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CHEERS!
ОглавлениеEin gutes Jahrzehnt hatten wir von Mixology die Rolle der hauptberuflichen Drink-Schreiber mit deutscher Feder nahezu exklusiv. Das waren im Rückblick heroische Zeiten. Aber irgendwie auch einsame Zeiten. Immer wieder ertappten wir uns dabei, wie wir neidisch über den großen Teich blickten. Denn das ideale Mischungsverhältnis eines Martinicocktails wird in einflussreichen amerikanischen Tageszeitungen seit jeher mit derselben Ernsthaftigkeit diskutiert wie die Anhebung des Leitzinses durch die Fed.
Gut erinnern wir uns daher an die Redaktionssitzung, in der jemand die großformatigen Seiten einer ZEIT-Kolumne von „Drinks für jede Lebenslage“ auf dem Tisch ausbreitete. Bekannte deutsche Journalisten, die mit derselben Hingabe Drinks beschrieben, mit der sie sonst das politische oder gesellschaftliche Tagesgeschehen sezierten? Darauf einen Toast!
Für uns war dies ein Zeichen, dass Bar- und Cocktailkultur in der Mitte der Gesellschaft ankommen. Etwas, das für uns ehemalige Bartender und Gastronomen, die auf die schreibende Seite gewechselt waren, immer das unausgesprochene Leitziel bedeutete.
Denn lange Zeit galt: Nur wer Bier und Wein trinkt, der darf auch darüber reden. Denn Bier und Wein, nur das ist Kultur, darüber lässt sich streiten. Seit Jahrzehnten sind Wörter wie Abgang, Lage und Bouquet in deutschen Leitmedien zu finden. Die Spirituose wiederum war denjenigen vorbehalten, die es sich zur Mittagszeit auf einer Parkbank mit einem Fläschchen Korn gemütlich gemacht haben.
Das ist ganz klar nicht mehr so.
Wer wie die ZEIT einen nur unter hartgesottenen Bar-Nerds bekannten Tropfen wie Steinhäger in seine Seiten hievt, der meint es ernst.
Und immer wieder und immer mehr rückt in den ZEIT-Kolumnen der mischende und bedienende Protagonist in den Mittelpunkt. Die nervende Frage „Und was machst du eigentlich sonst so beruflich?“ wird für den passionierten Vollzeit-Barmann damit hoffentlich bald der Vergangenheit angehören.
Denn er oder sie ist häufig der Schlüssel zu den spannenden Geschichten hinter den Getränken oder schlicht kundiger Wegweiser durch eine ausgelassene Nacht.
Ob der berühmte Gin Basil Smash aus dem Hamburger Le Lion, das einfache Berliner Clubgetränk Wodka-Mate oder der Kultcocktail Last Word – so groß die Vielfalt der Getränke, so nahezu uferlos ist auch die sich dahinter verbergende Kulturgeschichte.
Als wäre das alles noch nicht unübersichtlich genug, kommen täglich neue Erzählungen hinzu. Und zwar nicht zu knapp, denn damals wie heute bleibt die Bar ein Ort, an dem überproportional viele Geschichten beginnen oder enden. Oder überhaupt erst erfunden werden.
Bei so viel Lust und Freude an der flüssigen Vielfalt, wie sie aus den vorliegenden Kolumnen sprüht, wollen wir den Kollegen der ZEIT auch verzeihen, dass sie statt des international üblichen „Bartenders“ immer noch den Begriff „Barkeeper“ verwenden.
Cheers! Santé! Prost! Sláinte! Salute!
Ihre Mixologen
Helmut Adam, Nils Wrage & Maruan Paschen