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2 Lernstörungen und Schulversagen

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Beim Thema Lernstörungen und Schulversagen stellt sich zunächst die Frage, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit eine Person in der Schule erfolgreich ist. Hierzu gibt es unzählige Untersuchungen, denn es ist seit Jahrzehnten das klassische Thema der Pädagogischen Psychologie und der Bildungsforschung. Ein bekanntes Modell aus der Literatur hierzu ist das INVO-Modell von Hasselhorn und Gold (2013, S. 68; Abb. 2.1). Das Modell listet einige der Bedingungsfaktoren auf individueller Ebene auf, die beim Lernen eine Rolle spielen.


Abb. 2.1: Modifiziertes Modell individueller Bedingungen erfolgreichen Lernens (adaptiert nach Hasselhorn & Gold, 2013, S. 68). Das Modell wurde inhaltlich ergänzt und so erweitert, dass die Zahnräder sich nicht blockieren, indem Zwischenglieder eingefügt wurden, die das z. T. unbekannte Zusammenspiel der Faktoren symbolisieren. Zudem findet schulisches Lernen nicht nur auf individueller Ebene statt, sondern es ist eingebettet in die schulische und familiäre Lernumwelt und wird von gesellschaftlichen Faktoren wie der Organisation des Schulsystems beeinflusst.

Auf individueller Ebene lassen sich kognitive Faktoren auf der einen und motivational-volitionale Faktoren auf der anderen Seite unterscheiden. Zu den kognitiven Faktoren gehören alle Aspekte, die mit Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung zu tun haben, also beispielsweise das Vorwissen einer Person, die Fähigkeit, den Lernprozess zu steuern, die Fähigkeit, Informationen mental zu repräsentieren und aus diesen zu lernen. Motivational-volitionale Aspekte spezifizieren, ob jemand bereit ist zu lernen und den Willen hat, Arbeit zu investieren. Damit gehen im günstigen Fall spezifische Emotionen einher, wie beispielsweise die Freude an einem Inhaltsbereich und das Gefühl, eine Sache gut zu beherrschen. Ist das Lernen dagegen von Angst, beispielsweise vor dem Versagen, begleitet, so wirkt dies wiederum auf den Lernprozess zurück.

Das Modell listet wichtige, bei weitem aber nicht alle Aspekte erfolgreichen Lernens auf, da auf individueller Ebene weitere Faktoren wie zusätzliche Intelligenzfacetten und Persönlichkeitsmerkmale (z. B. Gewissenhaftigkeit) eine große Rolle spielen. Auch Umweltfaktoren, wie beispielsweise didaktische Fähigkeiten der Lehrkraft, Lernklima in der Klasse, Unterstützung zu Hause usw., sind nicht enthalten. Zudem ist keineswegs immer klar, wie die Faktoren zusammenspielen. So ist es denkbar, dass eine leichte Angst vor einer Prüfungssituation Jugendliche eines hohen Fähigkeitsniveaus zum Lernen anspornt, wohingegen Personen, die bereits vielfältige Misserfolgserlebnisse gemacht haben, hierdurch im Lernen blockiert werden. Diese Unsicherheit im Zusammenwirken der Faktoren ist im Modell durch Fragezeichen veranschaulicht und diese Wechselwirkungen sind Gegenstand der sog. Aptitude-Treatment-Forschung (ATI; s. Hasselhorn & Gold, 2013, S. 254 ff.). Letztendlich ergibt sich in der Folge ein sehr individuelles Zusammenspiel der Faktoren, das von Person zu Person unterschiedlich sein kann.

Erleben, Lernen und Verhalten von Kindern und Jugendlichen

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