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1.5.1. Italien

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Die große Tradition Roms, die Blüte der Renaissancekunst, ihre Erschöpfung im Manierismus und der Reichtum des römischen Adels sowie der kirchlichen Würdenträger (nach der Rückkehr der Päpste aus Avignon) machten die Stadt zur Wiege des Barock. Rom war ein Magnet für Künstler und Architekten aus ganz Europa. 1577 war die Accademia Romana delle Arti di Pittura, della Scultura e del Disegno gegründet worden. Zunächst deckte sie sich im Wesentlichen mit der Malerzunft. Im Jahr 1607 erhielt sie die Statuten einer echten Akademie. Sie hatte in dieser Umbruchszeit freilich nicht jene Bedeutung, die später den Akademien in Paris unter Ludwig XIV. zukam.

In Rom kippte die Renaissance auf ihrem Höhepunkt in den Barock. Für Heinrich Wölfflin geschah dies in vollem Bewusstsein der Zeitgenossen: »[…] die barocke Stilwandlung muss da beobachtet werden, wo man am besten wusste, was strenge Form sei, wo die Auflösung der Form mit höchstem Bewusstsein vollzogen wurde.« Häufig wird an der Errichtung des Kreuzes auf der gerade vollendeten Laterne des Petersdoms 1593 unter dem Vorgänger Pauls, Clemens VIII., die Geburt des barocken Rom festgemacht. Es war ein Symbol der nach dem Konzil von Trient mit großem Machtbewusstsein auftretenden Kirche. Jedenfalls wurde unter dem Borghese-Papst Paul V. und dem am Luganer See geborenen Carlo Maderno, der zwischen 1607 und 1612 Sankt Peter seine (im Bezug zu Michelangelos Kuppel wohl zu breit geratene) Fassade gab, die Behandlung der Baumassen barock. Die Fassade wurde als Spiegel der Kolossalordnung ein dominierendes Element. Um 1630 entstand in Rom die geschwungene Kirchenfassade. In San Carlo alle quattro fontane (1667) von Borromini erreichte für Wölfflin die geschwungene Fassade »das äußerst Mögliche.«

Wölfflin 1888, 12


466 St. Peter, Fassade; Rom

Ebd., 68

In der Ewigen Stadt trennten sich aber auch die Wege von Barock und Klassizismus, in der bildenden Kunst personalisiert im Naturalismus Caravaggios und der klassischen Richtung Carraccis. Die Klassizisten wollten sozusagen eine Renaissance der Renaissance und setzten auf die alte Idee der Harmonie und Proportion. Darauf wird zurückzukommen sein.

4.2.2.

4.0.

Neben Rom spielte im 18. Jh. Venedig eine führende Rolle. Zwar verlor die Stadt, wie oben gesagt, an Bedeutung durch die Verschiebung von Handelsvolumen an die Städte der Ost- und Nordsee, aber Venedig blieb weiterhin ein faszinierendes, sich langsam museal verklärendes Juwel mit der alten Blickrichtung in den Orient und ein anregender Boden für Kunst und Architektur – inzwischen auch einer für das Theater und die Oper. Der Paragone der Künste hatte in Italien (genauerhin rund um die Florentiner Camerata) um 1600 zu einer neuen Kunstgattung geführt, die Dichtung (Theater), Musik, Schauspiel, Tanz, Kostüm und Architektur (Bühnenbild) vereinte: die Oper.

die Oper

Erste Werke stammten vom Römer Jacopo Peri und von dem in Cremona geborenen Claudio Monteverdi, der die Wende von der Renaissance in den Barock vollzog. Die Oper wurde ein Exportschlager über Madrid nach Paris und London bis nach Deutschland. Überall sprossen Opernhäuser aus dem Boden. Besonders im Frankreich des 18. Jh.s standen die Künste gleichwertig nebeneinander und verschmolzen in der Oper zu einer Einheit. Die französische Oper erhielt durch den Exil-Italiener Jean-Baptiste Lully einen eigenen Charakter, der gegenüber den in Italien beliebten Sängern Textrezitation und Tänze zuließ. Lully führte eine eigene Akademie, die in Frankreich das Monopol für Opernaufführungen besaß.

Ein schonungsloser Spiegel des Niedergangs wurde den Venezianern im Stegreiftheater vorgehalten, der Commedia dell’arte, mit der Figur des heruntergekommenen Kaufmannes Pantalone (ital. pianta leone, dem einst stolzen, jetzt abgewirtschafteten Löwen von San Marco). Die Commedia dell’arte bot dem ohnehin dem colorire verfallenen Venedig zudem die Gelegenheit für eine Rokoko-Ästhetik, etwa jener Art, wie sie der venezianische Dichter Carlo Gozzi prägte.

Giovanni Battista Tiepolo schuf als Venezianer ähnlich wie der in Belluno geborene, aber in Venedig wirkende Sebastiano Ricci eine neue Qualität des Umgangs mit Licht und Farbe. Tiepolos grenzüberschreitender Ruf brachte ihm den Auftrag der Ausmalung der Würzburger Residenz ein. Die Fresken zählen zu den Höhepunkten der Malerei des 18. Jh.s.

Veduten

Wie in Rom wurden auch in Venedig Veduten außerordentlich geschätzt. Sie waren beliebte Souvenirs für die zahlreichen Besucher und den europäischen Adel, der sich alljährlich zur Karnevalszeit in der Stadt traf. Die Stadt leistete sich bereits früh eine Straßenbeleuchtung, um die nächtlichen Feste zu zelebrieren, während der Rest Europas im Dunkeln lag. Eine solche Beleuchtung der nächtlichen Stadt wurde durchaus als anstößig empfunden. »Das Licht in der Finsternis ist für viele Europäer ein Affront wider die göttliche Ordnung, die nun einmal die Welt nachts dunkel will, damit Lüsternheit und Verbrechen keinen Raum haben. Venedig gilt auch darum als verruchter, weil für beides idealer Ort.« Giovanni Antonio Canal, genannt Canaletto, war neben seinem Neffen Bernardo Bellotto, der sich ebenfalls den Künstlernamen Canaletto zulegte, und Francesco Guardi, an dem man gerne einen Zug ins Rokoko erkennen will, einer der berühmtesten Vedutenmaler. Canaletto flanierte quer durch Europa, um seine Veduten zu zeichnen und zu malen. Dabei hielt er es mit dem Diktum des Horaz, wonach der Maler gleiche Freiheiten haben sollte wie der Dichter, und entwarf Architekturphantasien, seine Capricci. Sie zeigten Ähnlichkeiten mit Bühnenprospekten; in der Tat war er befreundet mit dem Bühnenbauer Giuseppe Galli-Bibiena, den er in Dresden und Wien traf. Er verbrachte, ähnlich wie Tiepolo, viele Jahre bei den Bewunderern in England und die beiden malten englische Landschaften im feinen Licht des Südens. Sie setzten Normen, die zahlreiche Künstler sich nachzuahmen bemühten.

Felsner 2010, 163

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