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1.5.2 Sozial- und Kulturwelt

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Die Wirklichkeitsbereiche Erwachsener sind die Sozial- und Kulturwelt. In diesen Welten werden die Dinge zu Erfahrungsgegenständen. Zusammen mit den Einstellungen, der Wachheit und Bewusstseinsspannung erkannte Schütz Strukturmerkmale im lebensweltlichen Denken. Die Wirklichkeit finden die Erwachsenen als selbstverständlich und gegeben vor. In diesen Bereich können sie eingreifen, sich mit Mitmenschen verständigen und eine gemeinsame kommunikative Umwelt bilden. Sachverhalte werden nicht hinterfragt, wenn sie unproblematisch erscheinen. Die Menschen gehen davon aus, dass die Grundstruktur der Wirklichkeit für alle eine gemeinsame ist (Schütz & Luckmann 2017).

Dass in der eigenen Lebenswelt auch andere Menschen existieren, als Gegenstände oder im Bewusstsein, nehmen die Menschen als intersubjektive Lebenswelt gegeben. Vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Interpretationsrahmens und der prinzipiell gleichen Betrachtungsweise von Gegenständen der äußeren Umwelt, erfahren die Menschen das Erleben anderer (Schütz & Luckmann 2017).

Die Sozialwelt ist ein wichtiges Element der sozialen Beziehungen. Für die Analyse untergliederte Schütz die Sozialwelt, neben der zeitlichen Dimension, in Umwelt, Mitwelt und Vorwelt. Im Bereich der Umwelt können wir als Mitmenschen interagieren (unmittelbare Beziehung). Hier besteht auch die größte Chance für die Erfassung eines gemeinsamen Sinns des Denkens und Handelns. Die Mitwelt beschreibt die Interaktion als Nebenmensch (mittelbare Beziehung). In der Vorwelt ist der Sinn des Handelns noch nicht erkennbar. Betrachten wir die soziale Differenzierung Intimität und Anonymität, sehen wir einen wichtigen Aspekt der subjektiven Erfahrung in der Lebenswelt, wenn wir z. B. von der Heimat und von den Fremden sprechen. Die Abstufungen können auch in Reichweiten unterteilt werden – aktuell, wiederherstellbar und erlangbar (Schütz & Luckmann 2017). »So bestehen zum Beispiel spezifische, mehr oder minder hohe Chancen der Wiederherstellbarkeit einer freundschaftlichen Beziehung zu einem Jugendfreund, den ich lange nicht gesehen habe.« (Schütz & Luckmann 2017, S. 76)

Geht die Pflegebeziehung von einem gemeinsamen Interpretationsrahmen aus, dann entsteht eine Wirklichkeit, die als selbstverständlich und gegeben angesehen und deshalb nicht hinterfragt wird. Dies ist nicht immer unproblematisch. Weil die Reichweiten innerhalb der Sozialwelt nicht immer kongruent und die Biographien der Menschen andere sind, variiert die Auslegung der Ereignisse. Die Lebenswelten und damit die Wirklichkeiten der Pflegefachpersonen und der erkrankten Menschen divergieren. Die Diskrepanz zwischen einer angenommenen gemeinsam geteilten Wirklichkeit und der durch individuelle Auslegung entstandenen Wirklichkeit benötigt eine Erklärung dafür, wie das intersubjektive Verstehen im Pflege-Klienten-Geschehen möglich ist.

Verstehen in der Psychiatrischen Pflege

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