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Joe »King« Oliver

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Als Oliver 1918 in der Windy City ankam, wartete tatsächlich Arbeit auf ihn. Er spielte gleichzeitig in den Bands des Klarinettisten Lawrence Duhe und des Bassisten Bill Johnson und gründete 1920 seine eigene Band, mit der er im Dreamland Café, einem bekannten Tanzschuppen der Stadt, auftrat. Die Besetzung dieser Band entsprach im Großen und Ganzen bereits der, mit der er 1923 seine ersten und erfolgreichsten Schallplattenaufnahmen machte. Die Musiker aus New Orleans hielten in Chicago zusammen, und fast alle Musiker seiner Band waren wie er aus Lousiana in den Norden gekommen: der Posaunist Honore Dutrey, der Klarinettist Johnny Dodds, der Kontrabassist Ed Garland und der Schlagzeuger Minor »Ram« Hall. Nur die Pianistin Lil Hardin stammte aus Memphis, sie war nach einem Musikstudium an der Fisk University 1917 nach Chicago gelangt und arbeitete dort für Notenverlage. Es gab damals noch den Beruf des »song plugger«, bei dem Pianisten die neuesten Notenhits eines Verlags interessierten Kunden vorspielten und/oder sangen, um sie vom Kauf zu überzeugen.

Mit dieser Band jedenfalls erhielt Oliver im Mai 1921 ein Engagement im Pergola Dancing Pavilion in San Francisco. Der dortige Manager hatte Kid Ory gehört und eigentlich ihn engagieren wollen, doch der hatte bereits andere Pläne und empfahl Oliver. Zu Beginn ihrer Westküstentournee schloss sich die Band einer Vaudeville-Show an, in der die Musiker eine Art Südstaaten-Atmosphäre heraufbeschwören sollten, indem sie in Arbeits- und Farmklamotten auftraten – ein geradezu ikonisches Foto der Oliver-Band in Latzhosen aus dieser Zeit sollte es später es in fast sämtliche Bücher über den frühen Jazz schaffen.38 Am 17. Juni 1922 kehrte Oliver zurück nach Chicago und spielte mit der nun sogenannten King Oliver’s Creole Jazz Band im Lincoln Gardens auf der schwarzen South Side Chicagos. Mit dem Namen der Band lehnte er sich an andere Ensembles an, die das Wort Creole im Titel führten, insbesondere die Creole Band des Trompeters Freddie Keppard, die zwischen 1914 und 1918 große Erfolge auf den amerikanischen Varietébühnen gefeiert hatte. Die Konnotationen des Wortes Creole sind dabei vielfältig: Sie umfassen den Stolz auf die Abstammung von »free persons of color«, also noch vor der Abschaffung der Sklaverei freigelassenen Sklaven, aber auch auf einen helleren Teint der Hautfarbe – hier steht Creole dann für das, was anderswo als »Mulatte«, »Quadroon«, »Octoroon« bezeichnet wurde. Der früheren Creole Band übrigens gehörte auch der Bassist Bill Johnson an, mit dem Oliver gleich nach seiner Ankunft in Chicago spielte und der seinerseits in einigen der ersten Aufnahmen Olivers aus dem Jahr 1923 zu hören ist – als Banjospieler und mit einer kurzen Vokaleinlage, wenn er im ›Dippermouth Blues‹ in einem Break laut und anfeuernd »Oh Play That Thing!« ruft.


The King Oliver Band, 1922 (v. l. n. r.): Minor »Ram« Hall, Honore Dutrey, King Oliver, Lil Hardin, David Jones, Johnny Dodds, James Parloo, Ed Garland (Fotoarchiv, Jazzinstitut Darmstadt)

Der Lincoln Gardens war Anfang des Jahrhunderts als Royal Gardens eröffnet worden. Bill Johnson und seine Original Creole Band hatten 1918 hier gespielt. 1921 wurde der Ballsaal umbenannt, und in der Lokalzeitung wurde vom Lincoln Gardens meist vor allem wegen der Kleinkriminalität um das Veranstaltungslokal herum berichtet. Von Trinkorgien liest man, von Schlägereien, Schießereien und dem einen oder anderen Mord. Tausend Menschen konnten in dem Saal unter einer Spiegelkugel an der Decke tanzen – in der Aufmachung durchaus vergleichbar mit Diskotheken der 1970er Jahre. Ende 1924 brannte der Lincoln Gardens aus und wurde 1925 wiedereröffnet. Nun hieß der Saal erst New Charleston Café, dann Café de Paris, bevor er wahrscheinlich im Zuge von Mafiastreitereien durch eine Bombe zerstört wurde.

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