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Am ersten Weihnachtstage.
ОглавлениеTitus 2, 11–14.
11. Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen, 12. Und züchtiget uns, daß wir sollen verleugnen das ungöttliche Wesen, und die weltlichen Lüste, und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt, 13. Und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unsers Heilandes Jesu Christi, 14. Der sich selbst für uns gegeben hat, auf daß er uns erlösete von aller Ungerechtigkeit, und reinigte ihm selbst ein Volk zum Eigentum, das fleißig wäre zu guten Werken.
DIe beiden epistolischen Texte des heutigen und morgenden Tages sind von einander dem Hauptinhalte nach sehr verschieden; aber sie haben auch wieder manche zufällige Aehnlichkeit, in Anbetracht welcher ihre unmittelbare Aufeinanderfolge am ersten und zweiten Weihnachtstage sich leuchtend rechtfertigt. Die Epistel des heutigen Tages ist dem Inhalte nach ebensowol wie die des morgenden ein sehr umfangreiches, großes und heiliges Ganzes. In beiden ist von einem Hauptpunkte aus ein Ueberblick über die gesammte, göttliche Thätigkeit zu unserm Heile, und über alle gnädige Absicht Gottes mit uns armen Sündern gegeben. Beide, so reich und groß ihr Inhalt ist, werden von dem heiligen Apostel zur Begründung einer Reihe vorausgehender, einzelner Vermahnungen gebraucht, und können uns zeigen, welch’ hohe Gründe nach Gottes Willen ein jeder Christ für sein einfaches, standesmäßiges Verhalten in seinem Herzen haben soll: die Gründe sind höher als das Verhalten. Endlich beginnen alle beide mit einem Schlagworte, welches, wenn es auch gar nicht von der Weihnachtsgeschichte gebraucht ist, doch so leicht und lieblich darauf bezogen werden kann, daß man sich, namentlich bei der Stellung der Texte an den beiden Tagen und der Gewöhnung von uralter Zeit her, dieser Beziehung auch gar nicht mehr erwehren kann. „Es ist erschienen die erlösende Gnade Gottes allen Menschen,“ beginnt die heutige Epistel. Und die morgende beginnt: „Da aber erschien die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes unsres Heilandes.“ Da man nun schon in der frühesten Zeit und noch ehe das Geburtsfest Jesu nach abendländischer Tradition an seinem rechten Geburtstage, dem 25. Dezember, gefeiert wurde, dies Fest ein Fest der Theophanie, d. i. der Gotteserscheinung, oder der Epiphanie, d. i. schlechtweg der Erscheinung zu nennen pflegte; so ist es ganz leicht erklärlich, daß der doppelte Ausdruck: „Es ist erschienen die erlösende Gnade Gottes allen Menschen,“ und: „es erschien die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes unsres Heilandes,“ wie unmittelbar aus der sonnenhellen Nacht, die wir heute feiern, genommen, aufgefaßt wurde. Wie gern sagt sich das hoch erfreute Herz: „Die erlösende Gnade, die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes unsres Heilandes, die liegt Mensch geworden in der Krippe, in der Höhle von Bethlehem, und das Licht von dieser kleinen Höhle streckt sich in alle Welt hinein.“ Wie schön und weihnachtsmäßig ist auch diese Auffaßung, und auf wie vollkommen richtigen allgemeinen Gedanken beruht sie allerdings! Wie gar nicht braucht sie daher aus der Seele des Menschen verwischt zu werden! Lies du getrost, mein lieber Bruder, die beiden Episteln, in dem lieben und angenehmen Weihnachtssinn.
Dennoch ist es aber auch eine Pflicht des Auslegers, dich einigermaßen von dieser Auffaßung abzulenken, damit du auf den großen Weihnachtsgedankenmögest hingelenkt werden, welchen die Kirche bei der Wahl dieses Textes gehabt hat.
Schon wenn du liesest: „Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen,“ kann dir deine Seele bei stiller und aufmerksamer Betrachtung sagen, daß der Ausdruck „allen Menschen erschienen“ über die Weihnachtsgeschichte hinausgreift. Der erste und größte Prediger der Geburt des Herrn, der Engel über den Feldern von Bethlehem, nennt die heiligste Geburt eine Freude, „die allem Volk wiederfahren wird.“ Allem Volk, sagt er, d. i. dem ganzen Volke, dem ganzen jüdischen Volke, und obwol er von der Freude des einigen Volkes Israel redet, unter welchem der Herr geboren ist, legt er sie doch in die Zukunft. Und wenn nun gar unser Text von einer Gnade redet, die zu des Apostels Zeiten allen Menschen erschienen sein soll, also nicht blos dem Volke Israel, so paßt das wol auf die geistliche Erscheinung, d. i. auf die Predigt, die nach des Apostels mehrfacher Aussage schon zu seinen Zeiten überall hin gedrungen war, nicht aber auf das Licht der kleinen Höhle, in welcher, sich unser angebeteter Herr und Heiland in seiner Geburtsnacht mehr verbarg, als erschien. Und so ist es auch. Wer nur mit einem Blicke die Epistel übersieht, der findet, daß St. Paulus in ihr schon davon redet V. 14, daß sich Jesus Christus für uns „hingegeben habe, daß er uns erlösete.“ Er denkt sich also bereits das ganze irdische Werk Jesu Christi, von der Menschwerdung bis zum Kreuzestode und zur Erlösung, als abgeschloßen, das Knäblein in der Krippe schon vor Gott als das siegreiche Lämmlein, das für uns geschlachtet, ein Löwe Gottes geworden ist, und von welchem die sieben Geister Gottes ihren Schein und ihr Zeugnis allenthalben geben. Er sieht den Schein, der aus der kleinen Höhle drang, der über Zion ausging, bereits die Welt umweben, und die Predigt von dem Siege des Erlösers als eine mächtig erziehende Gnade, welche die Heiden, die im Lichte Zions wandeln, für den frohen Tag der Wiederkunft des Herrn bereitet.
Wenn das nicht wäre, weshalb sagte er denn: Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen, und züchtigt uns, oder, im jetzigen Deutsch zu reden, erzieht uns? Sieh den Text an und überzeuge dich, daß von der erziehenden Gnade Gottes die Rede ist, und daß dieses der Hauptinhalt des ganzen Textes ist. Und wenn nicht von einer Erziehung für die Wiederkunft des Herrn die Rede wäre, wozu spräche er denn im 13. Vers, die Gnade erziehe uns, „daß wir warten sollen auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unsers Heilandes Jesu Christi?“ Zu welchem Ende zeigte er dann auch im 14. Vers den Stand der Vollkommenheit, den wir an jenem Tage erreicht haben sollen, indem er uns ein „Volk des Eigentums, das fleißig sei in guten Werken,“ nennt? Es ist wohl nichts gewisser, als daß der Text das Evangelium als die uns für den Tag der Ewigkeit und seine heilige Vollendung erziehende Gnade darstellt, und daß die Kirche, die den Text für heute wählte, diesen Gedanken von einer erziehenden Gnade für sehr paßend und weihnachtsmäßig gefunden haben muß. Ich find’ ihn gleich also. Mag einer sagen, der Gedanke sei nicht so kindlich, wie andere Weihnachtsgedanken: mich irrt das nicht, ich find ihn männlich, herrlich, schön. Er zeigt mir an, was für ein Volk sich alle Jahre am Geburtstag Jesu bei seiner Krippe finden soll, welch Volk seiner würdig ist, nämlich ein Eigentumsvolk, voll Eifer für gute Werke, mächtig fortschreitend von Tag zu Tage durch die erziehende Gnade, die uns erschienen ist. Ja, solch ein Volk soll anbetend beim Gedächtnis der Geburt und der Krippe stehen. Und wenn selbst dieser Weihnachtstext „von der seligen Hoffnung und Erscheinung des großen Gottes und unsers Heilandes Jesu Christi“ spricht; so kann ich auch an Weihnachten die Erinnerung an die Wiederkunft des Menschensohnes nicht bloß vertragen, sondern ich finde, daß die Krippe im Lichte des jüngsten Tages an Lieblichkeit nicht verliert, aber an Majestät gewinnt, während sie mit ihrem lieblichen Troste die Schrecken der letzten Erscheinung lindern und das Auge öffnen kann, zu sehen, daß Der, der kommen wird, kein andrer ist, als der gekommen ist, nemlich Marien Kind, der Friedefürst.
So laßt euch nun den Weihnachtsgedanken des Textes gefallen, und erlaubt mir, euch darzulegen, wie beschaffen das Eigentumsvolk Christi sein soll, zu welchem Er uns erziehen will. Licht aber und Friede des heiligen Geistes suche uns beidieser Betrachtung, dem zweiten Teile dieses Vortrags, heim.
Wenn der heilige Geist uns züchtigt oder zieht, so geschieht es immer durch die übernatürlichen Kräfte, die dem göttlichen Wort einwohnen. Das göttliche Wort naht unserm Geiste in Gedanken, welche an Form andern menschlichen Gedanken völlig ähnlich sind. Aber diese der Form nach menschlichen Gedanken kommen mit einem Segen und einer Kraft von oben, welche gewöhnlichen menschlichen Gedanken nicht beiwohnt, sondern das alleinige Vorrecht derjenigen Gedanken ist, welche der heilige Geist lehrt. Durch diese gütigen Kräfte der zukünftigen Welt gewinnt das Wort des Herrn seine göttlich-menschliche Eigenschaft und die doppelte Wirkung eines lichten, menschlichen Gedankens und einer wunderbaren Offenbarung aus der Höhe. Diese doppelte Eigenschaft und Kraft hat alles Gottes Wort, ob es lehre, ob es strafe, ob es beßere und ermuntere, oder ob es züchtige und erziehe. Also auch die im Worte erziehende Gnade kommt in dieser doppelten Weise zum Menschen und sucht in ihn einzudringen durch die doppelte Gewalt unüberwindlicher Gründe und mächtiger göttlicher Einflüße, so daß es in der That nicht zu verwundern ist, wenn ein Mensch zu einem Gliede göttlichen Eigentumsvolkes erzogen, sondern nur, wenn er nicht erzogen wird, wenn er widerstrebt, wenn er sich der göttlichen Macht erwehrt. Dies aber ist eben das Wunderliche und zugleich schauderhaft Wahre, daß der Mensch zwar sonst nichts kann, aber doch dem Allmächtigen widerstreben, und daß der Allmächtige alles kann, aber sich auch selbst eine Schranke gesetzt und beschloßen hat, den Menschen zu Seinem ewigen Heile zwar zu mahnen, durch die unwiderstehlichen Gründe zu bewegen, und ihm mit himmlischen Kräften zu nahen, aber ihn nicht zu zwingen. Die Welt geht ihre Bahn kraft göttlicher Notwendigkeit, aber der Funke, der winzig kleine Wille eines Menschen, geht seine eigne Bahn, und kann sie selbst dann gehen, wenn ihn die erziehende Hand des Herrn im Himmel auf andre Bahnen lenken will. Da sei gewarnt vor sich selber ein jeder menschlicher Wille, und wer irgend bereits ein Kind des Geistes ist, der bleibe in des Geistes Pfaden und neige sich vor Ihm, so oft er Seine Stimme vernimmt, daß ja nicht das sanfte Sausen vorübergehe, die Seele ungesegnet und sich selbst überlaßen bleibe. Ein Wort ernster Mahnung, ehe ich euch nun das dreifache Werk der erziehenden Gnade Gottes textgemäß weiter beschreibe.
Dies Werk der erziehenden Gnade ist ein dreifaches, in Anbetracht der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Für die Vergangenheit wirkt die erziehende Gnade eine Verleugnung, in der Gegenwart ein neues heiliges Leben, in Anbetracht der Zukunft eine starke rege Hoffnung. Sie entwöhnt, sie gewöhnt, und bereitet für den Tag der Ewigkeit.
Verleugnung ist ihr erstes Werk. Sie züchtigt uns, daß wir „verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste,“ sagt der Apostel. Ein wunderliches Wort, dies Wort verleugnen, nahezu gleichbedeutend mit jenem euch wolbekannten Worte des Taufbundes, mit dem Worte entsagen. Was ich verleugne, das ist entweder mein, oder es wird mir doch zugeschrieben, ich aber will es nicht für mein erkennen. Wem ich entsage, dem könnte ich mich auch ergeben, aber ich ergebe mich nicht, ich kündige Gehorsam und Verbindung auf. Petrus verleugnet Jesum, der doch sein Herr und Meister ist, – und wir entsagen dem Teufel, seinen Werken und Wesen, weil wir seinem Reich entnommen und versetzt werden wollen ins Reich des lieben Sohnes. Ebenso soll auch eine Verleugnung in Kraft der erziehenden Gnade Gottes erfolgen. Was wir vor und außer Christo haben, was uns besitzt und hat, regiert und beherrscht, dem soll von Herzensgrund der Abschied gegeben werden, die Seele soll sich davon frei und los machen.
Was ist aber das? Gottlosigkeit oder das ungöttliche Wesen, wie Luther übersetzt und weltliche Lüste. Unter ungöttlichem Wesen oder Gottlosigkeit ist nichts anderes verstanden, als der Abfall von Gott, die Abgötterei und Zauberei, also eben das, was im Taufbund mit dem Ausdruck „Werke des Teufels“ bezeichnet ist. Ebenso liegt in dem Ausdruck „weltliche Lüste“ nicht etwa eine Einteilung der Lüste verborgen, so daß jemand weltliche Lüste und auch andre haben könnte. Jene Lust, von der geschrieben steht: „des Herzens Lust stehet zu deinem Namen,“ ist kaum dem allgemeinen Begriff nach mit den Lüsten zusammen zu reimen, von denen hier die Rede ist. Die Mehrzahl des Wortes Lust, die Lüste haben in der heiligen Schrift immer eine schlimme Bedeutung, selbst wenn das Beiwort weltlich nicht dabei steht. Weltliche Lüste aber sind die Lüste, wie sie die Welt von Anbeginn gehabt hat gegenüber der Freude am Herrn, welche Patriarchen und Propheten hatten. Gemeint ist im Grunde nichts anderes, als was im Taufbund „Pomp“, Wesen oder vielmehr Unwesen des Teufels heißt. Die elende Welt hat anstatt der Andacht zu Gott Dämonendienst und Abgötterei, und an der Stelle der reinen Freuden des Paradieses den Sinnenrausch der Lüste, Augenlust, Fleischeslust, hoffärtiges Leben, die Lust der Rache, die Lust der Herrschsucht, der Unterdrückungssucht, der Habsucht, und wie alle die rauschigen Mütter der verschiedenen Lüste dieser gottentfremdeten und gottfeindlichen Welt heißen. Was ist die Geschichte der heidnischen Völker vor Christo, was treibt die Nationen? Man braucht ihnen nichts abzuleugnen, was sie haben, keinen Ueberrest der edlen Abkunft, die sie alle haben; man kann auch alles anerkennen, was sie in Kraft natürlicher Gabe und ihres Gewißens gethan. Im Ganzen aber ist die Geschichte der Heiden nichts anderes, als ein mannigfaltig gestalteter Beweis ihres gottlosen Wesens und der Lüste, die sie trieben. Diese beiden großen Factoren aller heidnischen Verderbnis sind wie die Teufel, die, wenn sie vom Menschen ausgetrieben sind, nicht ferne von ihm weggehen, immer wieder kommen und den Einlaß in ihr altes Haus begehren. Sie sind nicht ferne von einem jeglichen Menschenkind, machen sich immer wieder geltend, und wer nicht Acht gibt und sie nicht immer aufs Neue verleugnet, abweist und ihnen entsagt, der kann immer aufs Neue wieder von ihren Stricken umgarnt und mit ihren Greueln beschmutzt werden, wie denn auch wirklich die große Mehrzahl derer, die sich Christen nennen, am Ende wieder dahinfallen wird in die grauenvolle Abgötterei, Zauberei und in alle Lüste des antichristischen Reiches. Daher muß auch das Eigentumsvolk des Herrn, das da heißt ein Eiferer in guten Werken, bis an’s Ende der Tage in der Verleugnung bleiben, und jede Seele, die nicht verloren gehen soll, zu einer immerwährenden Verleugnung des alten heidnischen Wesens erzogen werden. Wer nicht verleugnet, der wird nicht bekennen, und wer um die Krippe oder auf Golgatha, oder am Tage, da kommen wird, des wir warten, in rechtem Bekenntnis stehen will, der vergeße nicht, daß zum Bekenntnis Christi die Verleugnung alles“ vor-, und außer-christlichen Wesens gehört, zum hellen Ja das grimme Nein, und zur Freude am Herrn Herrn ein gewaltiger Haß des Bösen. Je älter du wirst an Jahren, desto jünger und kräftiger sollst du werden in Haß und Liebe, und wenn du in der Hand der erziehenden Gnade etwas Rechtes geworden sein wirst, so wird von dir eine doppelte Flamme ausgehen, immer brennendere Verleugnung des Bösen niederwärts, aufwärts aber, zum Dreieinigen und seinem Christus die Flamme der treuen Andacht, die in alle Ewigkeit lodern soll.
Dies von der Wirkung der erziehenden Gnade in Anbetracht der Vergangenheit. In der Gegenwart aber, welche dein ist, deine Zeit, dir zum Segen gegeben, will die himmlische Erzieherin ein heiliges Leben in dir bewirken, und dieses himmlische Leben ist in dem 12. Vers des zweiten Kapitels an Titus so recht nach unsrer Zeiten Weise dargelegt und bezeichnet. Denn wir sagen ja immer, der Mensch habe dreifache Pflichten: gegen sich selbst, gegen andre und gegen Gott. Und gerade wie wenn diese Einteilung unsrer Pflichten dem heiligen Apostel vorgeschwebt hätte, hält er bei Darlegung des neuen Lebens, zu dem wir erzogen werden sollen, jenes dreifache Verhältnis im Auge. Er sagt, die Gnade erziehe uns, daß wir „züchtig, gerecht und gottselig leben“ in dieser Welt, oder in der gegenwärtigen Weltzeit. Noch ehe wir das Wörtchen „züchtig“ uns zurecht legen und so faßen, wie es gefaßt werden muß, schon nach dem allgemeinen Begriffe des Wortes, der uns ungesucht entgegentritt, können wir sagen, daß hiemit das richtige Verhalten des Menschen gegen sich selber angedeutet ist. Ferner wird niemand leugnen, daß das Wort „gerecht“ das Verhalten des Menschen gegen seinen Nächsten andeutet. Endlich wird in dem Worte „gottselig“ jedermann das Verhältnis der Seele zu ihrem Gott bezeichnet finden. Was nun von diesen Worten das erste anlangt, so verbinden wir in der neueren Zeit mit dem Ausdruck „züchtig“ einen anderen Begriff, als es teilweise in den Zeiten Luthers der Fall war. Wir verstehen es meist so, wie Luther selbst in der Auslegung des sechsten Gebotes, wo es heißt, wir sollen „keusch und züchtig“ leben. Es scheint uns immer mit keuschverwandt und in einer Beziehung zum sechsten Gebot zu stehen. Das ist nun aber mit dem Worte, welches St. Paulus gebraucht, welches Luther in verschiedenen Stellen verschiedentlich in’s Deutsche übersetzt, nicht der Fall. Luther übersetzt das Hauptwort derselben Wurzel auch mit dem deutschen Worte „Mäßigkeit“. Aber auch dieses Wort reicht nicht hin und lädt uns nach unserem gewöhnlicheren Sprachgebrauch zu sehr ein, an Mäßigkeit im Eßen und Trinken zu denken. Näher am Sinne läge es, zu sagen Mäßigung, oder geradezu Maß, wiewol es dann doch unverständlich wäre, wenn wir in unserm Texte übersetzen wollten: „Die Gnade zieht uns, daß wir mäßiglich, gerecht und gottselig leben in der gegenwärtigen Welt.“ Wir haben im Deutschen kein Wort, welches dem griechischen Ausdruck volle Genüge thäte, und es kommt einen hier, wie überhaupt manchmal, an, dem Hörer ein Wort aus dem griechischen Texte zuzumuthen. Oft scheint am Laute des griechischen Wortes schon der rechte Sinn zu hangen. Das griechische Hauptwort, welches hier gebraucht wird, heißt Sophrosyne, und das Umstandswort, welches in unserm Texte steht, heißt sophronôs, und der Apostel will damit nichts andres sagen, als daß das Eigentumsvolk des Herrn die edle männliche Tugend besitze, sich in allen Stücken im rechten Maße zu halten, im Denken, in jeder Leidenschaft, in allem Begehren, in allem Thun. Zu dieser Tugend des heiligen Maßes will die erziehende Gnade uns alle fördern. Wer sie hat, hat Haltung nach außen, Sicherheit des Benehmens, Zuversicht des Handelns, Freudigkeit und Ruhe; er hat eine geordnete Seele und ein geordnetes Leben und ist in sich, was er sein soll. Er ist auch vor Leidenschaft und Stürmen bewahrt, und das Meer der Bewegungen in seinem Innern ruht in den Grenzen des gefundenen rechten Maßes, wie hinter Bergen, vor dem Winde geschützt. Man könnte wol sagen, daß ein Mensch in seinem Leben niemals die Frucht göttlicher und menschlicher Erziehung erreicht habe, so lang er nicht zu der heiligen Tugend des Maßes und der Mäßigung erzogen sei. Erst dann ist er ein ganzer Mann, erst dann ist er auch glücklich. Das Gegentheil davon sieht man an allen denen, die das Maß nicht halten, in irgend einem Stücke die rechte Grenze überschreiten. Mag sie überschritten werden in der Furcht oder in der Liebe oder im Haße, oder worin es sei, so gibt es allemal das Unglück der Aufregung, der innern Stürme. Dahin ist die edle freudige Nüchternheit, und was die Schrift sagt von der Unmäßigkeit im Weine, das zeigt sich alsbald bei jeder andern Unmäßigkeit. „Wo ist Weh, wo ist Leid, wo sind rothgeweinte Augen, und Wunden ohne Ursach“? Da, wo man in irgend einem Stücke das Maß nicht hielt. Wenn man daher auch die Tugend, von der wir reden, nicht geradezu als innere Vollendung faßen kann, so ist sie doch die Thürhüterin und Wächterin alles innern Wesens und Lebens, das nach Vollendung ringt, und das Kennzeichen derjenigen, die zum Ziel gelangen.
Auch die Gerechtigkeit ist ein Maß, aber das man nicht gegen sich selber, sondern gegen andre übt. Die Maler haben die Gerechtigkeit mit einer Wage in der Hand und mit verbundenen Augen abgebildet. Das sollte sagen, daß die Gerechtigkeit nur nach dem Zünglein der Wage greift, andre Umstände aber gar nicht berücksichtigt, oder daß sie im Verhalten gegen andre allein nach dem Recht fragt und nach sonst nichts. Wollte man nun aber sagen, daß der Apostel mit dem gerechten Leben, zu dem wir erzogen werden sollen, nichts weiter gemeint habe, als das, so würden wir ihm eine heidnische Auffaßung der Gerechtigkeit zuschreiben müßen. Er versteht unter einem gerechten Leben ein solches, das im Verhalten gegen andre allezeit auf das göttliche Wort und Gebot sieht, und einen jeden so behandelt, wie Gott der Herr es will. Da kann es dann allerdings sein, daß man sich in vielen Fällen gar nicht nach dem Zünglein der Wage des puren Rechtes, sondern nach dem Befehle der Barmherzigkeit und Güte richten muß, wenn man das apostolische Lob eines gerechten Lebens erlangen will. So ganz verschieden ist die christliche Lebensgerechtigkeit von dem, was die Heiden Gerechtigkeit nannten, daß man wol sagen kann, der heidnische Begriff der Gerechtigkeit sei vielfach der Tod der wahren, christlichen Gerechtigkeit. Es soll nun damit keineswegs gesagt werden, daß es der Natur leicht sei, im heidnischen Sinne gerecht zu leben. Im Gegenteil, schon das ist schwer, in allen Fällen einem jeden sein Recht und niemals Unrecht zu thun. Wie geneigt ist der Mensch, zumal wenn sein eigenes Interesse mit dem des nächsten zusammentrifft, das Seine auch mit offenbarer Verletzung des Rechtes zusuchen. Wenn M. Luther in der Auslegung des siebenten Gebotes die ganze Welt einen Stall voll grober großer Diebe nennt, was ist das andres, als die Behauptung, daß Frevel und Unrecht das Erdreich bedecke? Und wie wahr ist das, zumal wenn man bedenkt, daß über hunderttausend Handlungen der Menschen, die für gerecht gelten, nur ein Schein und dünner Schleier des Rechts liegt, und daß auch sie zu puren Ungerechtigkeiten werden, sowie der lichte Schleier und Nebel zerrißen wird, und die untrügliche Wahrheit das Urteil spricht. Mag nun aber die Gerechtigkeit im heidnischen Sinn dem Menschen so schwer werden, als sie will; so ist uns doch ein höheres Ziel gesteckt, ein Verhalten der Güte, die den Mantel darreicht, wenn man um den Rock rechtet, zwei Meilen geht, wenn eine verlangt wird, und sich auch auf den rechten Backen schlagen läßt, wenn der linke schon getroffen ist, die nicht wieder schilt, wenn sie gescholten wird, nicht dräuet, wenn sie leidet, das Uebel verträgt, das Unrecht mit gutem Gewißen leidet, siebenzigmal siebenmal verzeiht, für den Beleidiger betet, ihn speist und tränkt, für ihn stirbt, wenn es sein muß, und ihn lieb hat, feurige Kohlen auf sein Haupt sammelt, und das alles ohne Zwang und Schwerfälligkeit, mit Freuden. Es ist hiemit kein völliger Abriß der christlichen Gerechtigkeit gegeben, aber doch, und zwar unter Anklang von lauter biblischen Stellen, kräftig genug angedeutet, was es um die Gerechtigkeit, von welcher der Apostel redet, und zu welcher wir erzogen werden sollen, für ein der menschlichen Kraft unmögliches, überirdisches und himmlisches Ding ist. Für den Festtag Allerheiligen hat man den Text aus dem fünften Kapitel Matthäus genommen; man liest die acht Seligpreisungen Christi vor, diese achtfache, herrliche Einleitung in die Lehre Christi von der Gerechtigkeit. Ganz richtig, dort sind die Tugenden genannt, die wie acht hohe, wunderschöne Pforten zum Reich der Vollkommenheit führen, durch welche das gerechte Volk des Herrn, welches ein Eiferer in guten Werken ist, eingehen soll. Wenn der Herr kommen wird mit viel tausend Heiligen, mit seinem Eigentumsvolke, die ewig bei Ihm sein werden, so wird man unter ihnen lauter Leute finden, die aus Gnaden durch das Blut des Lammes selig geworden sind; sie werden aber auch alle durch Gnade Jünger sein der Gerechtigkeit, von der wir reden.
Laßt uns nun zu dem dritten Teil des heiligen Lebens übergehen, für welches uns der Herr ziehen will. Da oben gesagt wurde, was wir verleugnen müßten, nannten wir das ungöttliche Wesen oder die Gottlosigkeit. Ihm gegenüber steht nun hier die Gottseligkeit. Die beiden Ausdrücke stehen im griechischen Texte zu einander im geraden Gegensatz, weit mehr als man es in den beiden Worten der lutherischen Uebersetzung erkennen kann. Beide Ausdrücke bezeichnen die andächtige Furcht des Menschenherzens und die Anbetung; die Gottlosigkeit aber nimmt Andacht, Furcht und Anbetung dem allerhöchsten Gott, und wendet sie den Dämonen und andern Creaturen zu, während die Gottesfurcht und Gottseligkeit sie Dem gibt, dem sie allein gebühren. Sowie daher mit dem ungöttlichen Wesen oder der Gottlosigkeit der seit Kains Tagen immer mehr um sich greifende Abfall der Menschheit in Abgötterei und Heidentum bezeichnet ist, so liegt in dem Worte Gottseligkeit nichts andres, als die Religion der Patriarchen, Propheten und Apostel ausgedrückt, der allein wahre, das Herz befriedigende Gottesdienst, zu welchem wir erschaffen sind und erlöst und wiedergeboren und zu deßen heiliger Freude und Seligkeit uns die Gnade je länger je mehr erziehen will. Da ist zusammengefaßt in einen Ausdruck die Erkenntnis Gottes und die Buße und der Glaube und die Hingabe und Aufopferung treuer Herzen an ihren Gott und Herrn, alle Gottesfülle, die in dem deutschen Ausdruck Gottseligkeit ausgedrückt ist, und das ganze Leben in der Gegenwart des Herrn, unsres Gottes, welches alle unsre Mäßigkeit und Gerechtigkeit erst recht vollendet und bewirkt und ohne welches beide kaum möglich sind. Denn es scheint wol eine Stufenleiter aufwärts zu sein, wenn der Apostel sagt, wir sollen züchtig, gerecht und gottselig leben, und es ist auch eine Stufenleiter aufwärts, sofern die Gottseligkeit unter den dreien das höchste und größte, die Gerechtigkeit das mindere, und das heilige Maß die erste niedrigste Sproße ist. Dennoch aber hat der Mensch nur so viel Maß und Gerechtigkeit als Gottseligkeit, und wie man aus dem ersten Gebote den Gehorsam aller andern ableitet, so ist die Gottseligkeit eine Mutter aller Tugenden, und je nachdem der Sabbath deiner Seele groß ist und tief und reich, je nachdem wirst du auch Gerechtigkeit haben und heiliges Maß. Daher liegt auch so viel daran, daßwir innerlich zu einem göttlichen Leben der Andacht gelangen, daher leben wir hier auf Erden vor allen Dingen zu dem Zweck, Gott den Unsichtbaren zu finden und mit Ihm in eine gläubige Verbindung zu kommen, in ein persönliches Verhältnis, daß Er in uns und wir in Ihm seien, im höhern Sinn des Wortes in Ihm leben, weben und seien.
Hier schließt sich nun das Wort St. Pauli von der Erziehung für die Zukunft an, und zwar auf das allerengste, wie man sich schon aus den sprachlichen Formen des Grundtextes überzeugen kann. Denn es heißt, „die Gnade zieht uns, auf daß wir gottselig leben in der gegenwärtigen Welt, in Erwartung der seligen Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unsres Heilandes Jesu Christi.“ Es wird also auf das engste verbunden gottseliges Leben und Erwartung der seligen Hoffnung, wie wenn eins ohne das andere nicht sein könnte, wie wenn man nicht gottselig leben könnte, ohne eine brünstige Sehnsucht und ein Verlangen nach der seligen Hoffnung der Kirche zu bekommen. Das ist ja auch in der That so. Der Christ weiß, was sein Gott vorhat für das Ende dieser Weltperiode, es ist ihm offenbart und an das Ziel der Zeit wie ein winkender Kampfpreis, wie ein heiliges Kleinod gestellt; was aber sein Gott ihm offenbart und darreicht, das muß in ihm ein Hoffen, ein Sehnen und Verlangen, ein Streben und Ergreifen wirken. Und das alles liegt auch in dem Worte St. Pauli, das Luther mit dem Worte „Warten“ übersetzt hat. Da ist keine Rede von einem faulen, trägen Zuwarten, bei welchem einem die Zeit nicht zu lang wird, wobei man sich auch mit andern Dingen zerstreuen kann. Das Warten, zu welchem wir erzogen werden, entspricht dem Gegenstand, auf den man wartet, wie es ja auch beim Warten auf andere Dinge der Fall zu sein pflegt. Je Größeres man erwartet, desto reger und mächtiger ist die Erwartung selber. Nun läßt sich der Gegenstand unsrer Erwartung gar nicht herrlicher und schöner beschreiben, als mit den apostolischen Worten: „selige Hoffnung und Erscheinung unsres großen Gottes und Heilandes Jesu Christi.“ Bei dieser Darstellung denkt man an keine Feinde, keinen Antichristus, kein Blutvergießen, keine Hölle, auch an keine Veränderungen des Himmels und der Erde, keinen Weltbrand und Weltuntergang. Sie erweckt keine Schrecken, kein Entsetzen, sie verbindet mit der Hoffnung das Beiwort „selig“ und nennt den erscheinenden Gott Jesus Christus auch unsern Heiland. Sie läßt also durch alles, was man fürchten kann, die Frühlingsdüfte des ewigen Lebens und mitten in den furchtbaren Erweisungen der Allmacht Jesu Christi zugleich auch die durchbohrte, gnadenreiche Hand des guten Hirten schauen, der nun seine Schafe zu den frischen Waßern und grünen Auen einer ewigen Erquickung führt und sammelt. Selige Hoffnung, Erscheinung unsres großen Gottes und Heilandes, wie thust du so wohl dem müden, thränenreichen Geschlecht der Streiter und Pilger nach dem ewigen Zion, wie kannst du die Geduld stärken, die Jammerthränen trocknen, alles Leid in Sehnsucht, Verlangen und Streben verwandeln und uns so ergreifen und anziehen, daß wir auffahren wie die Adler, daß wir laufen und nicht müde werden, bis wir haben, was wir hoffen. Es geht oft so schwer, meine Lieben, mit dem Verleugnen und dem neuen Leben; es sollte nicht schwer gehen, aber es geht doch oft so schwer; die Hände werden laß, die Kniee straucheln, der Geist ermüdet. Wir sänken hin wie ein Blümlein von der Hitze, aber was hilft, was rettet, was stärkt uns? Es ist die Hoffnung der großen Herrlichkeit des Endes dieser Zeit und des Anfangs der ewigen Tage. Und diese herzstärkende Kraft der Hoffnung, dieser Mut, diese Freudigkeit werden um so größer, je mehr wir die Hoffnung selber kennen lernen, je mehr sich unser Herz an sie gewöhnt, und für sie erzogen wird. Es liegt daher so sehr viel an dieser Gewöhnung und Erziehung.
Brüder, diese Erziehung zum dreifachen Zwecke ist der Weihnachtsgedanke, den wir männlichen Geistes faßen sollen. Am Feste, da wir den Geburtstag Jesu feiern und Seiner ersten Erscheinung in der Welt, sollen wir den Blick nach der zweiten Erscheinung ausstrecken. Aus der Tiefe der Erniedrigung, die wir heute schauen, sollen wir auf die Majestät den Schluß machen, in welcher der Herr wiederkommen wird, – aus der Gnade der Menschwerdung und Erscheinung in der Höhle Seiner Geburt auf die Gnade der Erlösung an jenem großen Tage. Und wie heute die Hirten zu ihm kamen und seine Krippeumstanden, von denen wir wenigstens nicht sicher wißen, ob sie auch später sich unter den Anbetern Jesu gefunden haben, so sollen wir es begreiflich finden lernen, daß den Menschen „und Marien“ Sohn bei seiner Wiederkunft ein Eigentumsvolk umgeben werde, das seiner würdig im Glanz einer himmlischen Erziehung und Bildung ihn umgebe. Wie uns eine Sehnsucht ergreifen kann, unter den Hirten gewesen zu sein, eine unfruchtbare, denn was hilft ein Sehnen rückwärts in die Vergangenheit, so soll uns vielmehr eine Sehnsucht ergreifen, dermaleins seiner werth, unter seinem Eigentumsvolke zu stehen und seine Herrlichkeit zu schauen. Ja nicht bloß diese Sehnsucht nach unsrer Vollendung soll uns faßen, sondern eine höhere, größere, beßere Sehnsucht, die Sehnsucht nach Ihm selber, der da kommt. Das Kindlein in der Krippe können wir nicht mehr schauen, die Zeiten sind vorüber; aber den König, der aus dem Kinde geworden ist, den können und sollen wir schauen und durch alles, was wir von ihm lesen und hören, soll unsre Sehnsucht groß gezogen werden. Die Alten haben eine schöne, sinn- und inhaltreiche Sage von der Mutter Gottes. Eine solche Sehnsucht habe sie nach der Auffahrt ihres Sohnes gehabt, ihn wieder zu sehen, daß sie weniger wie seine Mutter als wie eine sehnsuchtsvolle Braut erschienen sei; bei allem zunehmenden Ernst des Lebens, bei aller Verleugnung der Welt und zunehmender großer Heiligkeit und Gerechtigkeit habe sie je länger je weniger den Eindruck einer alternden Matrone, je länger je mehr den der festlichen, bräutlichen, harrenden Jugend gemacht. Auch ihr Tod sei kein Sterben, sondern das Aushauchen einer sehnsuchtsvollen Seele, das Aufgelöstwerden einer gefeßelten Braut gewesen, die nun dem Bräutigam unaufhaltsam entgegeneilte. Da ist die Mutter Gottes ein Vorbild aller Heiligen, deren Leben nichts andres ist, als eine Erziehung für den großen Tag des Herrn.
Das sei auch euer Leben. Die Mühe, welche der Herr, euer Gott, durch Wort und Sakrament an euch wendet, sei reich gesegnet für euer Herz. Jede Feier von der Weihnachts- bis zur Pfingstfeier bring euch eine Stufe weiter, fördere euch von einer Klarheit zu der andern. Und wenn die Welt die Blüten wird abschütteln und leer werden der Baum des irdischen Lebens, wie ein öder abgeleerter Weihnachtsbaum, der Herr aber selbst den Seinen ein Baum des ewigen Lebens sein und ihnen die Früchte des Paradieses wird zu eßen geben, dann fehle von uns Keiner, sondern Er selber helfe uns, daß wir fertig mit dieser Welt, züchtig, gerecht und gottselig der seligen Hoffnung, dem großen Gott und Heiland entgegenlaufen mit ausgestreckten Armen und brünstigem Verlangen. Amen.