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»Ich wollte so sein wie Prinzessin Diana.«

LIRA BAJRAMAJ

Es ist der 17. Juli, in Frankfurt laufen die letzten Minuten des Endspiels gegen Brasilien. Wir bekommen einen Freistoß zugesprochen. Melanie Behringer, Inka Grings und Kim Kulig stehen am Ball, ich stehe in der gegnerischen Mauer, versuche, die Brasilianerinnen zu irritieren. Der Freistoß wird schnell ausgeführt. Der Ball segelt in den Sechzehn- Meter-Raum, die gegnerische Abwehr bekommt ihn nicht unter Kontrolle, und eine meiner Mitspielerinnen bringt ihn irgendwie über die Torlinie. Wir haben die Weltmeisterschaft gewonnen!

Aber bevor ich den Sieg so richtig genießen kann, reißt mich eine laute Stimme zurück in die Realität: »Lira, nicht träumen! Weiter geht’s!« Die Stimme gehört unserer Trainerin. Ich stehe tatsächlich in der Mauer, aber es ist Juni, noch läuft die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft, wir trainieren gerade Standardsituationen.

Im Spiel ist keine Zeit für Träumereien. Dennoch habe ich viele Träume. Ein Leben ohne Träume wäre öde. Sie gehören zum Leben, die kleinen und die großen, die uns Menschen antreiben.

Ich bin in einem kleinen Dorf im Kosovo geboren, wir sind von dort geflohen, als der Krieg auf dem Balkan eskalierte. Ich war fünf Jahre alt. Mein Vater hat damals von einem besseren Leben für seine Familie geträumt, und diesen Traum hat er wahr gemacht. In gewisser Weise ist meine Karriere ein Teil dieses Traums meines Vaters, auch wenn er anfangs dagegen war, dass seine Tochter Fußball spielt, und ich mich heimlich zum Training schleichen musste.

In den ersten Jahren in Deutschland habe ich davon geträumt, eine berühmte Sängerin, Tänzerin oder Schauspielerin zu sein wie die Stars, die ich im Fernsehen sah. Oder noch besser: eine Prinzessin. Ich war fasziniert von Prinzessin Diana und wollte so sein wie sie.

Später hat sich dann der Fußball in meine Träume geschlichen. Mit siebzehn habe ich mein Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert. Das war hammergeil! Von da an war mir klar, ich will noch ganz viel erreichen, ich will Turniere gewinnen. Es ist ein unglaublich tolles Gefühl, wenn Träume in Erfüllung gehen. Ich kann gar nicht genug davon bekommen, möchte es wieder und wieder erleben.

Es gibt auch einen Traum für die Zeit nach dem Fußball. Ich stelle mir gerne vor, dass ich nach meiner aktiven Laufbahn mit meinem Mann und unseren Kindern in Mönchengladbach lebe, in der Nähe meiner Eltern. Sicher, ich könnte auch davon träumen, in Miami Beach zu leben, mit einer Villa am Strand wie P. Diddy. Aber ich träume lieber von etwas, das ich tatsächlich erreichen kann. Zu meinem Traumhaus gehört ein großer Garten mit einem Pool, am Wochenende grillen wir dort, meine Kinder gehen in den Sportverein. Möglicherweise habe ich dann auch mein eigenes Kosmetikstudio, im nächsten Jahr möchte ich eine Ausbildung zur Visagistin beginnen. Ein schöner Traum, der aber noch in der Ferne liegt, meine Karriere steht ja erst am Anfang. Und vor mir liegt eine WM, die ich unbedingt gewinnen will.

22. JUNI 2011

AUFGEZEICHNET VON JÖRG BÖCKEM

FOTO VON THOMAS RABSCH

FATMIRE »LIRA« BAJRAMAJ kam 1988 in Gjurakovc im heutigen Kosovo zur Welt, fünf Jahre später siedelten ihre Eltern nach Deutschland über. Als Fußballerin spielte sie für Mönchengladbach, Duisburg und Potsdam, 2011 wechselte sie zum 1. FFC Frankfurt. Mit der deutschen Fußballnationalmannschaft der Frauen wurde sie 2007 Weltmeister. 2011 wurde sie zur Fußballerin des Jahres gewählt.

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