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4. Bewegungskrieg

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Militärisch stand der Kriegsbeginn im Zeichen des Angriffsplanes, den der frühere deutsche Generalstabschef Alfred v. Schlieffen (1833–1913) einige Jahre zuvor entworfen hatte, um den Problemen des Zweifrontenkrieges zu begegnen. Der Plan war geprägt von dem allgemeinen Kult der Offensive, der die zeitgenössische Kriegsstrategie generell auszeichnete und der im deutschen Generalstab seine stärksten Befürworter hatte. Zugleich stellte er den Versuch dar, trotz der prekären strategischen Lage des Deutschen Reiches eine realistische Möglichkeit für einen militärischen Sieg bereitzustellen. Denn wenn es zu einem lange dauernden, von den Ressourcen der kriegführenden Länder abhängenden Abnutzungskrieg kommen würde, schätzte die deutsche Militärführung ihre Siegeschancen ausgesprochen gering ein. Der Schlieffenplan sah dagegen vor, durch eine groß angelegte Umfassungsbewegung die Hauptkontingente der französischen Armee in Nordfrankreich einzuschließen und in einer schnellen Entscheidungsschlacht zu vernichten, um anschließend das Schwergewicht des deutschen Heeres nach Osten transportieren und erfolgreich gegen die russische Armee ins Feld führen zu können.

Der Schlieffenplan

Militärstrategisch war der Plan brillant. Doch er hatte nicht nur den politischen Nachteil, durch die für den schnellen Vormarsch notwendige Verletzung der belgischen Neutralität den englischen Kriegseintritt zu forcieren. Vielmehr erwiesen sich auch zwei Grundannahmen als falsch. Zum einen war insbesondere der belgische Widerstand weit stärker als erwartet, so dass beim Durchmarsch trotz weitgehender, völkerrechtswidriger Zwangsmaßnahmen einschließlich der standrechtlichen Erschießung nicht nur von vermeintliche Partisanen (Franctireurs), sondern auch von Zivilisten und Kriegsgefangenen wichtige Zeit verloren ging. Zum Zweiten vollzog sich die russische Mobilmachung wesentlich schneller als gedacht und unbehindert durch die österreichische Armee, die sich stattdessen siegeshungrig auf Serbien stürzte, vor Belgrad aber schwere Niederlagen hinnehmen musste. Als starke russische Truppen gegen den schwachen deutschen Schutz schon Mitte August nach Ostpreußen einmarschierten, sah sich der deutsche Generalstabschef Helmut v. Moltke (1848–1916) veranlasst, zwei Armeekorps zur Sicherung Ostpreußens von der Westfront abzuziehen. Dadurch wurden empfindliche Lücken in die Umfassungsbewegung der voranmarschierenden deutschen Truppen gerissen, weshalb der Plan zur großräumigen Umfassung von Paris fallengelassen wurde und die Spitze des deutschen Vormarsches nun vom Norden aus direkt auf Paris marschierte. Dies war eine Ursache dafür, dass der Plan des französischen Oberkommandierenden General Joffre aufging, die deutschen Truppen durch einen massierten Gegenangriff an der Marne zu stoppen. Hatte der schnelle deutsche Vormarsch anfangs nicht zuletzt auf dem gut ausgebauten Eisenbahnnetz basiert, so kam dieser Vorteil in der Nähe von Paris nun den Verteidigern zugute. Tatsächlich gelang den alliierten Truppen ein Durchbruch durch die deutsche Front, der Moltke schließlich zur Rücknahme seines weit vorgerückten rechten Flügels und damit zum Abbruch der Offensive zwang.

Vom Bewegungskrieg zum Stellungskrieg

Mit dem Ausgang der Marneschlacht war der Schlieffenplan gescheitert. Der Bewegungskrieg zog sich dagegen noch einige Zeit hin, denn beide Seiten versuchten nun im sogenannten Wettlauf zum Meer vergeblich, die gegnerischen Truppen in kleineren Bewegungen zu umfassen. Gleichzeitig setzte die Befestigung der Frontlinien mit Drahtverhauen und Schützengräben ein, die sich bald von der belgischen Kanalküste durch Nordfrankreich bis an die Grenze der Schweiz zogen und für vier lange Jahre kaum noch Veränderungen zulassen sollten. Im Osten kam es nie zu einem so bewegungsarmen Stellungskrieg. Doch auch hier wurde die militärische Lage noch im Herbst 1914 stabilisiert. Der neu formierte deutsche Militärführung im Osten unter den Generälen Paul v. Hindenburg (1847–1934) und Erich Ludendorff (1865–1937) glückte in der Defensive, was als offensive Strategie im Westen gescheitert war. In zwei großen Kesselschlachten Ende August bei Tannenberg und anschließend an den Masurischen Seen gelang es, die russischen Truppen vernichtend zu schlagen, den Feind aus Ostpreußen zu vertreiben und über die Grenze nach Russisch-Polen und Litauen vorzustoßen. Angesichts dieser Erfolge mussten auch die im Süden weit in die zu Österreich gehörenden Teile Polens eingedrungenen russischen Truppen ihren Vormarsch abbrechen. Zum Jahreswechsel 1914/15 standen so deutsche Truppen an der Ost- wie an der Westfront auf feindlichem Territorium, während weiter südlich die russische Armee Teile von Galizien hielt. Kriegsentscheidende Erfolge hatte bisher keine Seite erzielen können, der Krieg ging nun über in das Stadium des industriellen Abnutzungskrieges.

Militärische Perspektiven

Hatten das Deutsche Reich und seine Verbündeten, wie oft betont wird, den Krieg damit bereits verloren? Mit solchen Urteilen sollte man vorsichtig sein. Immerhin dauerte es noch vier Jahre, bis die Mittelmächte kapitulierten, und für den militärischen Zusammenbruch war nicht zuletzt der keineswegs selbstverständliche Kriegseintritt der USA mit verantwortlich. Zuvor verfügten sie in Mitteleuropa jedoch über eine militärstrategisch keineswegs aussichtslose Stellung, konnten die Eroberungen im Westen lange halten und im Osten große militärische Erfolge erzielen. Auch die alliierten Kriegsgegner waren sich dementsprechend ihrer letztendlichen Überlegenheit lange Zeit keineswegs sicher, und selbst nach dem amerikanische Kriegseintritt veränderte sich das militärische Kräfteverhältnis nur langsam zu ihren Gunsten. Entschieden wurde der Kriegsausgang tatsächlich erst im Laufe des Jahres 1918.

Der Erste Weltkrieg

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