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Kapitel 1

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Wir schreiben das Jahr 2117. Der 5. Juni hat eben begonnen, draußen scheint die Sonne, ein strahlender Sommertag kündigt sich an. Es ist sechs Uhr morgens und Clara Peterson räkelt sich in ihrem Bett. Zum Aufstehen ist es noch zu früh. Sie ist zierlich und sehr blond. Ihr zartes Gesicht sieht zwar noch sehr verschlafen aus, sie kann aber nicht mehr einschlafen, obwohl sie erst um Eins ins Bett gegangen war. Gestern hatte die ganze Familie den fünfzehnten Geburtstag ihrer kleinen Schwester Judit gefeiert. Clara ist neunzehn und fühlt sich schon völlig erwachsen und ihrer kleinen Schwester komplett überlegen. Sie kennt die Welt und freut sich, im Hier und Jetzt und in Wohlstand und Luxus zu leben.

Claras Vater ist Top Manager einer Bank. Was er genau macht, weiß Clara nicht, er hat es nie erzählt und es hätte Clara auch nicht wirklich interessiert. Sie wird einmal Modedesignerin werden, das ist sicher, und sie wird ihre eigene Firma aufmachen, so einen netten kleinen Luxus Label. Das ist ihr Traum und sie zweifelt keinen Augenblick an dessen Verwirklichung.

Sie wohnt hier im Westen von London, in St. Marys Lodge, einer sehr noblen Siedlung am Rande von Greater London. Die Familie bewohnt ein äußerst luxuriöses Reihenhaus, das sich nicht jeder leisten kann, aber hier in der Nachbarschaft gibt es nur Familien, die sich solche Häuser leisten können. Es ist hier eine sehr ruhige Gegend. Früher lag in der Nähe der Großflughafen Heathrow, doch der ist längst aufgelassen worden, denn wer könnte sich heutzutage noch Fliegen leisten, wo es doch faktisch kein Öl mehr gibt. Von seinen Ruinen sollte man sich fern halten, wusste Clara.

Sie geht auf das elitäre St. James College und wird jeden Tag vom Chauffeur der Familie mit dem Elektroauto hingebracht.

Während sie sich im Bett wälzt, denkt sie an den nächsten Urlaub. Sie würden wieder in die Karibik nach Barbados fliegen. Die Inseln der Karibik waren vor Terroristen und Verbrechern sicher, denn die gehören zum Greater United Kingdom. Sie würde eine ihrer Freundinnen mitnehmen. Weil ihre Familie kann sich Flugreisen noch immer leisten, da war sie schon stolz darauf.

Sie würden von dem kleinen Privatflughafen nordwestlich von London aus starten. Mit einem kleinen feinen Space Jet. Clara schauderte, wenn sie daran dachte, dass früher bis zu fünfhundert Leute in einem einzigen Flieger eingepfercht gewesen waren, aber so etwas gab es heutzutage nicht mehr.

Aber heute ist Sonntag, da könnte sie sich in den Reitclub fahren lassen und ihre besten Freundinnen wieder einmal persönlich treffen, denn der dauernde digitale Tratsch am HYCO, wie die hyperdigitalen Communicators genannt werden, wird irgendwann auch langweilig. Ein Ausritt bei diesem strahlenden Wetter über die menschenleeren Wiesen am Rande von London wäre jetzt das Richtige. Einige dieser coolen Jungs vom Club wären auch dabei, da ginge sich sicher der eine oder andere Flirt aus. Aber im Haus schlafen noch alle tief und fest.

Clara war ihr Leben in Luxus gewohnt und ihr käme nie in den Sinn, dass sich das einmal ändern könnte. Sie klickt ihr HYCO an und wählt einen Kanal. Sie will ein bisschen Musik hören. Doch sie vertippt sich und kommt auf einen interaktiven Nachrichtenkanal, bei dem sie sofort mitdiskutieren könnte, wenn sie wollte. Die Nachrichten interessieren sie gar nicht, und über Politik diskutieren will sie auch nicht. Der Präsident von GUK, dem Greater United Kingdom, in dem sie zu Hause ist, hat den Präsidenten von Europa getroffen und beide haben eine Verbesserung der Beziehungen ihrer beiden Länder in Aussicht gestellt. Die Gräben zwischen GUK und Europa müssen wieder zugeschüttet werden, betonten beide Politiker, schließlich hätten beide Länder ähnliche Interessen.

Clara schaltete zu einem Streaming Portal und zog sich eine schrille Sequenz von Tönen und Bildern rein, allerdings leise, da sie nicht das ganze Haus aufwecken wollte.

Sie wusste allerdings, dass es den Menschen früher nicht so gut gegangen war. Da wurden Kriege geführt und Leute ermordet. Da gab es Hunger und Armut. Die Staaten stritten gegeneinander und alle hatten Angst vor der Zukunft. So lernten sie das in Geschichte im College und nach jeder Geschichtsstunde musste sie an die armen Menschen aus früheren Jahrhunderten denken, die noch Not und Entbehrungen erdulden hatten müssen, und sie freute sich, im hier und jetzt im zweiundzwanzigsten Jahrhundert zu leben, wo es das nicht mehr gab.

Im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert soll es am Schlimmsten gewesen sein. In wahnwitzigen Weltkriegen kamen Millionen Menschen um oder wurden in Konzentrationslagern grausam ermordet. Dann hat es die Terroristen gegeben, die ganze Stadtteile in die Luft gejagt hatten. Der Krieg gegen die Terroristen und der Kampf ums Öl hatten sich das halbe einundzwanzigste Jahrhundert hingezogen. Dann waren endlich alle Terroristen besiegt worden und die Regierungen hatten feststellen müssen, dass fast alle Ölvorräte verbraucht oder zerstört waren. Stattdessen gab es Atomenergie und Strom in Hülle und Fülle. Sie fuhren jetzt alle mit Elektroautos durch die Gegend. Der Verkehr war früher viel dichter gewesen, hatten sie gelernt. Jetzt fuhren viele Bürger mit der U-Bahn und der Eisenbahn, denn die konnte mit Atomstrom fahren. Ihr Vater hat sogar einen kleinen Hubschrauber für zwei Personen mit Wasserstoffantrieb für seine Fahrten ins Büro. In dieser Siedlung ist das ganz normal, denn alle Top Manager haben da, und hier leben nur Top Manager.

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