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„Gewaltiger Schatzfund aus der Bronzezeit“ – so hätte im Mai 1913 eine Schlagzeile lauten können. Was damals Dank der Umsicht aller Beteiligten erforscht und ausgestellt werden konnte, galt gut 30 Jahre später als im Krieg zerstört, um dann im Moskauer Puschkin-Museum wieder „ausgegraben“ zu werden.

09EBERSWALDE – EIN SCHATZFUND AUS DER BRONZEZEIT: AUSGEGRABEN, GERAUBT UND WIEDERGEFUNDEN

Brandenburg/​Berlin

Zu Beginn des 20. Jhs. war Eberswalde ein Städtchen, das seine wirtschaftlichen Grundlagen als Luftkurort und als Standort im Bereich der Metallverarbeitung gefunden hatte. Im Umland befanden sich Dörfer mit vergleichbarer Industrie, die im Laufe der Zeit eingemeindet wurden. Im heutigen Ortsteil Finow machten Arbeiter im Mai 1913 eine Entdeckung, durch die Eberswalde berühmt werden sollte.

Entdeckung und Geschichte des Schatzes

Im 19. Jh. war es üblich, dass Arbeiter in Betriebswohnungen lebten. So standen sie jederzeit mit ihrer Arbeitskraft zur Verfügung und – was wesentlich wichtiger war – Arbeits- und Mietvertrag waren miteinander gekoppelt. So hatten auch die Eigentümer der „Kupfer- und Messinghütte“, einem lokalen Industrieunternehmen, beschlossen, eine Siedlung anzulegen. Im Laufe der Bauarbeiten stieß man 1913 in einer Tiefe von nur einem Meter auf ein bauchiges Tongefäß mit einer Höhe von 22,5 cm und einem Durchmesser von 23 cm. Dieses war sorgfältig mit einem flachen Deckel verschlossen und bei näherer Nachschau fand man darin Objekte aus Gold. Dank ehrlicher Arbeiter und einer umsichtigen Betriebsführung konnte der Schatz für die Wissenschaft gerettet werden. Carl Schuchhardt, Direktor der Vorgeschichtlichen Abteilung der Königlichen Museen zu Berlin, nahm den Fund entgegen und brachte ihn nach Berlin. Dort sollte er erforscht und ausgestellt werden. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach wurden die kostbaren Exponate aus den Berliner Museen ausgelagert, was aber nicht alle Objekte vor der Vernichtung bewahrte. Auch der Fund von Eberswalde galt neben vielen anderen – so etwa der weltberühmte Schatz des Priamos – als kriegszerstört. Aber nicht alle wollten dieser Version glauben, vor allem, als 1987 die ersten Hinweise auf die Existenz des Priamos-Schatzes gefunden, aber von offizieller russischer Seite geleugnet wurden. Investigativer Journalismus brachte dann auch den Eberswalder Schatzfund im Jahr 2004 wieder im Puschkin-Museum, Moskau, ans Tageslicht und wird bis heute dort verwahrt. Politische Auseinandersetzungen über die Rückgabe des Schatzes ziehen sich seitdem durch die Geschichte und eigentlich wäre damit das Kapitel zu einer bedeutenden archäologischen Stätte Deutschlands abgeschlossen. Allerdings gibt es zwei Orte, wo man die Funde als Kopien besichtigen kann: im Museum von Eberswalde (siehe S. 36) und im Neuen Museum zu Berlin.

Funde

Bei der Bergung des Fundes ließ sich noch feststellen, dass es sich um einen Depotfund handelte, der möglicherweise von einem Kaufmann niedergelegt wurde. Alternativ wird aber vorgeschlagen, es sei der Besitz eines Angehörigen der Oberschicht gewesen (Abb. 16).

Zu dem Fund gehören 81 Teile aus Gold mit einem Gesamtgewicht von 2,543 kg. Würde es sich hier um Feingold (999er Gold) handeln, so betrüge der Marktwert im August 2015 gut 100.000 EUR, jedoch ist der reine Goldwert etwas niedriger anzusetzen. Eine Analyse des Goldbarrens (siehe unten) zeigte eine Zusammensetzung von 80 Prozent Gold und 18 Prozent Silber. Der Wert liegt daher bei etwa 66.000 EUR.

Es fanden sich in dem Tongefäß acht goldene Schalen ganz unterschiedlicher Form, deren Wandungen hauchdünn getrieben waren. In ihrer Größe reichen sie in der Höhe von 5,5 bis 7,5 cm und erreichen einen Durchmesser von 7,5 bis 12,5 cm. Sie enthielten ihrerseits insgesamt 73 Goldgegenstände. Bei diesen Objekten handelt es sich um Halsringe, Armbänder und Spangen. Den weitaus größten Anteil hatten aber Armspiralen mit 60 Exemplaren und Doppelspiralen, von denen 55 Stück vorhanden waren. Die Spiralen lassen sich im Grunde einfach als gebogener Golddraht bezeichnen. Zusätzlich fanden sich noch ein Goldbarren und mehrere kleinere Goldstücke (Abb. 17).


Abb. 16 Eberswalder Goldschatz.


Abb. 17 Eberswalde. Das örtliche Museum zeigt Kopien der Funde aus dem Schatz.

Die Fundstücke zeigen eine große handwerkliche Kunstfertigkeit. Die großen Schalen sind dafür das beste Beispiel. Die Treibarbeit bedurfte vieler Erfahrung; ein Schlag zu viel und die ganze Mühe war umsonst. Auch das sorgfältig ausgeführte ornamentale Dekor, mit Punzen ausgeführt, zeigt das Können des bronzezeitlichen Goldschmieds.

Die wissenschaftlichen Untersuchungen durch die Archäologen ergab für den Schatzfund eine Entstehungszeit in der späten Bronzezeit. Dabei rückt vor allem das 9. Jh. v. Chr. in das Zentrum.

Das Museum befindet sich im ältesten Fachwerkhaus der Stadt, das sicher für das Jahr 1623 belegt ist. In den letzten Jahren erfolgten Umbauarbeiten, um das Gebäude barrierefrei zu gestalten. Heute besitzt das Haus eine Ausstellungsfläche von 700 m2.

Die Sammlungen thematisieren Stadt- und Regionalgeschichte. Schwerpunktmäßig geht es um Industriegeschichte des 18. Jhs. und der Forstwirtschaft im frühen 19. Jh.

Bedeutend ist natürlich der Schatzfund von Eberswalde, der den Besucher in seinen Bann zieht. In einer großen Wandvitrine sind die „Goldfunde“ mit ausführlichen Beschriftungen eindrucksvoll präsentiert. Selbst das Tongefäß findet sich hier als Kopie. Die Repliken in Eberswalde zeichnen sich die durch ihre handwerkliche Anfertigung aus. Daneben gibt es viele Kopien, die im Gegensatz dazu als Galvanoplastiken hergestellt wurden.

Museum Eberswalde

Steinstraße 3

16225 Eberswalde

Tel.: 03334 - 64520

https://eberswalde.de/Museum.1711.0.html

Literatur

A. Hänsel, Der Schatz von Eberswalde im Ränkespiel von Wissenschaft und Politik: zum hundertjährigen Jubiläum des größten bronzezeitlichen Goldfundes von deutschem Boden, Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz 49 (2013);

J. Petrasch, Eberswalde und die Württembergische Metallwarenfabrik. Geschichte der galvanoplastischen Kopien. Goldenes Sakralgerät der Bronzezeit: Bericht über das Kolloquium vom 17. bis 20. Mai 2001, Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums (2003) S. 101–104;

E. Probst, Deutschland in der Bronzezeit (1999) S. 351. 334 Abb. 44.

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