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VORWORT

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Dreissig Jahre habe ich meinen Wunsch mit mir herumgetragen, eine Zwingli-Biografie zu schreiben. Mein Arbeitszimmer hatte eine Archivecke mit mehreren Ordnern und 64 Schubladen, fein säuberlich nach Themen beschriftet. Im Sommer 2014 begann ich die Zwingli-Biografie zu schreiben, machte mich systematisch an die Materialien. Eine Schublade nach der anderen wurde verlebendigt.

Über Zwingli zu schreiben, entspringt meinem Anliegen, das seit 30 Jahren in der breiteren Öffentlichkeit immer wieder heraufbeschworene sogenannte Zwinglianismus-Syndrom zu korrigieren. Ich beabsichtige mit dem vorliegenden Buch, die Ungerechtigkeiten, mit der diese grosse geschichtliche Figur in der breiteren Öffentlichkeit abgetan wurde, als eine im damaligen Zeitgeist verankerte Modeerscheinung zu entlarven.

Ursprung meiner Geschichte mit dem Reformator Zwingli war das Zwingli-Porträt von Hans Asper und das Zwingli-Denkmal von Heinrich Natter. Gegen beide hatte sich mein Geist, meine Fantasie und meine Ästhetik immer und von Anfang an gewehrt. Was haben diese Herrschaften mit dem Reformator angestellt? Da beide – Porträt sowie Denkmal – meine Beschäftigung mit Zwingli stets befördert haben, konnte ich auch 30 Jahre auf meine Stunde warten.

An Zwingli interessiert mich vor allem das politische Individuum: der Humanist, seine bäuerliche Herkunft, seine Bildung, seine gewaltige Leistung, seine Philosophie, seine soziale Theologie, seine Bedeutung in der Zeit, seine Visionen, seine grundsätzliche Fortschrittlichkeit. Das religiöse Argumentarium bleibt mir eher fremd.

Bei Zwingli sind, wie bei keinem anderen Religionsführer, Politik und Religion, Humanismus und Christentum eng verbunden. Darin liegt meine Faszination für diesen Mann, der meine Stadt in etwa zwölf Jahren umgepflügt und verändert hat, der einen Geist geschaffen hat, der weit über seine eigene Zeit hinausreicht und der unser Leben bis heute prägt.

Ich lege das Schwergewicht des Buches auf seine Reformpolitik. Ich erzähle die äusseren Vorgänge und gebe einen Einblick in seine Sozialpolitik. Ich will die geschichtlichen Prozesse so plastisch wie möglich, so nachvollziehbar und so präzise wie es geht, schildern.

Über Zwingli gibt es fast ausschliesslich Bücher von Theologen und meist religiös ausgerichteten Historikern. Es sind jeweils mit ungezählten Fussnoten und grossen Textfeldern in Latein und in alter deutscher Sprache besetzte Bücher. Die vierbändige Biografie von Oskar Farner zum Beispiel (1943, 1946, 1954 und 1960 erschienen) ist über weite Strecken mühsam zu lesen, aber fruchtbar, wenn man sich darauf einlässt. Ich schreibe keine wissenschaftliche Publikation, vielmehr ein modernes Lesebuch, für alle verständlich. Zwingli und die Reformation verdienen, von der Allgemeinheit neu wahrgenommen zu werden.

Meiner Meinung nach ist Zwingli einer der bedeutendsten Schweizer unserer Geschichte. Ein überragender Kopf und ein grosser Theologe. Ein grosser Praktiker und ein ebenso grosser Theoretiker. Ein Kenner der griechischen und lateinischen, klassischen Literatur. Er war der erste gründliche Bibelkenner, während Geistliche der damaligen Zeit das Alte und das Neue Testament teilweise kaum kannten. Es ist lohnend, einen überragenden Menschen in seinem Wirken darzustellen, in seinem Reifeprozess im 16. Jahrhundert, im damaligen Gesellschaftsgefüge einer mit Hochspannung geladenen Zeit, die Verflechtung von subjektivem Wollen und objektivem Wirken klar verständlich zu machen.

Seit 30 Jahren ist kein Buch mehr erschienen, das Ulrich Zwinglis Leben in den Mittelpunkt stellt. Ich bin der Überzeugung, dass es dringend an der Zeit ist, Zwingli aus dem Kontext von Kulturfeindlichkeit und asketischer Rigorosität zu befreien.

Zwingli

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