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Segeln als Herausforderung
ОглавлениеGerade im Segelsport ist das Spektrum an Aktivitätsmöglichkeiten extrem breit: Es reicht vom Sonntagsnachmittagsausflug mit der Jolle auf einem kleinen Binnensee bis zur Einhand-nonstop-Weltumsegelung von Ost nach West gegen die dominierenden Windsysteme. Jeder Segler sucht sich seinen eigenen Horizont. So wie in anderen Sportarten und Lebensbereichen der Fall ist, gibt es natürlich auch bei der Segelei einige, die ihre Herausforderungen etwas weiter hinter dem Horizont suchen als andere. Womit nicht unbedingt die Ozeanreise nach Grönland gemeint sein muss. Eine Umrundung von Irland auf einer Jolle, in Tagesetappen gesegelt, ist unter Umständen härter als die Überquerung des Atlantiks von Kanada nach Gibraltar auf einer 10-Meter-Yacht. Ihnen gemeinsam ist die Herausforderung, sich selbst ein nur mit hoher Anstrengung zu erreichendes Ziel zu setzen, mit hohem Einsatz die eigenen Grenzen zu suchen und – hoffentlich – am Ende die einzigartige Befriedigung zu erleben, wenn denn das selbstgesetzte Ziel erreicht wurde. »Selbstverwirklichung« wird manchmal etwas kritisch gesehen, weil sie nicht selten auf Kosten von Interessen anderer Mitmenschen erst möglich wird. Im Segelsport kann diese Selbstverwirklichung – sofern sie denn verantwortungsbewusst angestrebt wird – ohne Nachteile für andere erreicht werden. Problematisch wird die Sache dann, wenn hohe Risiken wissentlich eingegangen werden, weil man sich darauf verlässt, dass Rettungsdienste ja dank moderner Technik praktisch überall zur Verfügung stehen und im Fall der Fälle angefordert werden können. So segelten beispielsweise in den ersten Vendée-Globe-Einhand-nonstop-um-die-Welt-Rennen in den 90er-Jahren einige Regattasegler südlich der großen Kaps bewusst extrem weit nach Süden bis jenseits der statistischen Eisberggrenze, denn dort ist der Kringel um die Erde etwas kürzer als weiter nördlich, was die Siegeschancen erhöht. Doch gab es auch immer wieder lebensbedrohliche Havarien mit Growlern (kleine Eisbergreste, die kaum aus dem Wasser herausragen). Schließlich wurde es den australischen und neuseeländischen Search-and-Rescue-Diensten verständlicherweise zu bunt und zu teuer, immer wieder unter hohem technischen Einsatz extrem risikofreudige Einhandsegler aus Lebensgefahr retten zu müssen. Die Behörden entschieden, in Zukunft die bei der Rettungsaktion tatsächlich entstehenden Kosten den Seglern (bzw. ihren Sponsoren) in Rechnung zu stellen. Seitdem werden diese Hochseerennen in den hohen Breiten der Südhalbkugel verpflichtend deutlich nördlich der Eisberggrenze ohne Havarien mit Eis gesegelt.
Seesegeln als Herausforderung.
Ein verantwortungsbewusster Hochsee-Fahrtensegler wird seinen Bootstyp und seine Ausrüstung so auswählen, dass er ein Maximum an theoretisch möglichen Problemen auf See mit Bordmitteln selbstständig in den Griff bekommt. Die Seereise wird so geplant, dass das nie ganz auszuschließende Risiko, unterwegs in schlechtes Wetter zu geraten, statistisch möglichst klein gehalten wird. Dank Internet sind dazu heutzutage die Informationsmöglichkeiten über Wind-, Wetter- und Strömungsbedingungen weltweit und meist kostenlos abrufbar, sodass eine große Seereise auf der Grundlage wissenschaftlich erstellter Statistiken verantwortungsvoll geplant werden kann. Dass es in jeder Statistik Ausreißer gibt, ist davon unbenommen. Somit wird dank guter Informationssysteme »der Kampf mit den Naturgewalten« in der Weite des Meeres weitgehend kalkulierbar und das Suchen der eigenen Grenzen verantwortbar. Konkrete Tipps zu diesen Informationsquellen sowie zur Wahl des Bootes und dessen Ausrüstung finden Sie in den Kapiteln 3 und 6.