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Die ästhetische Seite des Segelns
ОглавлениеViele Fahrtensegler suchen in erster Linie Naturnähe. Ruhe und Entschleunigung vom Alltag in einer nur wenig vom Menschen geprägten Umgebung sind wesentliche Ziele. Ein einsamer Ankerplatz ist ihnen mehr wert als eine an Infrastruktur reiche Marina mit Duschen und Shoppingmeile. Und wenn der Wind abflaut, wird nicht gleich der Motor gestartet, sondern mit der größtmöglichen Segelfläche möglichst lange auch der letzte Hauch von Wind genutzt, um weiterzukommen. Auch wenn es nur noch mit 1–2 Knoten weitergeht. Allerdings nicht aus ökonomischen Gründen, sondern aus der ästhetischen Freude an der Bewegung des Segelbootes im Wind, sanft durch das Wasser zu gleiten oder auch kraftvoll hoch am Wind durch die hohe Windsee zu stampfen. Der Alptraum eines solchen Seglers sind Motorboote, die mit viel zu geringem Abstand bei Schwachwind vorbeidonnern.
Imposanter Regenbogen auf See kurz vor Sonnenuntergang.
Der Segel-Ästhet verfolgt die Veränderungen der Wolkenformationen nicht nur, weil sie Aufschluss geben über die Wetterentwicklung, sondern auch – und vielleicht sogar in erster Linie – in einer Art kontemplativer Meditation, weil er sie einfach schön findet. Genauso erlebt und genießt er das bewegte Gleiten durch die See, die Wellenbilder und die Lichtreflexionen an der Wasseroberfläche. Lichterscheinungen sind ohnehin ein ganz wesentliches Erlebnismoment auf See. Der Halo-Ring um die Sonne herum als Hinweis auf höhere Luftfeuchtigkeit in der oberen Atmosphäre ist auch ohne meteorologisches Hintergrundwissen ein Augenschmaus. Und wer sieht schon an Land einen vollständigen Halbkreis als Regenbogen? Auf See ist das keine Seltenheit. Nach manch einem kräftigen Regenschauer in der Ferne kann ein Wassersportler sogar manchmal einen doppelten Regenbogen sehen. Und für Segler mit Sinn für die Schönheit der maritimen Umgebung ist kein Sonnenuntergang wie ein anderer. Es gibt sogar Segler, die sammeln Sonnenuntergangsfotos.
Apropos Schönheit: Seltener unter den Charterseglern, aber umso verbreiteter unter den Eignern ist natürlich der Genuss beim Betrachten des eigenen Bootes. »Was ist das doch für ein schönes Boot!«, sagt sich insgeheim so manch ein Segler, wenn er mit dem Beiboot von Land zurückkommt und sein Boot aus einigen Metern Abstand bewundert. Da darf das ganz spezielle Holzpflegemittel für die Zierleisten auch gern mal etwas teurer sein … Und wo kann man sein eigenes Schiff am besten aus allen Perspektiven betrachten? Natürlich an einem ruhigen Ankerplatz.
Nur mit der Ruhe gibt es dort leider ein zunehmendes Problem. Die Zahl der Ankerbuchten ist nun mal begrenzt. Hingegen scheint die Zahl der Boote auf dem Wasser in manch einem beliebten Revier fast grenzenlos zu steigen. Darüber hinaus sind speziell im Mittelmeer in der Hochsaison die Marinapreise derartig hoch, dass sich viele Segler oft für das Übernachten vor Anker entscheiden. Dummerweise berücksichtigen viele dabei aber nicht, dass ein für das Wohlbefinden wünschenswerter Abstand zum Nachbarn eingehalten werden sollte. Ganz zu schweigen von alkoholgeprägten Ankerpartys, die manch eine Ankerreede in eine Diskothek verwandeln.