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Was erfährt man über Menschen, wenn sie von ihren Träumen erzählen? Und wie sehen die Menschen aus, wenn sie träumen? Seit Mai 1999 erscheinen Antworten auf diese Fragen in der ZEIT, in der Reihe »Ich habe einen Traum«, Woche für Woche und jedes Mal anders.

Das Prinzip, inspiriert durch Martin Luther Kings berühmte Rede und erdacht von Andreas Lebert, ist einfach: Ein prominenter Mensch erzählt von seinem persönlichen Traum (manchmal auch von mehreren) und lässt sich fotografieren, mit geschlossenen Augen, träumend, in schwarz-weiss. Und so sehen wir Berühmtheiten und Menschen, die gerade dabei sind, berühmt zu werden, auf zuvor ungesehene Art und Weise; mal konzentriert, mal entspannt, mal verschmitzt, mal sehr ernst, aber immer in einem intimen Moment. Von Anne-Sophie Mutter bis Björk, von Günter Netzer bis Mickey Rourke, Harrison Ford, Hildegard Hamm-Brücher, Patricia Kaas, Vera Gräfin Lehndorf, Wolfgang Niedecken, Jasmin Tabatabai – sie alle haben uns ihre Träume verraten. Diese Liste ließe sich mit Hunderten von Namen fortsetzen.

Über die Jahre ist die Traum-Serie eine Galerie geworden, die für Zeitgeist-Archäologen künftiger Generationen eine zuverlässige Quelle sein wird. (Für jene Archäologen sei hier vermerkt, dass Yoko Ono gerade noch zum Abnehmen ihrer Sonnenbrille überredet werden konnte und ein berühmter deutscher Rocksänger, der in einem ebenso berühmten Hamburger Hotel wohnt, sich erst Jahre nach dem ersten Versuch ohne seine Sonnenbrille fotografieren ließ.)

Einige haben ihre Träume selbst aufgeschrieben, doch die meisten Traum-Texte entstehen durch Interviews, auch wenn im hektischen Alltag der Stars meist nicht viel Zeit für längere Gespräche bleibt, so erfahren wir doch in vielen Fällen von bislang unbekannten Seiten der Menschen, die uns jeden Tag in den Medien begegnen. Woran das liegt? Einerseits an unseren durch jahrelange Erfahrung geschulten Kollegen, andererseits ist es die ungewöhnliche Situation des Gesprächs: Der Journalist hat bei den Träumen nicht die Rolle des konfrontativen Gegenübers, der mögliche Schwächen und Fehler herausstellen möchte. Er ist ein Helfer, der mit geschickten Fragen Themen aufgreift, Gedanken aufschreibt und ordnet. Und weil das so ist, das habe ich selbst einige Male erlebt, öffnen sich Gesprächspartner, die in ihrem Leben schon Hunderte von Interviews gegeben haben, auf ungewohnte Weise und sind bereit, Dinge zu erzählen, die sie ansonsten gerne für sich behalten. Richtig böse wurde bislang nur Lou Reed, der vor vielen Jahren auf die Frage, wovon er träume, keifte: »Dass mich Journalisten in Zukunft mit solchen Fragen in Ruhe lassen«. Von einer ersten Absage lassen sich die Interviewer aber selten beirren, Isabella Rosselini etwa überlegte fünf Jahre lang, dann sagte sie zu.

Unvergessen, wie Steffi Grafs Traum, in dem sie der Öffentlichkeit erstmals von ihrer großen Liebe Andre Agassi berichtete, einmal um die Welt ging. Und bewegend, wie Ozzy Osbourne davon träumte, besser lesen zu können, um mehr von seiner Sammlung alter, kostbarer Bücher zu haben.

Längst kennen viele Stars den »Traum«, vertrauen ihm und sind bereit, sich zu erklären – mit der Folge, dass die Serie zu den meistzitierten journalistischen Reihen in Deutschland zählt.

Und was wäre der Traum ohne die Fotografen, die aus oft begrenztem Raum und knapper Zeit Bilder zaubern, die man nicht mehr vergisst.

Der langanhaltende Erfolg von »Ich habe einen Traum« ist vor allem zwei Kollegen zu verdanken, die fast von Anfang an ihre schützenden Hände über die Reihe halten, sie pflegen und hegen: den ZEITmagazin-Redakteuren Michael Biedowicz (für die Fotografie) und Jürgen von Rutenberg (für die Auswahl und die Texte). Redaktionen neigen manchmal dazu, selbst an den erfolgreichsten Formaten zu schnell zu ermüden, und beenden sie frühzeitig. Mit den Erfahrungen der Leser hat das nicht unbedingt zu tun, zumal DIE ZEIT jedes Jahr Tausende von neuen Lesern gewinnt. Aus Gesprächen, Leserbriefen und Umfragen unter den Lesern des ZEITmagazins wissen wir, dass der »Traum« von jeder nachwachsenden Lesergeneration neu entdeckt wird, auch weil jede Generation ihre eigenen Träume hat.

Und so verneigen wir uns mit diesem Buch vor dem großen Martin Luther King, der vor fast 50 Jahren, am 28. August 1963, in Washington in seiner legendären Rede unserer Rubrik ihren Namen gab: »I have a dream«.

CHRISTOPH AMEND, ZEITmagazin-Chefredakteur, im Juni 2012

ZEITmagazin - Ich habe einen Traum

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