Читать книгу 50 weitere archäologische Stätten in Deutschland - die man kennen sollte - Wolfram Letzner - Страница 17
ОглавлениеEingebettet in eine malerische Wald- und Seenlandschaft liegt das einstige märkische Dörfchen Sacrow. Das Naturschutzgebiet „Sacrower See und Königswald“ lädt Wanderer zu Erkundungstouren ein und dabei ein eindrucksvolles Zeugnis menschlichen Schaffens zu entdecken: die „Römerschanze“.
12POTSDAM – SACROW: DIE „RÖMERSCHANZE“, EINE EINDRUCKSVOLLE WALLANLAGE MIT LANGER GESCHICHTE
Brandenburg/Berlin
Sacrow ist von der Einwohnerzahl her der kleinste Ortsteil Potsdams. Schon die preußischen Könige hatten seit dem 19. Jh. die romantische Landschaft für sich entdeckt. Zahlreiche Zeugnisse aus jener Zeit haben nicht nur überlebt, sondern haben in den 25 Jahren nach der Wende eine Wiedergeburt erfahren. Zu dieser versteckten Perle gehört aber auch die „Römerschanze“ im Norden Potsdams, die heute über einen Wanderweg zu erreichen ist.
Die Wallanlage liegt auf einem Geländesporn an der Havelenge zwischen dem Lehnitz- und Jungfernsee. Der Sporn ist mit einer Höhendifferenz von 19 m deutlich vom Ufer abgesetzt.
Forschungsgeschichte und Ausgrabungen
Eine der frühesten Erwähnungen der Wallanlage als „Königswall“ datiert in das Jahr 1683, weniger aus einem archäologischen noch historischen Interesse heraus. Vielmehr ging es darum, dass der Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm (reg. 1640–1688), von seiner Mark Brandenburg genaue Karten haben wollte. Daher beauftragte er Samuel von Suchodoletz mit der Landesaufnahme, der dabei auch die Wallanlage in seine Karten eintrug.
Im 18. und 19. Jh. wurde mehrfach über die Anlage und ihren Ursprung spekuliert, doch erst 1881 beschäftigten sich der Jurist, Politiker und Leiter des Märkischen Provinzialmuseums in Berlin Ernst Friedel (1837–1918) sowie der berühmte Rudolph Virchow ernsthaft mit dem Ort. Allerdings sollte erst der bedeutende Ur- und Frühgeschichtler Carl Schuchhardt in den Jahren 1908/1909 sowie 1911 größere archäologische Untersuchungen durchführen.
Durch die historischen Ereignisse der darauf folgenden acht Jahrzehnte – unter anderem auch der Umstand, dass die Gegend Grenzgebiet und damit auch Sperrgebiet der DDR war – ließ kaum weitere Forschungen zu. Immerhin wurde die Wallanlage 1956 als Bodendenkmal registriert. Aber die Forschung hat die „Römerschanze“ keineswegs vergessen, wie jüngst eine Bachelorarbeit an der Freien Universität zu Berlin belegt.
Abb. 20 Potsdam-Sacrow. Blick auf die Wallkrone der „Römerschanze“.
Funde und Befunde
Basierend auf den Forschungen Schuchhardts ergibt sich folgendes Bild: Die Wallanlage umschließt eine Siedlungsfläche von 175 × 125 m, weist also eine Fläche von 21.875 m2 auf; das entspricht etwa der Größe von drei Fußballfeldern. Aufgrund der Fläche wird gelegentlich etwa spekulativ behauptet, hier hätten etwa 1.000 Menschen Platz gefunden.
Sowohl Virchow und Friedel als auch Schuchhardt kamen zu dem Ergebnis, dass es an dem Ort zwei zeitlich unterschiedliche Besiedlungsperioden gab; die ältere datiert in die Bronzezeit, die jüngere in die slawische Zeit.
Schuchhardt stellte bei seinen Ausgrabungen fest, dass für die bronzezeitliche Siedlung im Ostteil des Sporns Geländeaufschüttungen vorgenommen wurden. Der Holz-Erde-Wall war etwa 6 m hoch und 3,30 m breit (Abb. 20). Aufgrund der Funde kann man davon ausgehen, dass sowohl die frühe Siedlung als auch der Wall von 1300 v. Chr. bis in das 6. Jh. v. Chr. hinein bestand, bis sie einer Brandkatastrophe zum Opfer fiel.
Der Zugang erfolgte über drei Tore (Abb. 21). Das „Seetor“ war 5 m breit und eine Erdbrücke führte über einen umlaufenden Innengraben; dieser könnte aber auf eine landschaftsgestalterische Maßnahme des 19. Jhs. zurückzuführen sein. An der Ostseite konnte ein Hallentor mit einer Breite von 6,5 m festgestellt werden. Die Torwangen waren 10 m lang. Das südwestliche Tor wurde zwar erkannt, durch Schuchhardt aber nicht untersucht.
Von der Innenbebauung der bronzezeitlichen Siedlung fand Schuchhardt sehr viele, sich überscheidende Pfostenlöcher und Gruben. Daraus erschloss er eine lange Besiedlungszeit, die er in drei Bauphasen unterteilte. Anhand der Pfostenlöcher war er auch in der Lage, ein Ständerpfostenhaus von 11,6 × 6,6 m mit Herdstelle zu rekonstruieren. Der zweiten Periode rechnete er Hausgruben, Herdstellen und Abfallgruben zu.
Weiter konnte Schuchhardt die slawische Besiedlung belegen, die etwa im 8. oder 9. Jh. einsetzte. Der zerstörte bronzezeitliche Wall wurde durch einen neuen Wall ersetzt. Auch das Osttor wurde erneuert, war jedoch deutlich kleiner. Es hatte nur eine Breite von 3,5 m und war 5,3 m lang. Hausgruben konnten im Inneren der Umwallung beobachtet werden. Außerdem entstand eine Vorburg-Siedlung. Die Burganlage wurde wohl schon im 10. Jh. wieder aufgegeben, während die archäologischen Funde die Belegung der Vorburg-Siedlung bis etwa 1200 dokumentieren.
Abb. 21 Potsdam-Sacrow. „Römerschanze“. Toranlage.
Wallanlage
Sacrower See und Königswald
Krampnitzer Straße
14476 Potsdam
Literatur
I. Hörnicke, Die Römerschanze bei Potsdam-Sacrow. BA-Arbeit an der TU Berlin (2015);
E. Probst, Deutschland in der Bronzezeit (1999) S. 373;
R. Breddin, C 18 Sarcow, in: J. Herrmann (Hrsg.), Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik (1989) S. 455.