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Wie wir vermeiden und annehmen

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Wie Meister Eckhart sagt, müssen wir von allem loslassen, damit unsere Seele in „unbehindertem Nichtsein“ stehen kann. Welch unglaubliche Tiefe des spirituellen Bewusstseins zeigt sich in dieser Aussage! Doch dieses Bewusstsein kann auch das unsere sein. Zuerst sehen wir alles an uns selbst und um uns herum an und sagen: „All dies wird vergehen.“ Dann kontemplieren wir uns, ohne all das, woran wir haften, und sagen: „Ich möchte völlig unbelastet sein. Ich möchte rein gar nichts sein. Ich möchte in der vollen Herrlichkeit des Ja stehen.“

In unserer Kultur vermeiden wir es beflissentlich, uns die Wirklichkeit von Wandel und Tod vor Augen zu führen. Wir verhalten uns so, als wären wir nicht fähig, damit umzugehen. Doch wir sind mit einer natürlichen und verlässlichen inneren Technologie ausgestattet, mit Verlust und Vergänglichkeit umzugehen: Wir können trauern. Wenn wir nicht über unsere Gefühle hinweggehen oder sie betäuben, sind wir automatisch traurig, wütend oder ängstlich, wenn es zu einem Verlust kommt. Dies sind die Gefühle von Kummer, die uns dabei helfen, uns durch die unersprießlichen Tatsachen von Tod und Vergänglichkeit hindurchzuarbeiten. Wenn wir uns den Existenzbedingungen mit Gefühl stellen, dann kommt das Ja im Gewand des Trauerns daher. Die Tatsache, dass wir Kummer empfinden können, bedeutet, dass wir mit Verlusten und Vergänglichkeit umgehen und sie verkraften sollten. Unsere eigene Natur, wie auch die Natur als ganze, ist darauf kalibriert, mit dem Tod umzugehen, statt ihn zu verleugnen. Der Tod wird in der Tat jenen nicht fremd sein, die während ihres Erwachsenenlebens geübt haben, von ihrem Ego und dessen Verhaftungen abzulassen. Trauer, das Ja unter Tränen, ermöglicht es uns, die Wirklichkeit und ihre Bedingungen, einschließlich des Endes mit dem Tod, anzunehmen. Da jede der Gegebenheiten des Lebens einen Verlust repräsentiert, ist Trauerarbeit ein geschicktes Mittel, mit dem man ihnen allen begegnen kann. Wenn wir uns der gesellschaftlichen Verleugnung der Notwenigkeit von Trauerarbeit anschließen, verlieren wir unsere Chance, an dem, was uns das Leben bringt, zu wachsen. Es liegt an uns, jene Trauer zuzulassen, die die jeweiligen Lebensbedingungen erfordern. Es ist an uns, darauf zu vertrauen, dass Trauern genau der Weg zur Überwindung eines Verlustes ist und zum Fortschreiten zu dem, was als Nächstes kommt – das ist die Vorgehensweise der Evolution.

Durchleben wir zum Beispiel die Erfahrung, einen Partner oder eine Familienmitglied zu betrauern, so führt uns das dazu, den Menschen, den wir verloren haben, loszulassen. Der Kummer macht uns bereit, das Haften an der Vergangenheit schließlich aufzugeben und weiterzugehen, auf andere zu, die uns etwas Ähnliches bieten können wie das, was wir verloren haben. Wir werden keine neue Mutter bekommen, aber wir können mütterliche Momente bei anderen erfahren, die uns nähren und liebevoll umsorgen. Auf diese Weise fühlen wir uns nicht mehr allein und isoliert, sondern mit der Wirklichkeit ausgesöhnt und wieder mit anderen Menschen verbunden. Aussöhnung ist in der Tat die Fähigkeit, etwas anzunehmen, das dem Verlorenen nahe kommt. Es ist das Ja eines gesunden Kompromisses.

Fünf Dinge, die wir nicht ändern können und das Glück, das daraus entsteht

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