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Segeln als gesellschaftliches Erlebnis

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Nicht jeder Segler sucht Einsamkeit. Für manch einen kann Einsamkeit auf dem Boot sogar beunruhigende, ja bedrohliche Züge annehmen. Eine Einhand-Atlantiküberquerung ist mit Sicherheit nicht der Traum eines jeden Fahrtenseglers. Viele fühlen sich als Teil einer eingespielten Besatzung wohler als allein mit dem Skipper oder gar völlig allein und suchen an Bord wie auch im Hafen eher Geselligkeit. Segelvereine und Regatta-Veranstaltungen können dafür die gesuchte Umgebung bieten. Etwas überraschend erscheint allerdings in diesem Zusammenhang, dass trotz steigender Zahl von Segelscheininhabern die Mitgliederzahlen in vielen Segelclubs sinken. Es gibt einerseits immer mehr Segler, doch treten prozentual immer weniger in einen Segelverein ein, wenngleich der seglerische Gedanken- und Erfahrungsaustausch sicherlich in einem Segelclub mit Gleichgesinnten besonders leicht wäre. Eine Folge des Informationsangebotes im Internet?

Mit zunehmender Erfahrung und dem einen oder anderen Törn hinter den Horizont wächst in manch einem Fahrtensegler der Traum oder gar reale Wunsch nach einer Atlantiküberquerung. Doch erfordert eine solche mehrwöchige Ozeanreise langfristige, intensive Vorbereitung und ausreichende Kenntnisse und Erfahrung in Navigation und Seemannschaft sowie in Meteorologie, Motorenkunde und allgemeinen Reparaturarbeiten. Viele erfahrungsvermittelnde Jahre im Leben eines Seglers sind notwendig, um gut vorbereitet, autonom und verantwortungsvoll die große Ozeanreise zu bewältigen. Häufig lässt jedoch Berufstätigkeit und Familienleben dafür keine Zeit. Mit genau diesem Punkt im Blick hatte ein segelbegeisterter englischer Geschäftsmann im Jahre 1986 eine geniale Idee: Die Vorbereitungszeit auf eine Atlantiküberquerung muss durch wenige, aber konzentrierte Wochenendseminare drastisch reduziert werden und die Überquerung muss in Form einer Sicherheit suggerierenden Rally / Regatta als Gruppe gesegelt werden. Die ARC (Atlantic Rally for Cruisers) war geboren. Heute nehmen jährlich zwischen 200 und 300 Hochseeyachten an dieser Veranstaltung teil. Den Skippern wird angeboten, die Vorbereitung auf die Gruppenreise in vier Wochenendseminaren zu den Themen Schiffssicherheit, Motorenkunde, Meteorologie und Kommunikation pragmatisch-konzentriert durchzuführen. Die Yachten müssen im Hinblick auf Größe und sicherheitstechnische Ausrüstung einen überprüften Standard erfüllen. Zudem gibt es vor und nach der Atlantiküberquerung ein unterhaltsames Rahmenprogramm von Landausflügen und Partys. Der Transatlantiktörn wird in zwei Gruppen gesegelt: einerseits die Cruiser mit Familiencrew und andererseits die regatta-ambitionierten Racer. Dass das Ganze seinen Preis hat, versteht sich …


Segeln als »Social Event«.

Unter den teilnehmenden Familiencrews wird als Hauptmotiv für die Teilnahme gern betont, dass die ARC während der Überquerung mehr Sicherheit biete, weil man ja nicht allein segele und über UKW-Funk oder Satellitentelefon ständig jemand in der Nähe erreichbar sei. Ob es sich dabei nicht eher um eine Scheinsicherheit handelt, mag den Teilnehmern überlassen bleiben. Wie auch immer: Die gesellschaftliche Seite der Veranstaltung hat bei allen Crews Priorität: »A great social event!«

Zum Thema »social event« gehören leider auch ein paar Beobachtungen, die ich nicht vertiefen, aber zur kritischen Reflektion beispielhaft erwähnen möchte: Eine Yacht läuft in den Hafen ein. Nahe am zugewiesenen Liegeplatz wartet die Crew an Deck mit Fendern und Leinen in den Händen mehr oder weniger nervös auf die Anweisungen des Skippers. Auf dem Steg und im Cockpit der schon festgemachten Yachten gibt es zwar etliche Zuschauer, die auf die neue Episode im Hafenkino gespannt sind, doch gibt es allzu oft keine wohlwollenden, mitdenkenden Segler, die sich bemühen, der ankommenden Besatzung beim Festmachen am Steg zu helfen. Eine andere Beobachtung: Manch eine traumhafte Ankerbucht, manch ein beliebter Bootssteg verwandelt sich im Sommer abends in ein Klamauk-Theater, weil zu fortgeschrittener Stunde einige Crews unter zunehmendem Alkoholeinfluss ihre Geselligkeit rücksichtslos über die Nachbarschaft hinweg grölen müssen. Dass es neben den Partyseglern auch noch andere Crews gibt, Familiencrews, ältere Seglerpaare, die dieses rüde Verhalten meist mit grenzwertiger Toleranz hinnehmen, wird einfach ignoriert.

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