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Ruhe vor dem Sturm

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Eineinhalb Jahre später, im April 1941, wurden Joachim und ich Pimpfe beim Jungvolk, der kleinen Hitler-Jugend, dem Sammelpunkt der Nationalsozialisten für die 10- bis 14-Jährigen. Auf unserem Wimpel stand „WEST-RUHR-NIEDERRHEIN“. Mittwoch und Samstag war fortan Dienst auf Bückmannshof.

Wir wollten die Schule wechseln, und zwar zur Oberschule in der Essener Stankheitstraße (heute Leibniz-Gymnasium). Dafür mussten wir eine dreitägige Aufnahmeprüfung ablegen, das war zu damaliger Zeit Pflicht. Nach bestandener Prüfung konnten wir die Oberschule besuchen. Direktor war Dr. Ortmann. Mutter schrieb in einem Brief an ihre beste Freundin, mit der sie früher in Berlin auf dem gleichen Fernamt gearbeitet hatte, wie sehr sich ihre Jungens über die große Turnhalle gefreut haben. Neben der Schule lag der große Kaiser-Wilhelm-Park. In der Mitte eines großen Kahnteichs lag die Roseninsel, die man über eine Brücke erreichen konnte. Nach Unterrichtsschluss gingen wir gern und oft zum Rudern dorthin. Ringsherum standen große, tief hängende Trauerweiden.

Nachmittags zog es uns damals oft in Vaters Lederfabrik. Dort wurden Treibriemen, Schutzbekleidung für die Bergwerke, für Gießereien und die Feuerwehr hergestellt. In Erinnerung geblieben ist mir die Herstellung der Helme für die Bergleute: Zuerst wurden zwei Hälften für die Helme ausgestanzt und zusammengenäht. Dann wurde der Helm in eine Wachslösung getaucht und über Modellköpfen der unterschiedlichsten Größen gezogen und mit Hilfe einer Presse in Form gedrückt. Anschließend wurden die Helme in einem riesigen Ofen getrocknet. Wir Kinder machten uns einen Spaß daraus, die Hände bis zum Ellenbogen in die abgekühlte Wachsmasse zu tauchen. Dann prahlten wir mit unseren tollen Handschuhen. Leider mussten wir hinterher ordentlich kämpfen, um die Pracht wieder loszuwerden. Gelegentlich durften unsere Freunde mitmachen, dann war es nochmal so schön.

Die Zeiten wurden schlechter, für das WHW (Winterhilfswerk) mussten wir so oft es ging sammeln gehen. Mutter schreibt in einem Brief an ihre Freundin: “Die Jungens sammeln eifrig, eine Büchse ist schon voll.“ Für die Schule mussten wir Altstoffe sammeln, Eisen, Knochen und Papier. Das war Pflicht für jeden Schüler. Die Besten wurden mit einer Reise zum Führer nach Berlin belohnt. Wir leider nicht. 1942 – es waren wieder einmal große Ferien – und wir fuhren noch einmal zu den Großeltern nach Berlin. Sie hatten im August 1942 Goldene Hochzeit, die wir alle miteinander fröhlich feierten (Foto unten).

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