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Tag 6,
Redaktion des Rheiderlandkuriers

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Der Reporter Hilko Cordes griff zum Telefon. »Rheiderlandkurier …?«

»Ich hab eine Story für Sie!«, sagte der Mann am anderen Ende der Leitung.

»Mit wem spreche ich denn?«, wollte Cordes wissen.

»Das möchte ich lieber nicht sagen«, antwortete der Anrufer.

Hilko Cordes grinste. Die Stimme des Gänsevaters Menno Alting war ihm schon von anderen Zusammentreffen bestens bekannt. Alting lag im Dauer-Clinch mit den Jägern. Streitthema war meistens die Gänsejagd. Wie viele Artikel hatte er schon darüber geschrieben …! Menno hatte einen Hang zum Cholerischen, was nicht immer gut für seine Sache war.

»Eine Riesensauerei«, schrie die Stimme aus dem Hörer.

Jetzt war sich Cordes sicher, dass er mit Alting sprach. »Beruhigen Sie sich erst einmal, anonyme Hinweise mögen wir hier in der Redaktion überhaupt nicht.« Er wollte auflegen.

»Mein Name interessiert nicht, dann ende ich so wie die armen Tiere auf dem Deich!«

Jetzt wurde Cordes doch neugierig. »Welche Tiere und wo auf dem Deich?«

»Tote Gänse auf dem Deich am Coldeborger Siel. Fahren Sie doch hin und sehen sich die Sauerei selber an!« Der Anrufer legte auf.

Cordes überlegte, was er von dieser Meldung halten sollte. Menno Alting nannte sonst immer seinen Namen. Jetzt dieser anonyme Anruf … Angst vor einer eventuellen Rache seiner Gegner? Ein Unbekannter hatte ja vor einigen Tagen Mennos Modellmühle gesprengt, und die Gerüchteküche in Weener brodelte. Insgeheim vermutete man, ein Jäger sei dafür verantwortlich.

Hilko Cordes hatte als Reporter eine feine Nase für Strömungen und Stimmungen in der hiesigen Bevölkerung. Er spürte, dass sich seit der Sprengung der Mühle etwas verändert hatte. Vorher war es zwischen den Jägern und den Umweltschützern nur zu Wortgefechten gekommen, jetzt herrschte eine aggressivere Atmosphäre. Ein Beispiel dafür war die Prügelei zwischen Alting und dem Jäger Böltjer, von der er natürlich gehört hatte.

Schluss mit der Grübelei. Hilko Cordes nahm seinen Koffer mit der Fotoausrüstung und stieg in seinen Wagen. Die Fahrt ging über die Landstraße zum Coldeborger Siel bei Emskilometer 27, in einer Flusskurve. Das Fahrwasser führte sehr dicht am Siel vorbei. Die Strömung verursachte in der Kurve eine enorme Wasser­tiefe. Böse Zungen behaupteten, dass eines Tages der gesamte Deich in dieses Loch rutschen würde.

Cordes stellte seinen Wagen ab, schnappte seinen Fotokoffer und ging die Betontreppe zur Deichkrone hinauf. Rund fünfzig Meter entfernt, in Richtung Leer, flogen Krähen auf. Cordes näherte sich der Stelle. Zwei tote Graugänse lagen auf der Deichkrone auf dem Rücken. Als er näher kam, sah er zu seinem Entsetzen, dass man ihnen nur das Brustfleisch herausgeschnitten hatte. Das war das begehrteste Stück der Gans. Mit der Kamera machte Cordes einige Aufnahmen von der Umgebung und den toten Gänsen. Später würde er die Bilder am PC auswerten und entscheiden, welche in der morgigen Ausgabe des Rheiderlandkuriers erscheinen sollten.

Gänseblut

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