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Bruder Adolf, das Muttersöhnchen

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Die ersten Jahre mit Jung-Adolf bleiben für die Familie ohne aufregende Ereignisse, Routine kehrt ein. Die Mutter arbeitet – mehr oder weniger von Johanna unterstützt – in der Wohnung; der Ehemann und Vater kehrt spät und mit Alkoholfahne nach Hause, raucht eine seiner Porzellanpfeifen, die er in einem Ständer in der Küche stehen hat, und verschwindet danach ins Bett. Um seinen Nachwuchs kümmert er sich kaum. Adolf ist nun nach Gustavs und Idas Tod Klaras Ältester. Ängstlich um das Wohlergehen des Buben bemüht, verhätschelt und verwöhnt sie ihn, auch aus Angst, wieder ein Kind durch Krankheit zu verlieren. Schon jetzt fällt auf, dass Klara ihre Zuneigung sehr einseitig verteilt: Adolf ist der Darling, die Stiefkinder Alois und Angela dagegen fühlen sich vernachlässigt. Schon früh zeigt Adolf Aversion gegen Zärtlichkeiten, wie seine Schwester Paula berichtet: »Von der Mutter ließ er sich, wenn keine Fremden in der Nähe waren, an die Brust drücken, aber wenn ich meinen Arm um ihn legte, stieß er mich weg. Er hat es nie gemocht, wenn Frauen ihn küssten.«17

Im August 1892 gibt es Aufregung: Ein Umzug steht bevor. Alois senior wird befördert und zur Dienststelle nach Passau versetzt, die auf der deutschen Seite liegt. Für die Familie eine schöne Zeit. Der junge Adolf lernt den typischen niederbayerischen Dialekt, dessen Färbung auch in späteren Jahren immer wieder durchschlägt, viel deutlicher als etwa die oberösterreichische oder Wiener Mundart. Seine Zeit verbringt er mit Herumstreunern und Indianerspielen.

Schon im April 1894 wird Alois wieder versetzt und geht allein, ohne Familie, nach Linz. Klara sieht ihren Mann nur bei gelegentlichen Besuchen, die übrige Zeit ist sie ganz auf sich allein gestellt. Die Geburt von Adolfs jüngerem Bruder Edmund mag zuerst ein Hemmnis für einen Umzug gewesen sein, aber warum Alois seine Familie ein ganzes Jahr lang nicht nachholt, ist ungeklärt. Klara schluckt die lange Trennungszeit klaglos. Sie ist vielleicht sogar froh, die stille Zeit ohne den Haustyrannen verbringen zu können – Söhnchen Adolf jedenfalls will die Abwesenheit des strengen Vaters in vollen Zügen genossen haben: »Das viele Herumtollen im Freien, der weite Weg zur Schule sowie ein besonders die Mutter manchmal mit bitterer Sorge erfüllender Umgang mit äußerst robusten Jungen ließ mich zu allem anderen eher werden als zu einem Stubenhocker.«18

Mitte 1895 ist diese unbeschwerte Zeit vorbei. Alois ist nach 40 Jahren Dienstzeit pensioniert worden und hat das abgelegene Hafelder Anwesen gekauft, wohin die Familie jetzt zieht. Neben Bienenzucht und Landwirtschaft hat der befehlsgewohnte Pensionär jetzt reichlich Zeit zur Verfügung, um seiner Präsenz zu Hause unangenehmen Nachdruck zu verleihen.

Zumindest braucht Klara nun nicht mehr ständig nachzusehen, was ihr Sohn Adolf treibt. Der muss nämlich vom 1. Mai an in die Schule. Er besucht den Unterricht in Fischlham bei Lambach, eine halbe Stunde Fußweg entfernt. Es ist ein einfaches Gebäude, der Unterricht findet für mehrere Klassen und Jahrgangsstufen in einem gemeinsamen Raum statt. Sein Bruder Alois begleitet ihn eine Zeit lang, bevor der ältere Bruder nach einem heftigen Streit mit seinem Vater das Elternhaus für immer verlässt.

Mit dem Verkauf der verlustbringenden Hafelder Immobilie zwei Jahre später landen die Hitlers in einer Mietwohnung in Lambach, ziehen innerhalb des Ortes in kurzem Abstand nochmals um. Adolf erhält in der dortigen Volksschule gute Zensuren für seine Leistungen und für sein Betragen. Im nahe gelegenen Kloster nimmt er Gesangsunterricht, probiert sich eine Zeit lang als Ministrant und Sängerknabe – der einzige nennenswerte Kontakt des Adolf Hitler mit der Kirche. Nachdem der Vater das Haus in Leonding bei Linz gekauft hat, wechselt der Clan im November 1898 wiederum den Ort und bezieht das neue Domizil in unmittelbarer Nachbarschaft von Kirche und Friedhof. Joseph Goebbels beschreibt 40 Jahre später die Heimstatt des Führers: »Ganz klein und primitiv. Man führt mich in das Zimmer, das sein Reich war. Klein und niedrig. Hier hat er Pläne geschmiedet und von der Zukunft geträumt. Weiter die Küche, in der die gute Mutter kochte. Dahinter der Garten, in dem der kleine Adolf sich nachts Äpfel und Birnen pflückte.«19

Vater Alois pflegt den Tagesablauf eines Müßiggängers: Vormittags marschiert er zur Wohnung von Josef Mayrhofer, dem Gemeindevorsteher und späteren Vormund Adolfs. Die beiden fachsimpeln über Obstanbau und Bienenzucht. Danach wechselt Alois ins Wirtshaus »Wiesinger« auf ein oder zwei Gläser Wein. Nach dem Frühschoppen sieht er nach seinen Bienenstöcken. Zu Hause wartet das Mittagessen. Abends steht der Bürgerabend an, eine Art Stammtisch, bei dem über politische Dinge geredet wird. Teilnehmer der Runde beschreiben ihn als »sehr rechthaberisch, leicht aufbrausend«. Was auch dem Genuss von mehreren Halben Bier zuzuschreiben sein mag.

Die Kinder sind vormittags aus dem Haus, Adolf besucht nun die Volksschule in Leonding. Er geht in die dritte Klasse. Das Dorfleben kommt ihm entgegen, zusammen mit Schulkameraden spielt er Räuber und Gendarm, vor allem Kriegsspiele in der Umgebung haben es ihm angetan. Adolf Hitler schreibt von »Erinnerungen dieser glückseligen Zeit« und bezeichnet sich selbst als »Jungen, der doch wirklich alles andere war, aber nur nicht ›brav‹ im landläufigen Sinne! Das lächerlich leichte Lernen in der Schule gab mir so viel freie Zeit, dass mich mehr die Sonne als das Zimmer sah ... Wiese und Wald waren damals der Fechtboden, auf dem die immer vorhandenen ›Gegensätze‹ zur Austragung kamen.« Und weiter: »Ich war ein kleiner Rädelsführer geworden, der in der Schule leicht und damals auch sehr gut lernte, sonst aber ziemlich schwierig zu behandeln war.«20 Auch das Zeugnis weist ihn als guten Schüler aus – noch ist Adolfs Welt in Ordnung.

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