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Heirat

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Wir setzten unseren Heiratstermin auf den 18.9.1986 fest. Unsere Trauzeugen würden Dieter`s Schwester Silvia und Claudio Kurz sein. Wir planten keine weisse Hochzeit und auch keine grosse Feier. Ich und auch Dieter fanden es angenehmer die Feier in einem unauffälligen, kleinen Rahmen zu gestalten. Grosses Tamtam und im Mittelpunkt stehen, war mir ein Gräuel. Ein jedes Kind bekam von Fischer`s zur Hochzeit, 5000 Franken geschenkt. Und weil wir das Geld lieber in unsere Wohnung investierten, als in eine Feier, fiel uns unsere Entscheidung noch einfacher. Wir gönnten uns dafür Flitterwochen in Südspanien, in Fischer`s Bungalow. Ein Kleid für das Standesamt zu finden gestaltete sich relativ einfach zu der Zeit, weil die Mode geeignet war um ein kleines Bäuchlein zu verdecken. Ich war in Blau-Weiss gekleidet und Dieter ganz in Weiss. Nach dem Standesamt luden wir unsere Eltern und unseren Trauzeugen ins Restaurant „Gübsensee“, zu einem feinen Essen ein. Mein Vater war nicht dabei, weil ich ihn weder informiert noch eingeladen hatte. Ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ich war so was von enttäuscht von ihm. Er war für mich kein Vater. Er fügte mir und meiner Mutter Leid zu. Damals, als er sein Bein gebrochen hatte und mit Stöcken durch die Gegend humpelte, hörte ich spätabends, wie er unsere jungen Kätzchen mit seinen Stöcken erschlug und sie in den brennenden Heizkessel warf. Das und manch anderes war zu viel für mich. Wir hatten keinerlei Beziehung zueinander. Heute weiss ich, dass das nicht allein seine Schuld war, doch damals sah ich das noch anders. Wir genossen am Gübsensee ein feines Essen in steifer Atmosphäre. Fischer`s luden uns alle zu sich nach Hause ein. Dort tranken wir Kaffee und Wein. Am Abend besuchten wir ein Dancing mit unseren wenigen Kollegen. Als wir genug hatten und das Dancing verliessen, holte Dieter mit Sara zusammen sein... entschuldige, unser Auto. Plötzlich umarmte mich Hansjörg von hinten und wollte mich küssen. Silvia war entsetzt und schrie ihn an, was ihm eigentlich einfalle!. Am nächsten Morgen schockten uns die Fotos, die Vater Fischer am Hochzeitstag von uns schoss. Fast allesamt waren verschwommen. Also stiegen wir nochmals in unsere Festkleidung und Claudio machte für uns die Erinnerungsfotos am Tag danach. Gott sei Dank filmte der liebe Claudio an unserem Hochzeitstag, somit waren wir wenigstens sicher auf Video festgehalten. Wir freuten uns auf unsere Flitterwochen in Spanien. Claudio war noch am Abend zuvor bei uns zu Hause und wollte nicht mehr gehen. Selbst den Wink mit dem Zaunpfahl wollte er nicht verstehen. Natürlich bemerkte ich, dass er meinetwegen so lange blieb, denn er war ein heimlicher Verehrer.

Als sich Dieter vor Monaten nach St.Gallen in Spitalaufenthalt begeben musste, wegen eines „Zwillings im Hintern“, fuhr mich Claudio jeweils hin und zurück. Ja, das gibt es! Aus Dieter wurden fast Zwillinge. Doch jener hat sich dann doch nicht entwickelt und die Überreste setzten sich nahe dem Steissbein ab. Das brachte plötzlich Beschwerden mit sich und musste entfernt werden. Ich weiss nicht, wie häufig so was vorkommt, doch im Spitalzimmer lag neben ihm ein junger Mann, der genau dasselbe Problem mit seinem Hinterteil hatte. Claudio genoss die Zeit sichtlich und lud mich zu sich nach Hause ein. Ein anderes Mal unternahmen wir einen Spaziergang am Bodensee.

Dieter ging zu Bett, verständlich, denn er hatte eine sehr lange Autofahrt vor sich. Claudio und ich plauderten noch lange in der Küche. Als wir einen Tag zuvor die Erinnerungsfotos nachstellten, wollte Claudio unbedingt mit mir zusammen aufs Foto, an Dieter`s Stelle. Wir machten uns einen Spass daraus und darum hatten wir nun auch ein Foto mit Claudio und mir. Claudio hegte die Idee, uns das falsche Foto zu senden um Dieter zu schockieren, weil er bestimmt denken wird, dass nun alle die Karte mit mir und Claudio, zugesandt bekamen. Aber er hatte dann doch nicht den Mut.

Seit einigen Wochen wohnte Marion bei uns, weil sie ihre Lehre bei Waldner beenden durfte. Das tägliche hin- und herfahren von Adliswil nach Gossau wäre zu mühsam gewesen, darum bot ich ihr an, für ein halbes Jahr bei uns zu wohnen. In unseren Flitterwochen genoss sie unsere Wohnung für sich allein. Claudio versprach ein Auge auf sie und im speziellen auf unsere Wohnung zu haben, während wir Spanien genossen.

Wir hatten die Bungalowtür abgeschliffen und frisch gebeizt und somit unsere Arbeit fürs gratis Wohnen geleistet. Dafür liessen wir den Pool im unteren Bungalow einlaufen, obwohl wir dies nicht durften. Wir waren der Meinung das ein unbenutzter Pool, ein nutzloser Pool war. Wir erlebten eine schöne Zeit im Süden Spaniens. Drei Tage vor Ablauf unserer Ferienzeit entdeckten wir in einem Laden in Torreviecha ein Steintischchen mit einer dazugehörenden Tischlampe, aus demselben Material. Der Sockel des Tischchens bestand aus einem steinernen Elefanten. Da unsere finanziellen Mittel begrenzt waren und genau berechnet, hatten wir die Wahl zwischen diesem Prunkstück oder drei weiteren Tage Ferien. Wir entschieden uns für das bleibende Stück und fuhren dafür Stunden später nach Hause. Als wir zu Hause ankamen, erfuhren wir von meiner Mutter, dass Marion und Claudio nun ein Paar seien. Ich konnte es zuerst fast nicht glauben, weil sie immer so mies von ihm sprach. Monate darauf heirateten sie, weil sie ebenfalls ein Kind erwarteten. Der Kontakt mit ihr brach ab.

Im siebten Schwangerschaftsmonat hatte ich plötzlich Probleme mit dem Wasserlassen und hatte immerzu das Gefühl, ich müsse dringend aufs WC, doch kaum sass ich auf der Schüssel, ging gar nichts mehr. Dieses Gefühl machte mich total fertig. Als dann noch Fieber hinzukam, ging ich besorgt zum Arzt. Der diagnostizierte eine Nierenbeckenentzündung. Ich bekam sofort Bettruhe und jene Tabletten verschrieben. Ich lag da, ganz ruhig in unserem Bett, aber mein Puls und Herzschlag fühlte sich an, als wäre ich am Joggen. Als es mir dann endlich wieder besser ging, aber noch nicht gut, ging ich auf Drängen von Waldner, trotzdem arbeiten. Das hatte zum Glück keine Folgen und ich wurde wieder gesund. Der Geburtstermin von unserem Baby war vom Arzt auf Anfang März berechnet worden. Am Ende des achten Schwangerschaftsmonats hörte ich auf zu arbeiten und genoss die letzten vier Wochen zu Hause. Wir hatten uns eine Polstergruppe in Grau gekauft, geprickelt mit ganz dezenten Regenbogenfarben, so fein, dass man sie aus der Distanz nicht wahrnahm. Eine Art Wohnwand ersteigerten wir im Brockenhaus. Unser schwarzes Bett kauften wir uns in einem Möbelfachgeschäft in St.Gallen. Einen weissen Spiegelschrank mit Lamellen, posteten wir bei Lipo-Möbel in Schwarzenbach bei Wil, so wie auch unsere weissen Salontische. So allmählich liess es sich wohnen. Für unser Baby bekamen wir den rosa Stubenwagen, in dem ich schon lag. Es war ein kleines Unterfangen, ihn wieder aufzutreiben. Als Wickeltisch verwendete ich einen alten weissen Tisch, den ich von Grossmutter bekam und baute ihn notdürftig um. Mein Hausarzt wohnte in St. Peterzell. Ich kannte ihn von einer früheren Konsultation her. Ich konnte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ein vollkommenes Baby in meinem Bauch heranwuchs, einfach unglaublich! Und weil mein Arzt mich zu keiner Ultraschalluntersuchung anmeldete, blieb das Gefühl bis zur Geburt. Ich fragte meine Mutter, ob ich einen so genannten Schwangerschaftskurs besuchen sollte, mit Turn- und Atmungsübungen. Sie meinte, dass sei nicht vonnöten, schliesslich gebären jeden Tag eine Menge Frauen ihre Kinder. Das leuchtete mir ein und ich kam zum Schluss, dass ich dieses Modezeug nicht brauchte. Dann war es soweit. In der Nacht vom zweiten auf den dritten März bekam ich Wehen. Stunden später wurde es mir zu heftig und ich weckte Dieter, der friedlich neben mir schlief. Wir fuhren zum Spital nach Herisau. Eine Hebamme begrüsste mich mit einem Einlauf, der etwas unangenehm und ungewohnt war, aber gar nicht schlimm. Danach kam eine aufgestellte junge Appenzellerin, die mich untersuchte und fand, das gäbe eine schöne Geburt, was das auch immer für mich oder das Kind bedeuten mochte. Die Wehen wurden weniger und sie riet uns, wir sollen nochmals nach Hause gehen und abwarten. Wieder zu Hause, lag ich auf dem Sofa und wartete. Ich getraute mich nichts zu essen, weil ich keinesfalls wollte, dass während der Geburt etwas unkontrolliert entweichen würde. Ich lag da und hatte regelmässig Wehen in angenehmer und noch gut auszuhaltender Stärke. Ich dachte mir, wenn das so bleiben würde, wäre es erträglich. Nun habe ich eine Gedächtnislücke und weiss nicht mehr wie es weiterging. Ich weiss nur noch, dass wir auf Rat der Hebamme im Säntispark spazieren waren, dort musste ich mich immer wieder am Geländer festhalten, als jeweils eine Welle kam. Irgendwann befanden wir uns wieder im Spital und es quälten mich die ganze Nacht über die Wehen. Ich war hundemüde und erschöpft. Ich hätte so gerne etwas geschlafen. Eine ältere Hebamme gab mir in dieser Nacht ein Mittel, damit ich ein wenig schlafen könnte, doch es half nichts. Dieter verbrachte jene Nacht zu Hause in unserem Bett und kam am Morgen wieder. Mittlerweile hatte ich die Schnauze so richtig voll und wollte das alles nicht mehr mitmachen. Am liebsten wollte ich aus der Sache aussteigen. Ich wusste nicht, was mit mir passierte. Die Schmerzen wurden immer heftiger und ich gab meinem Unmut Ausdruck. Die Appenzellerin nahm ihren Dienst wieder auf und scheinbar hatte sie alle Hände voll zu tun. Da war noch eine Frau, die bald soweit war. Ich kam mir vor wie weggestellt, allein gelassen in einer Besenkammer und es überkam mich eine Angst. Ich hätte alles darum gegeben, meinen Schmerzen zu entrinnen, meinen Körper zu verlassen, wenn auch nur für einige Minuten! Nicht einmal die Wehenpausen konnte ich geniessen. Es war einfach nur schrecklich. Dieter fühlte sich sichtlich hilflos. Die Hebamme bot ihm ein Morgenessen an, was er freudig annahm. Ich hätte ihn erwürgen können, wie er so da sass und genüsslich ass. Stunden später wurde mir schlecht, mich würgte es regelrecht und dann kam ein wahnsinniger Wunsch auf, pressen zu wollen. Die Hebamme schaute nach und sagte ich dürfe ab den kommenden Wehen pressen. Ich kann nur sagen, dass tat so gut! Das war die beste Phase der Geburt, denn ich konnte durch das Pressen den Schmerz wegdrücken. Es kam ein Arzt und die Hebamme sagte zu mir, dass sie bei der nächste Wehe den Dammschnitt machen würde und betonte, ich würde es nicht spüren. Ich hatte schon so viel gelitten, ich war auf alles gefasst. Dann spürte ich einen brennenden Schmerz. Der Arzt meinte es sei zu wenig, sie müsse nochmals. Bei der nächsten schnitt sie nochmals, doch dann nahm der Arzt ihr die Schere aus der Hand und schnitt bei der nächsten Presswehe gleich selbst. Ich armes Versuchskaninchen, oder nicht?! Nun konnte ich den Kopf spüren und langte auch gleich hin um zu fühlen und fragte, ob es Haare habe. Die Hebamme bestätigte und meinte im Scherz, auch wenn es keine hätte würden wir es doch wohl nicht wieder hinein schieben, oder? Der Kopf war geboren und der restliche Körper war ein Hauch dagegen. Es war ein Junge! Ich kann nur schwer beschreiben, wie ich mich fühlte. In erster Linie war ich wahrlich erleichtert, frei, befreit von den unglaublichen Qualen. Eine Geburt ist etwas gewalttätiges! Wir nannten unser Kind „Cyrill Ralf Fischer“. Geboren an einem Mittwoch, den 4. März `87. Nun waren wir Eltern und das zu realisieren geht länger als fünf Minuten. Der süsse Kleine hatte so viele Härchen und ich fand er glich dem Dieter sehr. Ich kontrollierte instinktiv, ob er auch je fünf Fingerchen und Zehen besass. Ich bewunderte das Wunder! Abends, als der Besuch jeweils kam, ging Dieter mit ihnen danach etwas Trinken, wie gerne wäre ich auch mitgegangen. Am Wochenende verliessen wir für eine halbe Stunde oder Stunde das Spital und fuhren kurz in unsere Wohnung. Als ich das Spital verliess und die frische Frühlingsluft einatmete, kam mir das ganz seltsam rüber. Ich hatte das Gefühl, dass die Zeit vom Eintritt bis zu diesem kurzen Ausflug mindestens einen Monat betrug. Ich erlebte in diesen Tagen so viel! Mein Leben hat sich auf einen Schlag verändert. Erst zu Hause in der Wohnung habe ich so richtig realisiert, dass wir nun Eltern waren. Ein schönes und neues Gefühl der Verantwortung. Wieder im Spital, im so genannten Wochenbett, war ich weit aus die Jüngste in unserem Zimmer und auf der Station. Nicht das mich das überrascht hätte, es wurde mir nur etwas bewusster. Wir teilten das Zimmer mit einer jungen Frau, die oft telefonierte und in jedem Gespräch erwähnte sie, wie sie doch die Geburt genossen habe. Ich konnte es nicht nachvollziehen, nicht mit der Erfahrung, die ich machte. Eine andere Zimmerkollegin, die über vierzig war, hatte Probleme mit ihrer Gebärmutter, die sich nicht so recht zurückbilden wollte. Wie ich mitbekam, litt sie unter heftigen Schmerzen. Als die Muttermilch einschoss bekam ich einen noch grösseren Busen und wir Mütter betrachteten uns stolz vor dem Spiegel und amüsierten uns köstlich. Das Stillen machte mir keine Freude, weil es zunehmend mit Schmerzen verbunden war. Es tut weh, wenn man an einer entzündeten Brustwarze „suggelt“, aua! Die Milch staute sich und das äusserte sich in schmerzhaften Knöllchen in der Brüsten. Die Krankenschwester auf der Station massierte sie weg, doch das tat extrem weh! Der Kinderarzt kam um die Neugeborenen zu untersuchen. Damit diese Reihenuntersuchung zügig voran schreiten konnte, mussten wir unsere Babys etappenweise schon mal ausziehen. Cyrill lag nackt in ein Tuch gewickelt vor mir auf einem Wickeltisch. Plötzlich „brünzelte“ er und dann musste er gross aber ganz dünn. Ich wechselte fortlaufend die Tüchlein, weil da immer wieder was auslief. Als die Stationsschwester in den Raum kam, gab Cyrill gerade wieder ein wenig vom Darminhalt preis. Die Frau schimpfte mit ihm und sagte: „Du bist vielleicht ein Grüsel.“ Obwohl es bestimmt nur so dahin gesagt war, verletzte mich diese Aussage zutiefst. Cyrill wurde vom Arzt untersucht und alles war soweit in Ordnung.

Das Schwangerschaftsturnen machte Spass und ich nahm mir vor das zu Hause weiterzuführen. Ich war ziemlich genau sieben Tage im Spital, was damals ganz normal war.

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