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VIER

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Als das Wohnmobil in die Frankenstraße einbog und dabei über eine Bodenwelle hüpfte, schlug Danbi mit dem Knie gegen den Rahmen der Nasszelle.

»Aua«, sagte sie. »Bitte langsam fahren!«

Das galt Marvin Lenz, der am Steuer saß. Marvin schaute über die Schulter nach hinten.

»Beschwerden bitte an die Stadtverwaltung Stralsund, oder wie das hier heißt.«

»Außerdem sollst du dich anschnallen, Bambi.«

Das kam von Niklas, Marvins älterem Bruder. Niklas war der Chef, der Bestimmer des Geschwisterpaars. Marvin war der Lustige. Er hatte ihr auch den Namen Bambi gegeben, einfach weil er das witzig fand.

»Ich bin angeschnallt«, sagte sie und zeigte auf den Sicherheitsgurt. »Hier!«

»Dann schraub deine Stelzen ab«, sagte Marvin und schaut in den Rückspiegel.

Danbi lachte. Die Stelzen waren sein Lieblingswitz. Sie konnte nichts dafür, dass sie größer war als die beiden Männer da vorne. Und jünger. Und hübscher. Deswegen war sie ja überhaupt hier. Denn auch wenn es anders aussah, die beiden Männer in dem gemieteten Wohnmobil und die junge Danbi Park aus Seoul, Südkorea, waren keine Urlauber.

Sie waren geschäftlich unterwegs. Gestern auf einem Rock-gegen-Rechts-Festival in Jamel und nun auf dem Sprung nach Rügen. Wie der Hochseefischer dem Fisch folgt, so folgten sie den Touristenschwärmen. Und sie warfen ihre Netze dort aus, wo gute Beute zu machen war.

Danbis Blick glitt über die roten Backsteinfassaden, die entlang der Straße im Licht der Vormittagssonne einen matten, warmen Glanz hatten. ›Gemütlichkeit‹ fiel ihr ein, das Wort, das ihr bei der Deutschprüfung solche Probleme bereitet hatte. Wegen der Bedeutung und auch wegen der Aussprache.

Danbi war nicht sicher, ob sie sie inzwischen beherrschte. Vielleicht war ›Gemütlichkeit‹ für diese Häuser auch gar nicht die richtige Bezeichnung.

»Stopp. Halt mal an. Such einen Parkplatz«, sagte Niklas plötzlich.

Marvin gehorchte seinem Bruder grundsätzlich aufs Wort. Aber selten ohne einen seiner Witze.

»Was ist denn los?«, grinste er Niklas an. »Hast du vergessen, Pipi zu machen?«

Niklas hatte es sich abgewöhnt, auf die Sprüche seines Bruders zu reagieren.

»Hast du den Wochenmarkt gesehen, an dem wir eben vorbeigefahren sind?«

»Ja, hab’ ich«, sagte Marvin, während er eine Parklücke am Straßenrand ansteuerte. »Und du meinst …?«

»Soll ich umziehen?«, fragte Danbi von hinten.

»Ich mich umziehen«, verbesserte Niklas. Er schaute kurz zurück und musterte sie.

»Nein, das ist okay so.«

Fünf Minuten später schlenderte Bambi über den Wochenmarkt von Stralsund. Obwohl sie ungeschminkt war und nur ein einfaches dunkelblaues T-Shirt zu ihren weißen Jeans trug, drehten sich einige Leute nach ihr um. Alte und junge, Männer und Frauen. Und fast alle lächelten freundlich. Eine große, schlanke Frau mit einem hübschen, exotischen Gesicht und grazilen Bewegungen. Sie fand es schade, dass sie die flachen Schuhe anhatte.

Die weißen Pumps hätten ihre ›Stelzen‹ noch mehr zur Geltung gebracht. Und ihr einen besseren Überblick verschafft. Irgendwo da vorne müssten Niklas und Marvin schon ihrer Arbeit nachgehen.

Rauch auf Rügen

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