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Tag 8, morgens
Hof der Familie Hortema

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Sven war hundemüde, als er sein Auto am frühen Morgen auf die lange Auffahrt zum Polderhof lenkte. Die lange Fahrt und dann der nächtliche Einsatz mit dem Kanu …

Er war beeindruckt vom Anwesen der Hortemas. Die Auffahrt säumte eine Allee alter Bäume. Vor dem Hof standen riesige Rotbuchen. Das Haus war zweigeschossig, die Mauern aufwändig verziert, mit Rundbogenfenstern und einem prachtvollen Eingangsportal. Hinter dem Wohnhaus lag die riesige Gulfscheune. Durch zwei große Torflügel konnten auch die neuen Traktoren hineinfahren.

Im krassen Gegensatz zu diesem offensichtlichen Wohlstand wirkte das kleine Haus rechts neben der Scheune armselig. Vermutlich sein neues Zuhause. Er parkte sein Auto zwischen der Scheune und dem Häuschen. Als er ausstieg, kam ihm ein Mann aus der Scheune entgegen.

»Mensch, Kuno!« Sven lachte. »Hast dich ganz schön verändert, hätte dich fast nicht erkannt!«

Kuno Hortema umarmte seinen Kameraden spontan. »Hallo, Sven, schön, dich zu sehen!« Er sah ihn besorgt an. »Die lange Fahrt hat dich sicher geschlaucht, du siehst müde aus. Komm mit, ich stell dich meiner Familie vor!«

Sven folgte ihm in das Wohnhaus. Im Flur betrachtete er kurz sein Spiegelbild. Schwarze Augenränder, tiefe Falten im Gesicht und sein Haar begann vorzeitig grau zu werden. Kunos besorgter Blick wunderte ihn nicht, sein Freund hatte ihn jahrelang nicht gesehen.

Teure antike Möbel standen in dem breiten Flur. Sven wurde klar, wie unterschiedlich ihrer beider Leben verlief. Kuno der Erbe eines Polderfürsten, und er selbst hatte seinen ganzen Besitz in seinem Auto …

Seine Gedanken wurden vom lauten Schreien eines Mannes unterbrochen. Sven hörte Wortfetzen heraus: Zeitungsartikel, verstümmelte Gänse und irgendein Idiot, der dafür verantwortlich war.

Kuno blieb unsicher vor der Bürotür stehen. »Ist vielleicht kein günstiger Moment. Komm, wir gehen in die Küche und holen den Schlüssel vom Ferienhaus.«

In der Küche trafen sie Kunos Mutter. »Darf ich dir meinen alten Kameraden Sven Richter vorstellen? Sven, meine Mutter Feekeline Hortema.«

Sie drückte Sven fest die Hand. »Nennen Sie mich bloß nicht so. Sie dürfen Lini zu mir sagen. Da ich die Ältere bin, schlage ich das Du vor. Du Ärmster bist bestimmt hundemüde von der langen Autofahrt. Möchtest du einen Tee oder lieber einen Kaffee?«

Sven nickte dankbar und unterdrückte ein Gähnen. »Ehrlich gesagt möchte ich mich gerne ein bisschen hinlegen, Frau Hortema, entschuldige bitte – Lini.«

Kuno Hortema zeigte in Richtung des Büros. »Was hat Vater denn? Den kann man ja draußen schreien hören!«

»Oha …!«, antwortete seine Mutter. »Heute Morgen auf Seite eins im Rheiderlandkurier: Gänse ohne Brustfleisch am Deich gefunden! Den Rest kannst du dir denken.« Sie nahm einen Schlüssel vom Schlüsselbrett und gab ihn Sven. »Bitte – der ist für dein neues Zuhause und entschuldige meinen schlecht gelaunten Mann. Der beruhigt sich auch wieder.«

Als er das kleine Ferienhaus betrat, dachte Sven sofort an seine Kindheit. Das alte Arbeiterhaus am Deich.

Frau Hortema hatte alles vorbereitet. Todmüde ließ er sich in das frisch bezogene Bett fallen.

Gänseblut

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