der Pension. Nach dem fünften Läuten ein verschlafenes „ Ja?“

„Verzeihen Sie“, fragte Elsterhorst, „könnte ich Frau Schwertfeger sprechen?“

„Einen Moment, bitte!“

Der Moment dauerte fünf lästige Minuten.

„Maurice!“ meldete sich Judith. „Ja, ich bin schon beim Frühstück. Wann kommst du? Ich bin schon ganz aufgeregt.“

Aufgeregt - dachte Elsterhorst, ist das das passende Wort, wenn es um die verschwundene Mutter geht, die vielleicht als Leiche irgendwo herumliegt?

„Also“, er vermied immer noch, sie beim Vornamen zu nennen, „pass’ auf: Ich muss zunächst allein ins Büro. Hören, was da los ist, nachdem ich 14 Tage nicht da war. Ich rufe dich heute Abend an. Und versuche bloß nicht, auf eigene Faust etwas herauszubringen. Und gehe auf keinen Fall in euer Haus!“

„Zu Befehl, Herr Kommissar", erwiderte Judith verschnupft und legte auf.

Warum eigentlich? Sie hätte ihm doch einen schönen Tag oder viel Erfolg wünschen können.

Als der braungebrannte Elsterhorst mit einem munter gemeinten „Da bin ich wieder! Gibt’s denn schon was Neues?“ ins Büro trat, fiel ihm die große Betriebsamkeit auf, die dort herrschte. Keiner nahm so recht Notiz von ihm. Urlaubsheimkehrern begegnete man mit einer Mischung aus Neid und Rachegefühlen. So begab er sich eilends in die „Soko Witwen“.

Dort vertiefte sich der Kollege Lothar Velmond schon in die bisherigen Ermittlungsergebnisse. Ihm gegenüber saß diese Frau, die wohl seine Assistentin oder Sekretärin war. Sie war ihm ja noch nicht vorgestellt worden.

Velmond schaute nur ganz kurz auf, als Elsterhorst seinen Kopf durch die Tür neigte. Nach Teamgeist sah das nicht aus. Eher nach „Ach der schon wieder! Soll er doch endlich an seine Arbeit gehen!“

Wenn das mal gut geht, dachte sich die Möbius, bestrebt, etwas für das Betriebsklima zu tun.

„Kommen Sie doch! Möchten Sie eine Tasse Kaffee?“

Elsterhorst dankte und setzte sich – unaufgefordert vor Velmonds Schreibtisch. Dann erstattete er einen kurzen Bericht darüber, was er von Judith erfahren hatte.

„Noch ist es kein Fall“, gab Velmond zu bedenken. „Es fehlt eine Vermisstenanzeige. Vielleicht hat sich ihre Freundin einen Scherz erlaubt.“

„Sie ist nicht meine Freundin“, erwiderte Elsterhorst scharf.

„Wenn es an der Vermisstenanzeige mangeln sollte, dann melde ich hiermit namens der Tochter Judith Schwertfeger, geborene Hüttner, die Witwe Maria Solemnis Hüttner als vermisst!“

„Eine Witwe? Noch eine Witwe? Dann haben wir drei von der Sorte!“ hakte Velmond nach.

„Ja, wieso?“ fragte Elsterhorst. „Es muss doch nicht immer der Ehemann gewesen sein?“

„Auch Hermine-Adele Hudefarth war Witwe. Ihr Sohn hat sie vor fast einem halben Jahr als vermisst gemeldet. Die Sache lag lange, allzu lange auf Eis. Und jetzt sind wir noch keinen Schritt weiter.“

„Und die dritte?“

„Vermutlich auch Witwe, vielleicht aber auch nicht. Da passt gar nichts zusammen. Vermutlich hat sie einen Sohn, vielleicht aber auch nicht. Ein Heinz Baumann hat sie als vermisst gemeldet. Er war auf der Suche nach ihr, angeblich wegen eines geplanten Klassentreffens. Sie sei eine seiner früheren Lehrerinnen gewesen. Er ist in ihr Haus eingebrochen, nachdem er vorher die Umzäumung des Anwesens demoliert hat. Eine Gruppe von Nachbarinnen ist auf dem Grundstück herumgelaufen. Die Polizei hat sie alle gleich einbestellt. Baumann hat eine Ordnungsstrafe bekommen und steht unter Anfangsverdacht. Die Frauen haben wir laufen lassen.“

Elsterhorst zögerte noch.

„Wer ist an diesem Fall dran?“

„Ich“, sagte Velmond, „aber ich stecke bis zum Hals in der Hudefarth-Angelegenheit. Die Leute sind reich und bekannt. Da habe ich die Falke erst mal zurückgestellt.“

„Vielleicht“, bot Elsterhorst an, „kann ich mich auch um den Fall Falke kümmern.“

„Das wäre wunderbar!“ bedankte sich Velmond - aus ganzem Herzen! Er schätzte es gar nicht, gleichzeitig in zwei sehr ähnlichen Fällen zu ermitteln. Vielleicht war es das Alter, dass er dann nie auseinander halten konnte, was zu diesem und was zu jenem Fall gehörte.

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