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3.2 koinonia: Missionarische Jugendarbeit schafft Räume für Beziehung und Gemeinschaft

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Die zweite Dimension missionarischer Jugendarbeit koinonia (κοινωνία) bedeutet soviel wie Gemeinschaft durch Teilhabe und fokussiert all jene Bestrebungen, die Räume und Settings schaffen, in denen Beziehung gestaltet und Gemeinschaft erfahrbar werden. Die Gemeinschaft einer Gruppe bzw. das Beziehungsnetzwerk innerhalb einer solchen stellt für viele Jugendlichen den zentralen Wert von Jugendarbeit dar. Zu diesem Ergebnis kam die Studie „Jugendliche als Akteure im Verband“ der Arbeitsgemeinschaft evangelischer Jugend (aej) für den Bereich der dort organisierten Verbände (vgl. Fauser/Fischer/Münchmeier 2006). Dies entspricht zutiefst den entwicklungspsychologischen Bedürfnissen Jugendlicher.

Auch wenn vielerorts ein Rückgang der „klassischen Jugendgruppe“ empfunden wird, suchen Jugendliche Gemeinschafts- und Beziehungserfahrungen und kommen nach wie vor zu den Angeboten missionarischer Jugendarbeit, denen es gelingen muss, diesem Bedürfnis mit attraktiven Formen der Vergemeinschaftung zu begegnen (vgl. Fauser 2008). Und auch hier korrespondiert ein pädagogisches Interesse mit der Intention des Evangeliums. Auch wenn die frohe Botschaft sich zunächst an den Einzelnen richtet, vollzieht sie sich immer in Gemeinschaft bzw. zielt auf diese ab. Der Glaube an Jesus Christus macht aus vormals Fremden eine Gemeinschaft der Glaubenden, also Kirche, die sich dann, neben der globalen Dimension, in örtlichen Gemeinden und Gruppen manifestiert. Kommunikation des Evangeliums geschieht eben auch durch Zugehörigkeit, Annahme und Beziehung (Zimmermann 2014: 152 ff.). Dabei sind folgende Aspekte für die Praxis missionarischer Jugendarbeit zentral:

1 1) Erleben von Offenheit und AnerkennungDie Angebote missionarischer Jugendarbeit sollten sich dadurch auszeichnen, dass sie generell offen sind und junge Menschen, die sich dafür interessieren, dort Anerkennung in unterschiedlicher Weise erfahren (Zimmermannn, 2014). Die Spannung liegt darin, einerseits Gemeinschaftserfahrungen zu ermöglichen, die einen geschützten Raum bieten, andererseits auf Barrieren und Exklusion zu verzichten, indem u. a. niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten eröffnet werden. Denn die Erfahrung, ausgeschlossen zu sein, lässt sich mit der Botschaft des Evangeliums nicht vereinbaren.

2 2) Verbindlichkeit ohne EngeÜber Jahrzehnte war missionarische Jugendarbeit von langfristigen, teilweise jahrelangen verbindlichen Gruppenstrukturen gekennzeichnet. Der Teen- oder Jugendkreis war für viele Gemeinden und Gemeinschaften die Keimzelle und das Zentrum der Jugendarbeit. Die Stärke dieser Gruppen lag und liegt vor allem in der Verlässlichkeit und der Verbindlichkeit der Gruppenbeziehung. Jugendliche erfahren in solchen Strukturen, dass konkrete Werte (hier sei auf die Stimmigkeit zum Inhalt der Verkündigung hingewiesen) gelebt werden, und erfahren so Halt und Orientierung. Missionarische Jugendarbeit muss darauf hinwirken, dass die durch sie gebildeten Gemeinschaften nicht nur Zweckgemeinschaften sind, sondern für Jugendliche einen geschützten Raum zur Persönlichkeits- und Glaubensentwicklung bieten. Diese Erfahrungen können auch in kurzfristigen, aber intensiven Gruppenerfahrungen (z. B. auf Freizeiten und in Projekten) oder in loseren Zusammenhängen etabliert werden.

3 3) Leben verbindlicher (seelsorgerlicher) BeziehungenWie in Kap. 2.5 entfaltet, gehört die Beziehungsarbeit zum Wesen missionarischer Jugendarbeit. In der festen Überzeugung, dass Glaube und Persönlichkeit sich dialogisch entwickeln, brauchen junge Menschen Gegenüber, mit denen sie an ihren Lebensfragen arbeiten können. Diese Gegenüber können sowohl Peers, aber auch Ehren- und Hauptamtliche sein, die sich als Gesprächspartner zur Verfügung stellen. Seelsorge im weitesten Sinne spielt für missionarische Jugendarbeit eine große Rolle. So bietet der Jugendverband „Entschieden für Christus“ (EC) zahlreiche seelsorgerliche Angebote an und bildet Ehrenamtliche für diesen Bereich aus (www.ec-seelsorge.de).

Zentral ist in allen Fällen die Authentizität der Beziehung. Auch wenn Beziehung ein Medium der Evangeliumsverkündigung sein kann, darf sie nicht als Zweck für diese vereinnahmt werden. Beziehung ist in allererster Linie Beziehung und kann als solche Evangelium bezeugen und zur Sprache bringen. „Dazu gehören Konzepte der Freundschaftsevangelisation, die auf absichtslose Freundschaftsbeziehungen setzt und dabei den eigenen Glauben ins Spiel bringt“ (Corsa/Freitag 2008: 201).

Eine besonders intensive Gemeinschaftserfahrung bieten Angebote des gemeinschaftlichen Lebens, die zunehmend in missionarischer Jugendarbeit gemacht werden. Beispielsweise können Jugendlichen in sog. „Wochen des gemeinsamen Lebens“ mitten in ihrem Alltag verbindliche Gemeinschaft und geistliches Leben erfahren, indem sie für einen begrenzten Zeitraum gemeinsam z. B. im Gemeindehaus oder einer Privatwohnung leben. Aber auch für langfristige Formen solcher Gemeinschaft gibt es Angebote. Viele Träger bieten jungen Menschen in sog. Jahresteams eine, meist über ein Jahr, langfristigere Möglichkeit, christliche (Lebens-)Gemeinschaft zu erfahren. Beispiele dafür sind das JUMP-Team des CVJM-Baden, bei dem ein Jahresteam sportmissionarische Akzente in Gemeinden und Jugendarbeiten setzen soll,6 oder das Konzept von dem Jahresteam des Wörnesberger Anker, welches inhaltliche und organisatorische Aufgaben des christlichen Lebens- und Schulungszentrums übernimmt.7 Besonders sei auf das Konzept „Y-Home“ des CVJM Nürnberg hingewiesen: Hier können bis zu elf minderjährige Flüchtlinge gemeinsam mit ehrenamtlich Mitarbeitenden im CVJM-Haus wohnen und neben der im Vordergrund stehenden Hilfe zur Stabilisierung und Förderung zu einem selbstständigen Leben christliche Gemeinschaft erfahren.8

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