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LAGAVULIN

Badewanne

von Peter Dausend

Ich spiele jetzt wieder Fußball, nicht regelmäßig, eher hin und wieder, aber wenn, dann immer sonntagmorgens zwischen zehn und zwölf Uhr im Prenzlauer Berg, dort, wo Berlins Schönwetterspieler zu Hause sind. Wir – mal acht, mal zehn, mal 15 kompakt im Raum Stehende – treffen uns auf einem Naturrasenplatz, der durch viel Natur und wenig Rasen besticht. Der Ball, mit dem wir kicken, heißt übrigens so, wie jeder von uns sich sieht, bis die Wahrheit auf dem Platz liegt: Torfabrik.

Vielleicht sollte ich kurz noch erwähnen, dass ich früher lange Jahre im Verein gespielt habe, immerhin Verbandsliga, damals, als taktische Anweisungen sich noch auf ein „Und wenn der aufs Klo geht, gehst du mit“ beschränkten. Beim Hobbykick auf rasenfreiem Rasen weiß ich also, was zu tun ist: den ersten Verteidiger locker überlaufen, dem zweiten den Ball durch die Beine spitzeln und dann das Ding mit der Innenseite flach ins lange Eck schieben. Nur dass beim Überlaufen der Verteidiger schneller ist, der Beinschuss hängen bleibt und mir beim überlegten Schuss ins lange Eck der Ball über den Schlappen rutscht. Erbärmlich. Nach 20 Minuten japse ich wie Reiner Calmund beim Marathonlauf. Von da an geht’s bergab.

Zu Hause lasse ich mir umgehend ein Entmüdungsbad mit Heublumen ein, meine bis dahin stärkste Szene. Es wird noch besser: Ich nehme mir ein Whiskyglas, ein bauchiges, das sich nach oben hin verengt, gieße mir daumenbreit ein und stelle das Glas neben die Wanne. Kurz darauf liege ich im Wasser, greife nach dem Glas, schließe die Augen und rieche: Torf, Rauch, Schottland, die Inseln. Aber auch: Bravehearts, Billy Bremner, Ibrox Park der Glasgow Rangers. Kenny Dalglish, Gordon Strachan. Schottische Fußballlegenden.

Beim ersten Schluck füllt sich der Mund mit einer Mischung aus Torf, Seetang und Salz, überlagert von einer tiefen Süße. Lagavulin, Single Malt, 16 Jahre alt, das Wasser von Loch Sholum. Es hätte auch ein Laphroaig, Caol Ila oder Ardbeg sein können, andere Inselgewächse, aber der Lagavulin ist mein liebstes Elektrolytgetränk: Bei so viel Torf kommen verlorene Mineralien von allein zurück. Der 16-Jährige ist Tradition pur: der älteste der Classic-Malts-Serie und bis vor wenigen Jahren die einzige Abfüllung der Brennerei. Neumodischen Schnickschnack mache ich nicht mit. Das gilt für einen zwölfjährigen Cask-Strength-Lagavulin genauso wie für bunte Fußballschuhe.

Mit dem Whiskygeschmack auf der Zunge denke ich an das Spiel – und überlaufe nun den Verteidiger. Beim zweiten Schluck breitet sich Wärme im ganzen Körper aus – und jetzt gelingt der Beinschuss auch. Beim dritten Schluck schmecke ich ein bisschen Holz – und schiebe das Ding ins lange Eck. Mein Gott, war ich gut heute.

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