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Der sozialdemokratische Journalist Friedrich Stampfer spricht sich am 31. Juli in seinem Artikel „Sein oder Nichtsein“ für die Unterstützung der nationalen Kriegsanstrengungen aus

Aus: Kruse, Krieg und nationale Integration, S. 241f.

Solange es die Möglichkeit gibt, den Frieden zu retten, gibt es nur eine Pflicht: für ihn zu arbeiten. In dem Augenblick aber, in dem das weltgeschichtliche Ringen beginnt (…) ändern sich auch die Aufgaben des deutschen klassenbewußten Proletariats. (…)

Unser Herz weiß nichts von Begeisterung für diesen Krieg. Es ist erfüllt mit tiefem Abscheu vor dem Krieg. Aber wenn kein Opfer mehr hilft, um das Verhängnis aufzuhalten, wenn wir uns dann der namenlosen Schändlichkeiten erinnern, die der Zarismus an seinen eigenen Volksgenossen verübt hat, wenn wir uns weiter vorstellen, die Schergen dieser barbarischen Gewalt könnten als trunkene Sieger unser Land betreten, dann dringt ein Schrei über unsere Lippen: Nur das nicht!

Jenseits aller Greuel der Verwüstung steigt uns ein anderes, freundlicheres Bild auf. Ein freies, deutsches Volk, das sich sein Vaterland eroberte, indem es dieses sein Land verteidigte. Dieses freie deutsche Volk nach billigen Friedensbedingungen im Bunde mit den großen Kulturvölkern des Westens. Unsere große Sache allüberall im Vordringen. Drüben aber im Osten die rauchenden Trümmer eines Zarenthrons.

Motive für die Kriegsunterstützung

Hinzu kamen andere Motive, die die Gewerkschaftsführung schon am 2. August zum Streikverzicht und zum Burgfriedensschluss mit dem kriegführenden Staat veranlassten und schließlich auch dazu führten, dass die Reichstagsfraktion der SPD sich am 3. August mit der großen Mehrheit von 78 zu 14 Stimmen für die (im Reichstag am folgenden Tag dann einstimmige) Bewilligung der Kriegskredite entschied. Nicht ohne Grund wurden Verfolgungsmaßnahmen befürchtet, sowohl die SPD als auch die Gewerkschaften hatten noch kurz vorher ihre Kassen in die neutrale Schweiz gebracht. Und da man den Krieg nicht mehr verhindern konnte, erschien es sinnvoll, die Burgfriedensparole von Wilhelm II., keine Parteien mehr, sondern nur noch deutsche Brüder kennen zu wollen, aufzugreifen und den Vorwurf der antinationalen Gesinnung, mit dem die Ausgrenzung und Entrechtung der Sozialdemokratie seit langem begründet worden war, nun aktiv zu widerlegen. Durch den Nachweis nationaler Loyalität hoffte man, den Boden für nationale Anerkennung, Gleichberechtigung und politische Reformen bereiten zu können. „Statt eines Generalstreiks führen wir nun für das preußische Wahlrecht einen Krieg“, so brachte der Reichstagsabgeordnete Ludwig Frank diese Perspektive unter Hinweis auf das von der SPD schon lange bekämpfte Dreiklassenwahlrecht in Preußen zum Ausdruck. Dafür bewilligte er nicht nur die Kriegskredite, sondern er meldete sich auch freiwillig und fiel schon wenige Wochen später.

Der Burgfriedensschluss

Trotz ihrer nun betont nationalen Orientierung waren die Reichstagsabgeordneten der SPD beim förmlichen Burgfriedensschluss am 4. August allerdings gar nicht anwesend. Er fand in der Eröffnungssitzung des Reichstages im Berliner Schlosses statt, die von der antimonarchischen SPD traditionell boykottiert wurde. Wie ihre Vertreter sich hier verhalten hätten, ist eine durchaus interessante Frage. Denn die Parteiführer der bürgerlichen Parteien gelobten hier dem Monarchen in die Hand, unter seiner Führung gemeinsam „durch dick und dünn, durch Not und Tod“ zu gehen. Der feudalstaatliche Charakter dieser Zeremonie war nicht nur typisch für die preußisch-deutsche Militärmonarchie. Die untergeordnete Stellung der Volksvertretung gegenüber der monarchischen Regierung kam vielmehr auch in der spezifischen Form zum Ausdruck, die der Burgfrieden in Deutschland annahm. Die Kriegspolitik lag vorerst allein in den Händen der monarchischen Regierung und des Militärs, das unter dem Belagerungszustand auch die Verantwortung für die zivile Verwaltung übernahm.

Der Erste Weltkrieg

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