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Abbildung 3
ОглавлениеElementarklasse einer Lateinschule (ca. 1800)
Quelle: Lange, o.J.
Gegen Ende der frühen Neuzeit wird – wenngleich nur vereinzelt – der Schulraum zur Welt und zum bis dahin nicht bildungsrelevanten Leben hin geöffnet. Diese neuartigen Schulräume unterscheiden sich von den Lateinschulen insbesondere in der Ermöglichung eigener praktischer, nicht auf Literatur und wörtliche Lehre reduzierter Erfahrung. Ohne dies konzeptionell explizit zu reflektieren, stehen sie in gewisser Weise, wenngleich in einem ständisch und curricular ganz anderen Kontext, in der erfahrungsbezogenen Tradition der Rechenmeisterschulen. In den Fecht-, Reit- und Ballspielräumen der Ritterakademien zeigen sich ein neuer Bezug zum Körper und der Wunsch, diesen schulisch auszubilden. Die körperlichen Übungen haben dabei nicht mehr den Ernstcharakter ritterlicher Übungen. So ermöglicht beispielsweise das in den Ritterakademien eingeführte Voltigieren an einem in einem Saal stehenden Pferd auf Holzbeinen zwar eine womöglich lustvolle und Abenteuer verheißende Erfahrung, bleibt aber Simulation. Die Darstellung des Schulraums einer Ritterakademie aus dem frühen 18. Jahrhundert (s. Abb. 4) zeigt einerseits die im Vergleich zu zeitgleichen Lateinschulen reiche Literaturausstattung des Schulraums dieser privilegierten Einrichtung und belegt andererseits – dies ist das Novum dieses die Aufklärungspädagogik ankündigenden Schulraumtyps – das Bemühen, sich über Wort und Schrift hinaus der Welt vorrangig mittels direkter Erfahrung, zumindest mittels der Arbeit am Modell zuzuwenden. Der mitten im Raum stehende Relieftisch mit dem Modell einer Festung dient zur Erarbeitung militärischer Strategien ebenso wie zur Veranschaulichung ballistischer Probleme. Das Naturalienkabinett inklusive seiner Modelle sowie die Drechselbänke in Franckes Hallescher Schulstadt Anfang des 18. Jahrhunderts sind weitere (hier nicht in Bildern wiedergegebene) Versuche jener Zeit, der realen Welt schulräumlich-materiell näherzukommen.