Читать книгу Handbuch Eigentumswohnung - Werner Siepe - Страница 11
In der DDR
ОглавлениеIn der DDR gab es zwischen 1949 und 1990 keine dem Wohnungseigentum vergleichbare Eigentumsform. Entgegen dem weit verbreiteten Irrtum, sämtlicher Grund und Boden sei sogenanntes Volkseigentum gewesen, gab es privates Eigentum an Grundstücken und den darauf befindlichen Gebäuden sehr wohl. Aber zwei wesentliche Unterschiede bestimmten das Immobilienrecht in der DDR. So fügte § 287 des DDR-Zivilgesetzbuchs (ZGB) dem Eigentumsrecht ein Nutzungsrecht hinzu: „Bürgern kann zur Errichtung und persönlichen Nutzung eines Eigenheims oder eines anderen persönlichen Bedürfnissen dienenden Gebäudes an volkseigenen Grundstücken ein Nutzungsrecht verliehen werden.“ Diese Verleihung eines Nutzungsrechts setzt voraus, dass eine Trennung von Grundstück und den darauf befindlichen Baulichkeiten rechtlich möglich ist. Und in der Tat sagte § 295, Abs. 1 ZGB zwar: „Das Eigentum am Grundstück umfasst den Boden und die mit dem Boden fest verbundenen Gebäude und Anlagen sowie die Anpflanzungen.“ Aber Absatz 2 verfügte: „Durch Rechtsvorschriften kann festgelegt werden, dass selbstständiges Eigentum an Gebäuden und Anlagen unabhängig vom Eigentum am Boden bestehen kann. Für die Rechte an solchen Gebäuden und Anlagen sind die Bestimmungen über Grundstücke entsprechend anzuwenden, soweit nichts anderes festgelegt ist.“
Gerade diese Trennung von Grundstück und Gebäude und die „verliehenen“ Nutzungsrechte an Grundstücken führten nach der Vereinigung und der Übernahme des Rechtssystems der Bundesrepublik Deutschland zu Rechtsunsicherheiten und zu zahlreichen Härtefällen bei ostdeutschen „Häuslebauern“. Denn das Problem bei der Verleihung von Nutzungsrechten war nicht der Akt der Verleihung selbst, sondern das sogenannte Volkseigentum, an dem Nutzungsrechte verliehen wurden. Dieses Volkseigentum war oft genug nur angemaßtes Eigentum. Nach der Wiedervereinigung wurde die Trennung von Grundeigentum und Eigentum am Gebäude wieder aufgehoben.
Die Schaffung von Wohnungseigentum ist auch in der DDR bis 1989 immer wieder einmal von Experten diskutiert worden. Aber die Wohnung als Eigentum passte wohl politisch nicht in ein System, das die Wohnung als – nahezu kostenlose – Sozialleistung des Staates für seine Bürger herauszustellen wünschte. Vielleicht spielten auch die negativen Erfahrungen mit, die man in den Fünfzigerjahren mit dem Bausparen gemacht hatte. Die Hoffnung, den Kaufkraftüberhang der Bevölkerung in den Wohnungsbau umzulenken, war schon nach wenigen Jahren gescheitert, weil den Bausparverträgen seitens der Bauwirtschaft weder ausreichend Material noch Baukapazität gegenüberstanden. So wurde das Experiment Bausparen – in der Bundesrepublik eine der tragenden Säulen für den Immobilienerwerb – in der DDR stillschweigend zu Grabe getragen.