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Das Quecksilber

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Das Quecksilber ist das »klassische« Metall mit der kürzesten, aber auch eigenartigsten Geschichte. Seine erste gesicherte Erwähnung findet sich bei Aristoteles, der in seiner Schrift »De anima« berichtet, Daidalos, der legendäre Erbauer des kretischen Labyrinths, habe einer hölzernen Aphroditefigur durch Eingießen von Quecksilber »Bewegung« verliehen. Hinweise auf den Fund eines mit Quecksilber gefüllten Amuletts in einem ägyptischen Grab der 18. oder 19. Dynastie sind zweifelhaft. Als einziges Metall ist Quecksilber bei Raumtemperatur flüssig, sein Schmelzpunkt liegt bei −33,84 °C, sein Siedepunkt bei 356,5 °C. Es besitzt einen starken Metallglanz, der aber eher dem von Chrom als dem von Silber ähnelt. Auffallend ist auch sein sehr hohes spezifisches Gewicht von 13,59 g/cm3 – Blei schwimmt auf Quecksilber! Die für Metalle typischen Eigenschaften wie Glanz und Schwere einerseits, gepaart mit der völlig untypischen Flüssigkeit andererseits bewirkten, dass man nicht recht wusste, was von diesem seltsamen Stoff zu halten sei. Dazu kam der merkwürdige Umstand, dass ein als Zinnober bekannter roter Stein beim Erhitzen mit einem mäßig starken Feuer ohne weiteres Zutun Quecksilber abschied, umgekehrt aber Quecksilber bei langsamem Erhitzen auf etwas niedrigerer Temperatur auch wieder in ein rotes Produkt verwandelt werden konnte. Beim Zinnober handelt es sich um Quecksilbersulfid (HgS), das häufigste Quecksilbermineral. Das optisch zwar recht ähnliche rote Produkt hingegen ist aber die Verbindung des Quecksilbers mit Sauerstoff, das Quecksilberoxid (HgO). Erst im Mittelalter erkannte der Alchemist Geber latinus den Unterschied.

Schließlich besaß dieses seltsame Ding, das Zosimos von Panopolis, der erste historisch einigermaßen fassbare Alchemist, ratlos als »Metall und kein Metall« bezeichnete, eine weitere ganz besondere Eigenschaft: Es konnte sich nämlich mit Gold, Silber, Zinn und Blei ohne Weiteres zu besonderen Legierungen verbinden, die man »Amalgame« (griechisch: innig verbunden) nennt. Bei Gold und Silber ändert sich dabei das äußere Erscheinungsbild nicht, Goldamalgam sieht aus wie reines Gold, Silberamalgam wie Silber, solange nicht mehr als etwa ein Drittel des Gesamtgewichts des Amalgams aus Quecksilber besteht. Diese Tatsache verhalf dem Quecksilber zu einer herausragenden Rolle in der Alchemie, da sich die Idee entwickelte, Quecksilber sei so etwas wie eine Vorstufe der anderen Metalle, also eine Art Mutter- oder Urmetall.

Vermischt man Gold mit viel Quecksilber, erhält man ein flüssiges Amalgam, das sich mittels Pressen durch einen Lederbeutel von im Rohgold enthaltenen Verunreinigungen trennen lässt. Beim nachfolgenden Erhitzen verdampft das Quecksilber und das reine Gold bleibt zurück. Dieses Verfahren beschreibt schon Plinius in seiner »Naturgeschichte«. Er unterscheidet zwei Arten von Quecksilber, das bereits in der Natur gediegen vorkommende »argentum vivum« (lebendiges Silber) und das aus Zinnober gewonnene »hydrargyrum« (Wassersilber). Beide Namen leiten sich von der Eigenschaft des Quecksilbers her, sich leicht in kleine Kügelchen zu teilen, die rasch über jede Oberfläche rollen. Auch unser Name Quecksilber und die englische Bezeichnung »quicksilver« hängen damit zusammen. Hydrargyrum stand auch Pate für das chemische Symbol des Quecksilbers, Hg. Seine Beweglichkeit war auch der Grund für die Zuordnung des Quecksilbers zum Planeten Merkur, der als der sonnennächste auch die höchste Umlaufgeschwindigkeit besitzt. Der im Englischen häufiger als »quicksilver« verwendete Begriff »mercury« verweist darauf. Gleichbedeutend mit Merkur ist in der griechischen Mythologie Hermes, der Götterbote und Geleiter des Menschen ins Totenreich. Es ist bezeichnend und unterstreicht die Bedeutung des Quecksilbers für die Alchemie, dass ihr mythischer Gründungsvater den Namen Hermes Trismegistos (Hermes der Dreimalgrößte) trägt und die Alchemie ursprünglich die »Hermetische Kunst« (ars hermetica) hieß, ehe sie den Namen Alchemie bekam.


Die Bergstadt Idria in Slowenien, in der vom Ende des 15. bis ins 20. Jh. Quecksilber gefördert wurde. In der Bildmitte sind Förderanlagen zu sehen. Aus: Johann Weikard von Valvasor.

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