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Mutter Klara und ihre Kinder

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Die dunklen Seiten ihres Mannes waren Klara Hitler wohl bewusst. Sie kannte ihn schließlich schon von klein auf, erlebte seine Verhältnisse mit Frauen aus nächster Nähe. Und doch fügte sie sich ohne Klagen in ihr Los. Ihre Leidensfähigkeit wirkt geradezu übermenschlich, besonders, was ihre Rolle als Mutter betrifft. Denn viel mehr noch als die Stellung der Ehefrau beherrschte die Mutterschaft das Leben der Klara Hitler. Im Haushalt lebten bereits die zwei Kinder Alois junior und Angela aus der zweiten Ehe ihres Gatten. Sie selbst brachte sechs Kinder zur Welt – und ein tragisches Schicksal lag über allen.

Das erste Kind Gustav wird im Mai 1885 geboren, die Hochzeit im Januar hat gerade noch rechtzeitig den Makel der Unehelichkeit verhindert. Bereits ein Jahr später, im September 1886, bekommt Klara ihre Tochter Ida. Das ungetrübte Mutterglück dauert ein Jahr. Im Spätherbst 1887 erkrankt Gustav an Diphtherie. Klara ist zu der Zeit bereits wieder schwanger. Ihr Neugeborenes, Sohn Otto, steckt sich höchstwahrscheinlich ebenfalls mit der heimtückischen Krankheit an und lebt nur ein paar Tage. Die Familie hat kaum das Baby zu Grabe getragen, da stirbt am 8. Dezember der Erstgeborene Gustav. Nicht allein der Trauerfall überschattet das Weihnachtsfest, zudem muss sich Klara Sorgen um ihre Tochter Ida machen, die ständig hustet – ein Zeichen für Diphtherie. Am 2. Januar scheidet auch die Kleine aus dem Leben. Klara hat also innerhalb weniger Wochen eine Geburt und drei Todesfälle zu verkraften. Auch wenn damals die Kindersterblichkeit höher war als heute – für eine Mutter gibt es nichts Schlimmeres als den Tod des eigenen Kindes. Und von diesem Schlag gleich dreimal getroffen zu werden, zeichnet einen Menschen für sein Leben.

Sechs Monate nach Idas Ableben wird Klara wieder schwanger. Am 20. April 1889 ist es soweit: An diesem Karsamstag um halb sieben Uhr abends, bei sieben Grad Außentemperatur, wird in Braunau in der Wohnung der Hitlers im »Gasthof zu Pommer« Klaras Sohn geboren. Am Ostermontag um Viertel nach drei Uhr sprenkelt der katholische Pfarrer Ignaz Probst Weihwasser auf das Kind, tauft es auf den Namen Adolf Hitler und gibt ihm Gottes Segen. Mit dabei sind Klaras Schwester Johanna Pölzl und die Hebamme Franziska Pointecker. Als Paten stehen im Taufbuch »Johann und Johanna Prinz, Privat in Wien III, Löwengasse 28«. Die Mutter ist zu diesem Zeitpunkt 28 Jahre alt, der Vater 51 Jahre.

Die Vermutung drängt sich auf, dass Klara nach diesen Dramen mit ihren früh verstorbenen Kleinen genug hat vom Kinderkriegen. Als strenggläubige Katholikin sind für sie Verhütungsmittel und -techniken, wenn nicht überhaupt unbekannt, so doch gegen die Religion. Es fällt auf, dass die Mutter nach Adolfs Geburt über vier Jahre nicht mehr schwanger wird. Doch im März 1894 steht die Taufe von Adolfs jüngerem Bruder Edmund an. Und noch einmal ruft Klara die Hebamme: Ende Januar 1896 nimmt sie ihre neugeborene Tochter Paula in die Arme. Vater Alois ist da bereits ein 58-Jähriger im Ruhestand.

Edmund entwickelt sich die ersten Jahre normal. Als er jedoch mit fast sechs Jahren an Masern erkrankt, bedeutet dies ein weiteres plötzliches Ende: Edmund stirbt Ende Februar 1900. Damit bleiben von den sechs eigenen Kindern Klara Hitlers nur zwei am Leben – Adolf und seine um sieben Jahre jüngere Schwester Paula.

Wichtigste Stütze in diesen Jahren ist ihr ihre jüngere Schwester Johanna Pölzl, die mit in der Hitlerschen Wohnung lebt. Von gelegentlichen Haushaltshilfen abgesehen, ist die ledige Johanna die einzige zusätzliche Arbeitskraft, die Klara etwas Luft verschafft. Schließlich hat Klara neben ihren Schwangerschaften und Tragödien auch die Belastung eines recht großen Haushalts zu bewältigen. Die beiden Kinder aus Alois’ zweiter Ehe, Alois junior und Angela, leben mit unter ihrem Dach; so hat Klara zeitweise bis zu fünf Kinder gleichzeitig zu versorgen. Obwohl Adolfs Tante seit der Heirat Klaras ein Teil der Familie ist, bleibt ihr Anteil an der Familiengeschichte merkwürdig nebulös. Einige Historiker erwähnen sie gar nicht oder nur am Rande, die Nazi-Geschichtsschreiber, die sonst alle Mitglieder der Hitler-Familie beweihräucherten, ließen sie ganz außen vor. Ebenso fehlt ein Hinweis in Mein Kampf. Das hat auch einen triftigen Grund: Die »Hanni-Tante« scheint nicht vorzeigbar gewesen zu sein. Sie hatte einen Buckel. Schlimmer noch: Aussagen von Zeitgenossen legen nahe, dass Johanna geistige Aussetzer hatte. So kündigte etwa das Dienstmädchen Franziska Hörl, die zur Adolfs Geburt bei den Hitlers arbeitete, mit der Begründung: »Bei dieser spinnerten Buckligen bleibe ich nicht mehr!«, woraufhin der Arzt Dr. Kriechbaum aus Braunau die Verdachtsdiagnose Schizophrenie für die Tante stellte.14 Der Hausarzt der Hitlers erzählt davon, dass Johanna Pölzl »von der Familie versteckt wurde, weil sie geistig krank war. Sie war wahrscheinlich debil.«15 Ende März 1911 starb Johanna 48-jährig an Koma diabeticum. Die Verschwiegenheit der NS-Parteigenossen über Adolfs Tante ist nachvollziehbar, mussten Menschen wie sie doch befürchten, der Ideologie der »Rassenreinheit« zum Opfer zu fallen. An die 275 000 Behinderte und geistig Kranke wurden zu Hitlers Zeiten vor allem im Euthanasieprogramm »Aktion T 4« als »unwertes Leben« umgebracht16 – undenkbar, dass so jemand auch in Hitlers Familie zu finden war.

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