Читать книгу 50 weitere archäologische Stätten in Deutschland - die man kennen sollte - Wolfram Letzner - Страница 18

Оглавление

Ein Glücksfall für die Archäologie und eine Entdeckung für den an Geschichte interessierten Besucher ist Freyenstein. Für die einen ermöglicht dieser Ort tiefschürfende akademische Erkenntnisse über das Mittelalter, für die anderen gewähren die Ausgrabungen in ihrer denkmalpflegerischen Aufbereitung anschauliche Einblicke in diese Zeit.

13WITTSTOCK (DOSSE) – FREYENSTEIN: EINES DER BEDEUTENDSTEN BODENDENKMÄLER BRANDENBURGS UND EINZIGARTIGE STADTWÜSTUNG IN DEUTSCHLAND

Brandenburg/​Berlin

In der Ostprignitz, zwischen Wittstock und Meyenburg gelegen, befindet sich Freyenstein mit seiner von mittelalterlichen Bauten geprägten Altstadt. An deren Rand ist aber eine archäologische Sensation zu bestaunen: die Ausgrabungen der aufgegeben Vorgängerstadt.

Geschichte

Das Stadtwesen in Deutschland war über viele Jahrhunderte hinweg durch das Fortführen der römischen Siedlungen bestimmt. Verschiedene Faktoren führten schließlich im 12. und 13. Jh. zur Entstehung neuer Städte in Deutschland und auch darüber hinaus. Aber oft waren die ausgewählten Plätze für die neuen Siedlungen ungeeignet, weil die naturräumlichen Bedingungen nicht stimmten oder die neu gegründeten Orte Begehrlichkeiten der Nachbarn weckten. Ließ sich keine Lösung der Probleme finden, so wurden diese Orte aufgegeben; sie fielen wüst.

Freyenstein gehört in die Neugründungswelle des 13. Jhs. Eine Vorgängersiedlung gab es nicht. Wer die Stadt gründete und auch wann, lässt sich den erhaltenen Urkunden nicht sicher entnehmen. Sicher ist aber ein Datum vor 1244.

Die archäologischen Befunde legen nahe, dass der Stadtgründer mit seiner Neugründung große Hoffnungen verband. Die Stadt mit ihrer Fläche von 25 ha – das sind rund 35 Fußballfelder – war für eine mittelalterliche Stadt recht groß.

Das an kriegerischen Konflikten reiche Mittelalter fand auch in der Region statt. Bestimmend waren die Auseinandersetzungen der Mecklenburger mit den Markgrafen in Brandenburg. Im Zuge dieser Konflikte ließ sich Freyenstein als Siedlung nicht mehr halten; sie wurde aufgegeben und in der Nähe neu gegründet. Urkundlich lässt sich dies für das Jahr 1287 belegen. Damit hatte also die alte Stadt gerade einmal eine Lebensdauer von zwei bis drei Generationen.

Forschungsgeschichte und Ausgrabungen

In mancherlei Hinsicht ist die Wüstung ein Glücksfall. Zwar war sie immer im Gedächtnis der Bevölkerung geblieben, doch blieb der Ort von Überbauung oder größeren Bodeneingriffen verschont. Auch die Archäologen übersahen diese Stätte lange Zeit. Erst als 1980 bei Schachtarbeiten Mauerreste gefunden wurden, rückte die Wüstung in das Interesse der Forschung. Bis 1987 sollten Untersuchungen erfolgen, die vielversprechende Befunde und Funde erbrachten.

Weil die Stätte aber nicht bedroht war, verzichtete man auf weitere Ausgrabungen. Allerdings wurden Untersuchungen zwischen 2000 und 2004 mit geophysikalischen Methoden durchgeführt, sodass man sich ein recht gutes Bild von der Siedlung machen kann.

Da ein so bedeutendes Bodendenkmal einer entsprechenden Präsentation bedarf, begann man im Jahr 2007 mit der Einrichtung eines archäologischen Parks; während dieser Arbeiten erfolgten nochmals Bodeneingriffe. Die freigelegten Befunde sind im Gelände mit Informationstafeln versehen. Auffällig sind darüber hinaus Figuren und Gruppen, die aus Metallplatten geschnitten sind und dem Besucher die Nutzung des Aufstellungsortes anschaulich machen sollen. Abgerundet wird das Konzept durch einen Erlebnis- und Aktionsbereich mit einigen Rekonstruktionen.

Ergebnisse

Aufgrund der verschieden Forschungsmethoden – Spatenforschung und Geophysik – hat sich das Bild der mittelalterlichen Stadt recht gut rekonstruieren lassen.

Feststeht, dass die Stadt geplant war und eine entsprechende Vermessung erfolgte. Die Straßen waren im rechten Winkel zueinander angelegt. An einigen Stellen konnten die Archäologen sogar Straßenpflaster (siehe Abb. 1, S. 9) freilegen, das heute auch sichtbar ist. Kleinere Straßen waren aber wohl bestenfalls mit Holzbohlen befestigt. Weiter konnte als Zentrum ein großer Marktplatz (130 × 87 m, das entspricht etwa eineinhalb Fußballfeldern) identifiziert werden, der an allen Seiten von einer dichten Bebauung begleitet wurde. Daraus schloss man, der Ort habe vornehmlich eine Marktfunktion besessen und von Handel und Handwerk gelebt.

In der Mitte des Marktplatzes konnten einige Keller ausgemacht werden, die sich aber nicht sicher mit bestimmten Gebäuden verbinden lassen. Im Gespräch ist etwa ein Kaufhaus oder das Rathaus.

Eine ganz wichtige Sache in einer mittelalterlichen Stadt konnte von den Ausgräbern aber noch nicht identifiziert werden: die Kirche. Dem mittelalterlichen Menschen ging es sehr um sein Seelenheil, sodass ein Sakralbau unabdingbar war und schließlich mussten die Toten in geweihter Erde beigesetzt werden.


Abb. 22 Wittstock (Dosse)/​Freyenstein. Ein aus Feldsteinen errichteter Keller unter einem Schutzbau im Archäologischen Park.

Als Gegenpol zum bürgerlichen Zentrum fanden die Archäologen den Standort der Burg, die nicht nur zum Schutz, sondern auch Ausdruck der landesherrlichen Macht diente. Die Fläche wurde bislang noch nicht ausgegraben. Jedoch kann festgehalten werden, dass sie sich aus einer Vor- und Hauptburg zusammensetzte, die insgesamt von einem 7 m breiten und 3 m tiefen Graben umschlossen war. Zusätzlich war die Hauptburg durch einen Graben gesichert.

Soweit es sich augenblicklich sagen lässt, wohnten die mittelalterlichen Freyensteiner in Häusern, bei denen es sich um Holz-Lehm-Konstruktionen handelte. Wie im Einzelnen die Häuser ausgesehen haben, bleibt noch offen. Erhalten haben sich aber die Keller, die aus Feldstein errichtet waren (Abb. 22). Allerdings gab es auch Keller, die lediglich über eine Auskleidung mit Holz verfügten.

Ausstellung

Im Laufe der Jahre sind natürlich viele Funde gemacht worden, so etwa aus Metall und Keramik. Sie spiegeln das Alltagsleben der Menschen im 13. Jh. wider. Der überwiegende Teil der Funde wird durch das Landesamt für Denkmalpflege/​Archäologisches Landesmuseum in Brandenburg (siehe S. 178) aufbewahrt. Eine kleine Auswahl findet sich jedoch im Informationsbüro des Archäologischen Parks.

Archäologischer Park Freyenstein

Altstadt 11

16909 Wittstock

OT Freyenstein

Tel.: 033967 - 60057

http://www.park-freyenstein.de

http://www.freyenstein.de

Literatur

Th. Schenk, Die „Altstadt“ von Freyenstein, Lkr. Ostprignitz-Ruppin. Rekonstruktion der brandenburgischen Stadtwüstung des 13. Jhs. auf der Grundlage archäologischer Grabungen und Prospektionen und Grundzüge eines denkmalpflegerischen Konzeptes. Materialien zur Archäologie in Brandenburg 2 (2009).

50 weitere archäologische Stätten in Deutschland - die man kennen sollte

Подняться наверх