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2. Der frühe Staat – sozial- und politikwissenschaftliche Annäherungen

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Segmentäre Gesellschaft

Wie auch immer die Prozesse im Einzelnen verlaufen sein mögen: Israel und Juda stellten im 10. und 9. Jahrhundert Gesellschaften im Übergang dar. Die dörfliche Kultur jener Jahrhunderte kannte keine Zentralinstanz; man spricht daher von einer „segmentären Gesellschaft“. Die Errichtung der Territorialherrschaften veränderte diese Struktur nur langsam; staatstypologisch spricht man daher von einem „Häuptlingstum“ oder von einem „frühen Staat“. Anders als in einem gefestigten dynastischen Königtum muss der Häuptling seine Position immer wieder neu bewähren, es kommt daher nicht zur Verstetigung der Herrschaft einer Sippe und auch zu keiner Ausbildung eines Herrschaftsapparates. Man hat daher die Herrschaften des 10. Jahrhunderts auf nordisraelitischem Boden und die des 10. und 9. Jahrhunderts auf judäischem Boden als Häuptlingstümer bezeichnet (Niemann). Die Königebücher benutzen freilich andere Konzepte für ihre Darstellung der beiden Herrschaften. Danach sind im Nordreich mehrfach sehr kurzlebige Dynastien aufeinander gefolgt, während im Südreich die David-Dynastie nahezu ununterbrochen an der Macht war. Sollte dies historisch zutreffen, müsste man wohl besser von einem „frühen Staat“ sprechen (Kessler).

Früher Staat

Die Gesellschaft eines frühen Staates unterscheidet sich nur graduell von der einer segmentären Gesellschaft. Beides sind verwandtschaftsbasierte Gesellschaften; die maßgeblichen sozialen Strukturen sind Stamm, Sippe und Familie. Im frühen Staat werden Ämter nach Verwandtschaft vergeben: Der Heerführer von König Saul war sein Vetter Abner, Davids Heerführer war sein Neffe Joab. Die Menschen leben von den Erzeugnissen ihres Bodens, der Handwerks- und der Dienstleistungssektor sind nur schwach ausgeprägt. Selbst der eben erwähnte Heerführer Joab, der wichtigste Amtsträger Davids, bestellt seine eigenen Felder (2 Sam 14,30). Die Ortslagen des Berglandes haben bis in das 10. Jahrhundert hinein keine Befestigungen und nur wenige öffentliche Funktionsbauten. Inschriftliches Material wurde bislang nur ganz vereinzelt gefunden; für ausgeprägte Literaturproduktion fehlte die Infrastruktur. Doch war auch die frühkönigszeitliche Gesellschaft nicht vollkommen illiterat: Schon der vorisraelitische Stadtkönig Abdu-Ḫeba hatte einen Schreiber, wie die Amarnabriefe beweisen (s. II.2), und auch in Davids und Salomos Beamtenlisten taucht jeweils ein Schreiber auf (2 Sam 8,17; 20,25; 1 Kön 4,3).

Merkmale eines Staates

Eine auf archäologischen Daten basierende Definition des Staates nennt folgende Merkmale: eigene Verwaltungssprache und -schrift, Monumentalarchitektur in Stein, Massenproduktion von Keramik, staatliche Funktionalbauten, zentrale Organisation, Grenzsicherung durch Festungen, überregionale Vorratshaltung (Berlejung). Diese Bedingungen sind im Nordreich Israel etwa ab dem zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts erfüllt, im Südreich Juda etwa ab der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts.

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