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Kapitel 12

Berlin

Julius Bergner war pünktlich. Es war genau acht Uhr, als er Unter den Linden das Café Einstein betrat, das mit seiner roten Markise um Aufmerksamkeit warb. Die Morgensonne hatte das Brandenburger Tor, das sich unweit am westlichen Ende der Straße erhob, in strahlendes Licht getaucht.

„Ihr Gast ist schon da“, sagte einer der Kellner, der ihn regelmäßig bediente, wenn er sich im Einstein mit Vertretern aus der Politik, den Medien oder aus der Welt der Wirtschaft verabredete. Von den Wänden schauten Schwarz-Weiß-Fotos von Willy Brandt, aber auch mehrfach Marilyn Monroe aus großen, braunen Holzrahmen auf die Gäste hinab. Auch an diesem Morgen waren die Tische im hinteren Bereich bereits gut besucht, an denen in Berlin so viele Fäden gezogen, so viele vertrauliche Gespräche geführt wurden. Alles informell, alles ohne Protokoll, aber dafür umso gewichtiger. Der Kellner führte ihn an vielen bekannten Gesichtern vorbei, Gäste, die nur kurz aufschauten, knapp nickten und sich dann wieder ihren Gesprächspartnern zuwandten. Wer sich hier traf, der gehörte zum inneren Zirkel. Niemand wunderte sich, Bergner hier zu sehen und auch nicht, dass er sich mit dem BILD-Mann einließ.

Kai Herrmann erhob sich, als der Kellner Julius Bergner zu seinem Tisch bugsierte. Sie schüttelten sich die Hände und für einen Moment lang hatte Bergner tatsächlich überlegt, ob er das nicht besser unterlassen solle, denn in der Krise hatte man sich das in Berlin abgewöhnt.

„Danke nochmal für die schöne Schlagzeile über den Machtkampf in Berlin. Sie haben die Situation gut auf den Punkt gebracht“, sagte Bergner.

„Ja, das lief ziemlich gut, sowohl online wie auch in der Printausgabe. Hat sich an dem Tag deutlich besser verkauft als sonst“, antwortete Herrmann.

„Wie schätzen Sie, unter uns, das Rennen ein? Der Ministerpräsident konnte in der Krise punkten. Starke Führung, klare Ansagen, das mögen die Leute. Und das ergibt gute Umfragewerte“, legte er nach.

„Ja, mag sein“, räumte Bergner ein. „Aber Sie wissen doch: In der Politik gibt es immer wieder neue Überraschungen.“

„Überraschungen? Habe ich etwas verpasst?“

„Dafür ist die Zeit noch nicht reif. Aber denken Sie an unser Gespräch von heute zurück, wenn es soweit ist. Falls Sie gerne wetten, setzen Sie noch nicht all ihr Geld auf den Ministerpräsidenten. Das könnte sich noch böse rächen.“

„Ich gebe zu, Sie machen mich neugierig“, versuchte Herrmann ihm noch weitere Informationen zu entlocken.

„Das verstehe ich. Und seien Sie versichert, Sie werden der Erste sein, der es erfahren wird, wenn der Tag gekommen ist. Das wird Ihre Auflage nochmal deutlich steigern.“

Bergner biss in das Lachsbrötchen, das ihm der Kellner wie immer zusammen mit einem starken Kaffee und einem Glas Orangensaft serviert hatte. Eigentlich wollte er sich auf keinen Fall weiter auf das Thema einlassen, konnte es dann aber doch nicht für sich behalten.

„Sie sind zu jung, um sich zu erinnern, aber damals, im großen Watergate-Skandal in den USA, gab es ein Motto: Follow the money, folge dem Geld. Und wissen Sie, wie das endete? Mit dem Rücktritt von Richard Nixon, dem damaligen Präsidenten.“ Bergner merkte, wie Herrmanns Aufmerksamkeit wuchs, aber weiter als mit dieser Bemerkung würde er auf keinen Fall gehen, jedenfalls jetzt nicht.

„Und was ist mit Mertens? Als Gesundheitsminister hat er doch auch einen guten Job gemacht. Außerdem ist er Muttis Liebling.“

Bergner lächelte.

„Ja, das stimmt. Das muss der Neid ihm lassen. Aber wir beide wissen, was alle in Berlin wissen, inklusive ihm selbst: Er ist einfach noch zu jung. Er hat jetzt den Hut in den Ring geworfen, um auf sich aufmerksam zu machen – für später. Er kann sich Zeit lassen und glaubt, dass er immer noch ans Ziel kommen wird. Nur eben nicht sofort.“

„Bleiben also nur noch Sie, wenn ich das richtig verstehe“, warf Herrmann ein.

„Es wird Sie überraschen, aber so sehe ich das auch.“ Bergner lächelte erneut.

„Und wenn Sie die Geschichte zum Machtkampf in Berlin fortschreiben wollen, habe ich hier noch etwas für Sie.“

Er sah, wie Herrmann seinen Kugelschreiber zückte, der bisher unangetastet neben seinem Notizblock gelegen hatte.

„Ich mache mir Gedanken über den Tag danach. Ich möchte mit einem überzeugenden Team antreten. Und da habe ich schon mal einen Namen.“

Herrmann führte die Spitze seines Kugelschreibers auf den oberen Teil des Notizblocks.

„Ich höre“, sagte er.

„Kurt Friedrich, der große Investor. Ein hervorragender Kenner der deutschen und internationalen Wirtschaft. Er würde bestimmt einen guten Wirtschaftsminister abgeben. Außerdem ist er der wichtigste Teilhaber bei NEWTEC und wenn die mit dem Impfstoff erfolgreich sein werden, und davon gehe ich aus, dann hat er mit seinem Investment auch eine wichtige patriotische Tat vollbracht, die Deutschland nach vorne bringen wird.“

Herrmann schrieb und blickte dann auf.

„Und? Wird er mitmachen?“

„Davon gehe ich aus“, sagte Bergner, „aber natürlich haben Sie das nicht von mir persönlich gehört. Irgendwie aus Berliner Parteikreisen oder einer ähnlichen Quelle. Ich kann das nicht offiziell bestätigen, rate aber, es im Auge zu behalten. Das wird die Diskussion weiter vorantreiben, da bin ich mir sicher.“

Herrmann klappte seinen Notizblock zu. Er hatte es plötzlich eilig.

„Ich werde mal sehen, was man daraus machen kann“, sagte er. Er winkte dem Kellner zu.

„Die Rechnung bitte.“

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