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Kapitel 11

Unseren eigenen Vorteil suchen – die Wurzel alles Bösen

Der Kern wahren Christentums besteht darin, seinen eigenen Willen zu verleugnen und den Willen Gottes zu tun. Dort, wo euer Wille den Willen Gottes durchkreuzt, ist der Punkt, wo ihr das Kreuz finden werdet, an dem ihr sterben müsst. Das ist der Punkt, an dem euer Glaube an Gott und eure Liebe zu Ihm geprüft werden wird. Viele Christen geben sich damit zufrieden, Gemeindeversammlungen zu besuchen und ein bescheidenes, äußerliches Leben zu führen. Aber der kritische Punkt, an dem sie wirklich erkennen können, ob sie Jesus nachfolgen oder bloß religiös sind, ist der Punkt, täglich das Kreuz auf sich zu nehmen. Möge der Herr euch in jeder Situation helfen, eurem eigenen Ich zu sterben. Das ist der Weg der Freude, des Glücks, der Erfüllung und des ewigen Lebens. Jesus selbst hat uns das durch Sein irdisches Leben hier auf Erden demonstriert.

Paulus sagte, dass er nicht seinen eigenen Vorteil suchte, sondern den Vorteil der Vielen, damit sie gerettet werden (lies 1. Korinther 10,33 und 11,1). Das ist, nebenbei erwähnt, einer der vielen Stellen, wo die Aufteilung zwischen den beiden Kapiteln irreführend ist und bewirkt, dass wir eine Wahrheit übersehen. (Einige andere Beispiele dafür sind Johannes 7,53 und 8,1; Römer 7,25 und 8,1; Hebräer 11,40 und 12,1-4; 1. Korinther 9,27 und 10,1-5).

Es ist für uns möglich, Jesus auf bestimmten Gebieten wie dem Überwinden von Begierde, Zorn, Bitterkeit, Geldliebe usw. zu folgen, und doch nicht die Wurzel der Sünde im Fleisch zu treffen. Luzifer und Adam sündigten – nicht indem sie Ehebruch oder Mord begingen oder indem sie verleumdeten und tratschten oder mit ihren Augen gelüsteten. Beide sündigten, indem sie nach ihrem eigenen Vorteil und Gewinn trachteten. Das ist die Wurzel aller Sünde – nach unserem eigenen Vorteil zu trachten.

Nur wenn man die Axt an diese böse Wurzel legt, wird die grundlegende Richtung unseres Lebens geändert werden. Bis dahin können wir auf so vielen Gebieten den Sieg haben, aber dennoch nach unserem eigenen Gewinn und nach unserer eigenen Ehre trachten. Das ist der Grund, warum so viele, die den Sieg über die Sünde predigen, als Pharisäer enden.

Aber diejenigen, die ernsthaft danach streben, mit dem Trachten nach dem eigenen Vorteil Schluss zu machen, werden wie Paulus feststellen, dass sie anfangen, „nach dem Vorteil der Vielen zu suchen, damit sie gerettet werden“ (1. Korinther 10,33). Im vorhergehenden Vers (1. Korinther 10,32) spricht Paulus über drei Kategorien von Menschen, von „Juden, Heiden und der Gemeinde Gottes“ – d.h. von Menschen unter dem alten Bund, jenen unter keinem Bund, und jenen unter dem neuen Bund. Er sehnte sich danach, dass sie gerettet würden. Wir finden dieselben drei Kategorien von Menschen auch heute vor – Christen, die keinen Sieg über die Sünde haben (alttestamentliche Gläubige), Ungläubige (keinen Bund) und Jünger Jesu, die im Sieg über die Sünde leben (neutestamentliche Gläubige). Gegenüber all diesen drei Gruppen von Menschen muss unsere Einstellung sein: „Ich suche nicht meinen eigenen Vorteil, sondern ihren Vorteil, damit sie von aller Sünde, die in ihrem Fleisch wohnt, gerettet werden mögen.“ Das war die Einstellung von Jesus, als Er vom Himmel herabkam.

Nur wenn Gläubige diese Einstellung haben, „Ich suche nicht meinen eigenen Vorteil, sondern den Vorteil der vielen, damit sie gerettet werden“, werden sie in der Lage sein, die Gemeinde als den Leib Christi zu bauen. Sonst wird sogar das Teilen von tiefgründigen Themen in den Versammlungen nur zu ihrer eigenen Ehre sein.

Jesus suchte nie Seinen eigenen Vorteil. Er suchte stets die Herrlichkeit des Vaters. Das allein ist wahre Geistlichkeit – und nichts weniger als das. Der letztendliche Zweck, für den jemand lebt, entscheidet, ob er eine göttliche Person oder ein Sünder ist – und nicht bloß die kleinen Siege hier und dort über Lust und Zorn usw. – obwohl diese auch wichtig sind, denn sie beweisen ebenso, dass jemand nicht sein eigenes Vergnügen sucht. Wie Jesus in einem anderen Kontext sagte: „Dieses sollte man tun und jenes nicht lassen“ (Matthäus 23,23).

Konzentriert euch auf Gottes Gnade

Es ist für einen Christen sehr leicht, seinen wahren geistlichen Zustand nicht zu kennen, wenn er nicht vor Gottes Angesicht lebt. Das wird aus den Zurechtweisungen deutlich, die der Herr den Leitern der sieben Gemeinden im Buch der Offenbarung gab. Dem Boten (Ältesten) in Laodizea sagte Er: „…und du erkennst nicht, dass du elend und erbärmlich, arm, blind und entblößt bist“ (Offenbarung 3,17).

Gott lässt in unserem Leben verschiedene Situationen zu, die ans Licht bringen werden, was in unseren Herzen verborgen ist. Über die Jahre haben wir viele unangenehme Erinnerungen als Ergebnis der verschiedenen Erfahrungen in unseren Herzen gespeichert, die wir mit verschiedenen Menschen hatten. Sie liegen tief in unseren Herzen verborgen – und wir bilden uns ein, dass unsere Herzen rein sind. Dann lässt Gott zu, dass irgendetwas Kleines passiert, das all dieses verdorbene Zeug aufrührt und in unseren Verstand bringt. Das ist die Zeit, wenn wir uns selber reinigen und den beteiligten Personen vergeben und entscheiden müssen, sie zu lieben. Wenn wir eine solche Gelegenheit nicht nutzen, diese Dinge aus unserem Herzen zu entfernen, werden sie, nachdem der Aufruhr vorbei ist, wieder auf den Grund unseres Herzens sinken und in unseren Herzen bleiben. Wir können uns einbilden, dass alles in Ordnung ist, aber das ist nicht der Fall. Ein weiteres kleines Ereignis kann diese Dinge erneut in unseren Verstand bringen. Daher müssen wir uns jedes Mal selber reinigen, wenn etwas an die Oberfläche kommt.

Wir sehen im Fall des älteren Bruders des verlorenen Sohnes, wie er gegenüber seinem Bruder eine falsche Einstellung hatte. Aber dies kam erst zum Vorschein, als sein Bruder zurückkam und ein Fest für ihn veranstaltet wurde. Dann sehen wir, wie er seinen Bruder mit Anschuldigungen anklagte, die er sich einbildete, ohne zu prüfen, ob seine Aussagen wahr waren oder nicht (beispielsweise, dass sein jüngerer Bruder „sein Geld mit Huren vergeudet hatte“). Wenn wir mit jemandem keine gute Beziehung haben, werden wir immer die schlimmsten Dinge über ihn glauben.

Der Vater sagte zu seinem älteren Sohn: „Alles was mein ist, das ist dein.“ Statt mit dem, was sein Vater ihm gab, beschäftigt zu sein, war sein älterer Sohn mit seinen eigenen Leistungen beschäftigt: „Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe nie dein Gebot übertreten“. Er war auch mit den Fehlern seines Bruders beschäftigt: „Dieser dein Sohn hat dein Geld mit Huren vergeudet“ (Lukas 15,29-32). So wie dieser Vater sagt Gott auch zu uns: „Alles, was ich habe, ist dein.“ Alles, was Jesus hat, ist unser – all Seine Reinheit, all Seine Güte, all Seine Geduld, all Seine Demut usw.

Die Lektion, die wir aus dieser Geschichte lernen müssen ist folgende: Seid allezeit mit den Reichtümern von Gottes Gnade beschäftigt – und nicht mit euren eigenen Leistungen oder mit dem Versagen deiner Glaubensgeschwister.

Wachst an Demut und Weisheit

Wir sind so froh, dass der Herr eure Augen aufgetan hat, um den Weg zu sehen, den der Herr Sein ganzes Leben lang beschritten hat – den Weg des Todes des eigenen Ichs. Wenn ihr bis ans Ende eures Lebens an dieser Vision festhalten könnt, kann euch niemand eure Krone wegnehmen (Offenbarung 3,1). Wie sehr wünsche ich mir, dass alle Gläubigen diesen herrlichen Weg sehen, den Jesus für uns aufgetan hat. Es würde sie von Klagen, Kritik, Ängsten, Spannungen und allen anderen Übeln befreien. Satan würde dann keinerlei Macht mehr über sie haben.

Ich sehe Jesus als den Einen, der von frühester Zeit an immer demütigen Gedanken anhing. Er musste nicht an Demut wachsen – denn Er war immer vollkommen demütig. Er war genauso willig, im Alter von 15 Jahren unter die Übeltäter gezählt zu werden wie Er es mit 33 Jahren auf Golgatha war (Jesaja 53,12). Aber als Er aufwuchs, gab es für Ihn immer wieder neue Gelegenheiten, um sich in den verschiedenen Situationen, denen Er begegnete, zu demütigen. Das ist die Bedeutung davon, wenn es heißt, dass Er an Weisheit wuchs – ohne jemals zu sündigen oder in irgendeiner Phase etwas Törichtes zu tun. Anders als Er müssen wir an Weisheit wachsen, denn wir beginnen als sehr stolze Leute, die so viele Jahre lang für sich selbst gelebt haben. Aber wir können jetzt mit all dieser Torheit des Stolzes und der hochmütigen Gedanken Schluss machen und an wahrer Weisheit wachsen – der Weisheit, die von Demut kommt.

Hört, meine Söhne!

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