Читать книгу Das Fräulein von Scuderi von E.T.A. Hoffmann: Reclam Lektüreschlüssel XL - Eva-Maria Scholz - Страница 11

Sechster Abschnitt (S. 44, Z. 11 – S. 63, Z. 22)

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Der sechste Abschnitt beinhaltet Oliviers Erhellendes GesprächUnterredung mit dem Fräulein von Scuderi und enthüllt erneut Ereignisse aus der Vergangenheit, die sich mit den jüngsten Geschehnissen langsam zu einem Gesamtbild verknüpfen.

Olivier Brusson wird um Mitternacht schwer bewacht und heimlich zur Scuderi gebracht. Sofort fällt er vor ihr auf die Knie. Die Scuderi, zunächst distanziert und unfähig zu sprechen, entdeckt etwas Bekanntes in Oliviers Gesicht und wird ihm gegenüber wohlwollender. Olivier eröffnet ihr, der Gemeinsame VergangenheitSohn ihrer Ziehtochter Anne Guiot zu sein, den die Scuderi in seiner Kindheit oft bei sich hatte. In einem Rückblick werden nun die Umstände von Oliviers Leben erhellt. Da sein Vater, der Uhrmacher Claude Brusson, durch die Missgunst seiner Kollegen in Paris kaum noch Arbeit fand, zog die kleine Familie vor 23 Jahren nach Genf. Der Kontakt zur Scuderi brach bald darauf ab. Zurück in der Erzählgegenwart Oliviers Geschichteberichtet Olivier der Scuderi, was sich in der Zwischenzeit zugetragen hat. Die Hoffnung vom Neuanfang in Genf habe sich nicht erfüllt und es sei ein von Armut und Mangel geprägtes Leben gewesen. Dem Vater sei es dennoch gelungen, Olivier bei einem Goldschmied als Lehrling unterzubringen, kurz darauf seien er und seine Frau gestorben. Ein Fremder, der eines Tages in die Goldschmiedewerkstatt kommt und Oliviers Kunstfertigkeit erkennt, empfiehlt ihm, sich René Cardillac anzuschließen, »der freilich der erste Goldschmied ist, den es auf der Welt gibt« (S. 47). Olivier kehrt nach Paris zurück und überzeugt Cardillac, ihn als Gesellen anzustellen. Nach einigen Wochen lernt er Madelon kennen, es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch der Vater ist von dieser Liaison nicht begeistert und wirft Olivier hinaus. In der Hoffnung, Madelon heimlich sprechen zu können, drückt sich Olivier nachts vor Cardillacs Haus herum. Eines Nachts bemerkt er Licht in dessen Werkstatt, kurz darauf sieht er eine Gestalt durch eine Geheimtür in der Mauer kommen. Olivier verfolgt den Schatten und erkennt erschrocken, dass es sich um den Meister selbst handelt. Kurz darauf, noch immer im Dunkel der Nacht verborgen, wird Olivier Zeuge, wie Cardillac einen Mann erdolcht. Vor Schreck schreit er auf und Cardillac bemerkt ihn, flüchtet aber. Verzweifelt und verwirrt begibt Olivier sich nach Hause, wo er von Cardillac aufgesucht wird. Um sein Schweigen zu erreichen, schmeichelt er Olivier und will ihn wieder einstellen. Auch in die Verbindung zwischen Olivier und seiner Tochter willigt er ein. Trotz innerer Widerstände kehrt Olivier zu Cardillac zurück – um Madelons willen.

Die Scuderi ist erschüttert, als sie meint zu begreifen, dass Cardillac zu der berüchtigten Mordbande gehört habe, die Paris in Angst und Schrecken versetzt. Doch Olivier enthüllt ihr, dass es niemals eine solche Bande gegeben habe – Cardillac = JuwelenmörderCardillac alleine habe alle Überfälle verübt. Um Madelon zu schützen, die sehr an ihrem Vater gehangen habe, habe Olivier dessen Geheimnis bewahrt. Olivier berichtet weiter, wie Cardillac ihn eines Tages in seine seelischen Abgründe eingeweiht habe. Da Olivier nun Olivier als MitwisserMitwisser sei, so meinte Cardillac, könne er ihn auch nicht mehr verraten. Cardillac habe ihm von seinem »böse[n] Cardillacs »böser Stern«Stern« (S. 54) erzählt, den er auf ein vorgeburtliches Trauma zurückgeführt habe: Als seine Mutter mit ihm schwanger gewesen ist, sei sie auf einem Hoffest in den Bann einer Juwelenkette am Hals eines Kavaliers geraten. Fasziniert von den Steinen habe sie sich von ihm bezirzen lassen, doch als sie nach der Kette gegriffen habe, sei er tot zusammengebrochen und habe sie in starrer Umklammerung mit zu Boden gerissen. Von grausigem Entsetzen gepackt sei die Mutter sehr krank geworden, doch sei sie wieder genesen und ihr Baby sei gesund zur Welt gekommen. »Aber die Schrecken jenes fürchterlichen Augenblicks hatten mich getroffen. Mein böser Stern war aufgegangen« (S. 55). Cardillac habe, so berichtet Olivier, von einer angeborenen Besessenheit von Edelsteinen gesprochen, die sich nur durch grausame Züchtigung des Vaters vorübergehend unterdrücken lassen habe. Um den Objekten seiner Begierde nahe sein zu können, sei er Goldschmied geworden, doch schon bald habe der unterdrückte Trieb grausame Ausmaße angenommen. Eine innere Stimme habe ihm eingeflüstert, sich die von ihm gefertigten Schmuckstücke von den Auftraggebern wieder zu holen. So habe er sich zunächst auf die »Diebeskünste« (S. 56) verlegt, doch schon bald sei das nicht mehr genug gewesen – in seinem Innersten habe sich die Mordlust geregt. Das Geheimnis des kurz darauf gekauften Hauses – eine verborgene Tür, durch die man unentdeckt auf die Straße gelangen kann – habe ihm die Taten ermöglicht. Um Madelon nicht unter den Einfluss seines bösen Sterns geraten zu lassen, habe er Olivier das Versprechen abgenommen, die erbeuteten Juwelen an seinem Hochzeitstag zu vernichten.

Im weiteren Verlauf seines Berichts verbindet Olivier nun die losen Fäden der Handlung, so dass klar wird, in welchem Zusammenhang der Schmuck der Rolle der ScuderiScuderi mit Cardillacs Geschichte steht. Cardillac habe vom Ausspruch der Scuderi beim König gehört, der eine schärfere Verfolgung der Morde verhindert und ihm somit geholfen hat. Zum Dank und als Zeichen seiner Ehrfurcht wolle er ihr den schönsten Schmuck, den er je gefertigt habe, durch Olivier überbringen lassen. Dass er damit auch gleichzeitig Desgrais verhöhnte, sei ein zusätzlicher Bonus gewesen. Im Falle der Scuderi, meinte Cardillac, habe er keine Sorge, dass ihn Mordgedanken überfallen könnten, da sie, »mit solch hoher Tugend begabt, vor der der böse Stern kraftlos erbleiche« (S. 59), nicht in Gefahr sei. Olivier hingegen, von Kindheitserinnerungen übermannt, habe geplant, der Scuderi alles zu entdecken und sie um Hilfe zu bitten. Doch die Martiniere habe ein Gespräch der beiden verhindert (siehe S. 10 dieses Lektüreschlüssels). Entgegen Cardillacs Annahme sei der »böse Stern« (S. 59) stärker als seine Bewunderung für die Scuderi gewesen. Olivier habe die Scuderi in GefahrGefahr erkannt, in der sie sich befunden habe, und habe sie darum durch die Nachricht auf der Kutschfahrt gewarnt. Um die Scuderi zu schützen, die den Schmuck nicht, wie von ihm geraten, sofort zurückbrachte, habe er Cardillac in der Nacht verfolgt und sei Zeuge der Tötung CardillacsZeuge von dessen Tötung durch einen wehrhaften Offizier geworden. Der Rest der Geschehnisse der Todesnacht sei der Scuderi bereits bekannt, schließt Olivier seinen Bericht. Er gibt zu, Mitwisser gewesen zu sein, er selbst habe aber keine »Blutschuld« (S. 62) auf sich geladen. Um Madelon zu schützen, will er lieber für ein Verbrechen sterben, das er nicht begangen hat, als das düstere Geheimnis ihres Vaters zu verraten: »[M]ich wird die Geliebte meiner Seele beweinen als den unschuldig Gefallenen, die Zeit wird ihren Schmerz lindern, aber unüberwindlich würde der Jammer sein über des geliebten Vaters entsetzliche Taten der Hölle!« (S. 62) Nach einem emotionalen Wiedersehen mit Madelon wird Olivier zurück ins Gefängnis gebracht.

Das Fräulein von Scuderi von E.T.A. Hoffmann: Reclam Lektüreschlüssel XL

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