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Das Silber

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Das Silber (lat. argentum, chemisches Symbol »Ag«) kommt nur selten gediegen vor. Mit ziemlicher Sicherheit kann man aber davon ausgehen, dass es seit 3000–2500 v. Chr. in Zypern, Ägypten und dem Zweistromland verarbeitet wurde. Der Name leitet sich vom griechischen Wort αργóς (argos = weiß) ab und spielt auf die weichen Glanz reinen Silbers an. Da in Ägypten Silber nur sehr selten vorkommt, war es zur Zeit der Fremdherrschaft der Hyksos oder Hirtenkönige, etwa von 1780 bis 1580 v. Chr., wertvoller als Gold. Das Silber muss in der Regel aus seinen Erzen gewonnen werden; schmilzt man sie wie z.B. den Silberglanz (Argentit, Silbersulfid, Ag2S) mit Blei, so reduziert das Blei die Silberverbindungen und metallisches Silber entsteht.3 Meistens ist aber kein reines Silbererzvorkommen anzutreffen, sondern man findet Silbererze in kleinen Anteilen zusammen mit Kupfer- oder Bleierzen. Wichtiger als die Verhüttung reiner Silbererze war daher schon in der Antike die Abscheidung des Silbers aus diesen Mischerzen. Die klassische Methode ist die schon im Altertum bekannte »Treibarbeit«, die mit Sicherheit schon in der Zeit um 600 v. Chr. in den griechischen Bergwerken von Laurion im Südosten Attikas praktiziert wurde. Dazu schmilzt man das silberhaltige Blei bei etwa 900 °C. An der Oberfläche der Schmelze bildet sich flüssige Bleiglätte (Blei-II-oxid, PbO), die man abschöpft oder abfließen lässt. Da das Silber unter diesen Bedingungen nicht oxidiert wird (also nicht mit Luftsauerstoff reagiert), reichert sich dieses in der Schmelze immer weiter an, bis es schließlich mit starkem silberhellem Glanz, dem »Silberblick«, an der Oberfläche sichtbar wird. Das Verfahren liefert recht reines Silber, hat aber den Nachteil, dass silberarme Erze nur mit sehr großem Aufwand an Zeit und Brennmaterial zu verhütten sind. Erst im Jahr 1829 entdeckte der Engländer Hugh Lee Pattinson (1796–1858), dass sich beim langsamen Erstarren einer Blei-Silber-Schmelze zunächst nahezu reines Blei abscheidet. Entfernt man dieses ständig, erhält man schließlich eine Schmelze mit bis zu 2,25 % Silber, die dann der Treibarbeit unterworfen wird. Wenig später, im Jahr 1850, erfand sein Fachkollege Alexander Parkes (1813–1890) eine bessere Methode, bei der man der Schmelze das Silber durch Zusatz von Zink entzieht, da Zink sich mit Silber, nicht aber mit Blei verbindet. Beim Abkühlen erstarrt die Silber-Zink-Legierung (mit einem geringen Anteil von anhangendem Blei) zuerst und wird vom praktisch silberfreien Blei abgeschöpft. Das Zink lässt sich leicht abdestillieren (Zinkmetall siedet schon bei 908 °C) und es bleibt eine Blei-Silber-Mischung mit 50 % Silber zurück, die dann in der oben beschriebenen Weise gereinigt wird. Moderne Verfahren arbeiten nasschemisch nach dem Prinzip der sog. Cyanidlaugerei.


Goldener Helm aus den Königsgräbern von Ur, ca. 2300 v. Chr.

In Mitteleuropa trat Silber erst nach Gold, Kupfer und Zinn um das Jahr 1000 v. Chr. in Erscheinung. Der römische Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacitus (um 58 – um 120) erwähnt in seinem bekannten Werk »De origine et situ Germanorum« (Über die Abstammung und den Zustand der Germanen) lediglich ein mäßig ertragreiches Bergwerk in Germanien. Der tatsächlich beträchtliche Silberreichtum Deutschlands wurde erst im Mittelalter erkannt, vermutlich vor dem Jahr 968, als die Gruben von Rammelsberg bei Goslar in Betrieb genommen wurden. Im sächsischen Freiberg wurde seit 1168 Silber abgebaut.

An der Schwelle zur Neuzeit wurde das Bergwerk von Schwaz in Tirol zur größten und ertragreichsten Silbergrube Europas. Diese Grube ermöglichte den Aufstieg der Augsburger Kaufmannsfamilie der Fugger. Deren Macht und Einfluss beruhte auf ihrem Reichtum an Silber aus Schwaz, das sie zu Geld machten, indem sie Münzen prägen durften.


Ansicht des Bergbaugebietes um Schwaz (Tirol) mit dem Falkenstein. Aus dem Schwazer Bergbuch um 1680 nach Vorlage von 1556.

Eine besonders bedeutende Verwendungsmöglichkeit von Gold und v.a. Silber sowie Kupfer war eben das Prägen von Münzen. Waren ursprünglich hauptsächlich Goldmünzen in Gebrauch, kamen zum Ende des Mittelalters Silbermünzen auf. Das Silber wurde dabei meist mit einem mehr oder minder großen Anteil an Kupfer gemünzt; nur die geringwertigen Scheidemünzen enthielten kein Silber und bestanden nur aus Kupfer, gelegentlich auch aus Bronze. Münzen sind die Urform des Geldes. Eine Münze unterscheidet sich von einem Stück Edelmetall durch ihren genormten Wert, durch eine Herkunftsbezeichnung in Form einer Prägung und die allgemeine Anerkennung als universelles Tauschmittel.

Der Begriff »Mark« für eine Münzbezeichnung geht ebenfalls bis ins Mittelalter zurück. Die »Kölner Mark« stellte dabei eine Gewichtseinheit von 233 Gramm dar. Aus einer solchen Mark konnten 66 Goldgulden bzw. entsprechend viele Silbermünzen (abhängig vom Wertverhältnis des Golds zum Silber) geprägt werden. Etymologisch hängt der Begriff mit dem Markieren oder Kennzeichnen eines Objekts zusammen. In den unterschiedlichen Formen der Mark, die in Deutschland als Währungseinheit in Umlauf waren, lebte diese alte Bezeichnung bis zum Ersatz der D-Mark durch den Euro weiter.

Lange Zeit benutzte man ebene polierte Metallflächen, meist von Silber, als Spiegel. Gläserne Spiegel mit einer Beschichtung aus Zinnamalgam (einer giftigen Legierung von Zinn und Quecksilber) wurden vermutlich im 15. Jh. in Venedig erfunden. 1688 erfand der Franzose Abraham Thevart ein Gussverfahren zur Herstellung großer Flachglasscheiben. 1843 erhielt der Engländer Thomas Drayton ein Patent auf die Versilberung von Flachglas mittels der Abscheidung von metallischem Silber aus einer Lösung von Silbersalzen. Justus von Liebig (1803–1873), der wohl berühmteste deutsche Chemiker des 19. Jh., hatte diese Methode bereits 1835 gefunden und publiziert, sie aber nicht als Verfahren zur Spiegelherstellung genutzt. Auf Anregung des Astronomen Carl August von Steinheil (1801–1870), der ein verbessertes Spiegelteleskop benötigte, entwickelte Liebig 1856 ein eigenes Verfahren. Damit ließen sich neben Teleskopen auch Christbaumkugeln herstellen, noch wichtiger war jedoch der Ersatz der mit Zinnamalgam beschichteten Spiegel. 1858 wurde die Produktion der neuen Spiegel aufgenommen, aber schon nach wenigen Jahren wieder eingestellt, da das Publikum sie nicht annahm (in den Quecksilberspiegeln sah man blasser aus, was damals als vornehm galt). Erst mit dem gesetzlichen Verbot der alten Spiegel anno 1886 konnte sich der Silberspiegel durchsetzen.


Ein goldener Florentiner aus dem 14. Jahrhundert. Der Begriff Floren oder Fiorino (dt. Florentiner) wurde zunächst für Goldmünzen verwendet und mit »fl« abgekürzt. Später wurde dieses Zeichen auch für den Gulden benutzt, eine Silbermünze, die ursprünglich auch eine Goldmünze war.

Eine besonders auffallende und dennoch die längste Zeit unbeachtete Eigenschaft von Silberverbindungen ist deren Lichtempfindlichkeit. Durch die Einwirkung sichtbaren Lichts werden Silbersalze gespalten und elementares Silber wird ausgeschieden. Wegen der Feinheit der Silberpartikel erscheinen diese nicht silberglänzend, sondern schwarz. 1727 fand der Hallenser Arzt und Naturforscher Johann Heinrich Schulze (1687–1744) heraus, dass die schon früher beobachtete Dunkelfärbung von Silberchlorid durch das Licht und nicht durch die Luft bewirkt wird. 1777 bewies der Chemiker und Apotheker Carl Wilhelm Scheele (1742–1786), dass die Dunkelfärbung durch elementares Silber zustande kam.

Die ersten Versuche, diese Eigenschaft des Silbers zur Abbildung von Objekten mittels »Photographie«, also »Lichtzeichnung« zu nutzen, unternahmen unabhängig voneinander die beiden Franzosen Joseph Nicéphore Niépce (1765–1833) und Louis Jacques Mandé Daguerre (1787–1851). Zunächst getrennt arbeitend, erzielten beide keine brauchbaren Ergebnisse. Niépce hatte schon 1814 begonnen mit dünnen Asphaltschichten auf Glas- und Metallplatten zu experimentieren. Asphalt ist das griechische Wort für Erdpech und beschreibt natürlich vorkommende schwarze, zähflüssige und brennbare Gemische von Kohlenwasserstoffen. Asphalt weist ebenfalls eine schwache Lichtempfindlichkeit auf, wenn er in dünner Schicht längere Zeit dem Sonnenlicht ausgesetzt wird. Niépce hatte diese Eigenschaft entdeckt und versucht, sie zum Abbilden von Kupferstichen zu nutzen. Daneben experimentierte er auch mit Silberplatten, die er mittels Joddämpfen lichtempfindlich machte (durch Bildung einer dünnen Schicht von Silberjodid, AgJ). Niépce starb 1833, ohne das Verfahren zur praktischen Reife geführt zu haben. Dies gelang Daguerre, der die Ideen Niépces zu einem praktikablen, wenn auch ziemlich aufwendigen und recht teuren Verfahren weiterentwickelte. Seine »Daguerrotypien« wurden berühmt und üben eine ganz eigene ästhetische Faszination aus.


Der Maler und Erfinder Louis Daguerre im Jahr 1844, Daguerreotypie von Jean-Baptiste Sabatier-Blot (1801–1881).


Steinheils Photo von der Münchner Frauenkirche anno 1839.

1839 kann man zu recht als Geburtsjahr der Fotografie bezeichnen, da in diesem Jahr nicht nur die Methode Daguerres bekannt wurde, sondern auch der Engländer Henry Fox Talbot (1800–1877) der Royal Society in London sein Verfahren der Fotografie auf Papier mittelte. Das Verfahren lieferte zwar zunächst weniger scharfe Abbildungen, hatte aber den enormen Vorteil, dass man die Bilder kopieren konnte. Der Papierfotografie gehörte die Zukunft und sie wurde zum wohl wichtigsten Verwendungszweck des Silbers, bis mit der Digitalfotografie ein vollkommen anderer Weg eingeschlagen wurde.

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