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Der geheimnisvolle dritte Kontinent

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Integration in die Welt des Islam

Im Gegensatz zu Europa war Afrika im Mittelalter niemals bis an all seine Grenzen durchdrungen und der Oikumene einbezogen. Die Sahara zwischen Atlantik und Rotem Meer trennte den Kontinent in zwei Teile, wenn sie auch den Verkehr zwischen Mittelmeer- und Sahelzone gerade nicht unterband. Erst in der Savanne und dem „Land der Schwarzen“ (Sudan) enden im Allgemeinen unsere Kenntnisse, während weiterreichende Verbindungen nach Süden kaum einmal erhellt werden. Da zudem Afrikas Küsten abweisend und die Flüsse wegen ihrer Sandbänke und Stromschnellen oft nicht befahrbar sind, blieben für die Europäer der Zugang auf dem Wasser oder gar die Umfahrung des Ganzen kaum lösbare Aufgaben. Neben der Geographie hat die Geschichte Afrikas im Mittelalter vor allem der Erfolg des Islam bestimmt, der sich seit dem 7. Jahrhundert zuerst im Norden auf Kosten des antiken Christentums durchsetzte und sich dann mit dem Saharatransit ins Innere des Kontinents verbreitete. Trotz mancher Beziehungen zu Europa, vor allem über Spanien und das östliche Mittelmeer, war Afrika in die Welt des Islam so integriert, dass es an der alles bestimmenden West-Ost-Verbindung der mittelalterlichen Menschheit partizipierte; zu dieser Orientierung trug auch der Handel zwischen der ostafrikanischen Küste mit Indien und China bei.

Erkundung der Wüstenstraßen

Das Begehren der Fremden wurde von jeher durch Gold und Sklaven aus Afrika geweckt. Die Eroberung des Maghreb veranlasste die Araber, sogleich die Wüstenstraßen auf der Suche nach den wertvollen Gütern zu erkunden. Von Marokko aus erbeuteten die Omaijaden 734 bei einem Feldzug in den Sudan riesige Mengen an Gold sowie Sklaven und legten danach auf ihren Routen systematisch Brunnen an, um Razzien regelmäßig durchführen zu können. Seit derselben Zeit belieferte die Stammeskonföderation Kanem am Tschadsee die islamischen Staaten aus Mangel an Gold nur mit Sklaven aus der Savanne und kaufte für die Erlöse Pferde, die wiederum den Sklavenraub erleichterten. Der eigentliche Handel lag bei den nomadischen Wüstenvölkern selbst, in Westafrika besonders bei den Mauren und den Tuareg, die sich in weitgreifenden Netzwerken organisierten. Obwohl eine Karawanenstraße durch die Sahara wegen prähistorischer Wandmalereien als „Straße der Wagen“ bezeichnet wird, wurden im Mittelalter fast nur Tiere für den Lastentransport eingesetzt – das Kamel in der Wüste, weiter südlich der Esel –, bevor die Verbreitung der Tsetsefliege die Umverteilung der Lasten auf Menschen erforderte.

Die Infrastruktur des Handels – die Unterhaltung der Wege und Wasserstellen, die Einrichtung von Märkten und die Gewährung der Sicherheit für die Kaufleute – bedeutete in Afrika so viel, dass ihre Bewältigung geradezu staatenbildend war. Allerdings beruhte die politische Ordnung auf Herrschaft über Menschen, nicht über ein geschlossenes Territorium, wenn sie sich in diesem dünn besiedelten Kontinent nicht überhaupt in Stammesbünden und Siedlungsgemeinschaften erschöpfte. Die Fluidität der Verhältnisse zeigte sich selbst bei den Ackerbauern; da es genügend Land gab, zogen diese weiter, sobald der ungedüngte Boden erschöpft war. Demgegenüber verlangte der Fernhandel mit Gold, Menschen und Salz stabile Verkehrswege, die durch hegemoniale Mächte kontrolliert wurden. Bezeichnenderweise wurden diese in der Überlieferung erst seit dem 9./10. Jahrhundert greifbar, als sich bei den Arabern nach den Eroberern und Herrschern auch die Geschichtsschreiber und Geographen für die Schätze Afrikas interessierten.

Die drei ältesten „Reiche“ Westafrikas

Die drei ältesten „Reiche“ Westafrikas lagen am Ausgang der Saharastraßen: Ghana, das „Land des Goldes“, am südlichen Ende der Karawanenroute, die auf Fès (Fez) in Marokko zulief, Mali zwischen Atlantik und Nigerbogen, das sich schon mehr nach Osten orientierte und im 14. Jahrhundert jährlich 12.000 Lastkamele nach Kairo geschickt haben soll, und Songhai, das um 1400 an Malis Stelle trat und auf die Karawanenstraße von Gao nach Tripolis sowie weiter nach Ägypten und Arabien ausgerichtet war. Wie der innerafrikanische Güteraustausch mit dem Fernhandel verknüpft war, zeigt sich sehr gut bei Ghana nördlich von Bamako. Aus der Sahara brachten die Tuareg hierher das in den Bergwerken gewonnene Salz in großen Blöcken; ihre Karawanen konnten mit ihren Zehntausenden von Kamelen 25 Kilometer lang sein. Die Händler kauften dafür Getreide, Gold und Sklaven. Das Gold kam aus Bambuk etwas südlich von Ghana; als Gegenwert des Salzes erwarb man aber auch Sklaven, die für die mörderische Arbeit in den Salzbergwerken von Idjil, Taghaza oder Taudeni in der Sahara gebraucht wurden.

Ghana, das subsaharische „Land des Goldes“

Ghana war so reich an Gold, dass man dies nach dem Wort eines arabischen Reisenden bei Sonnenaufgang wie Rüben aus der Erde zog. Von hier und den anderen afrikanischen Fundstätten konnte bis zur Entdeckung Amerikas die gesamte Mittelmeerwelt beliefert werden. Der Ruhm Ghanas verbreitete sich bis an den Kalifenhof von Córdoba, wo man von den prächtigen Palästen, den Steinhäusern der Wohnviertel und den aufgemauerten Brunnen schwärmte, mit denen die Bauern der Umgebung ihre Felder bewässerten. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts hielt ein Chronist den Herrscher von Ghana, der das Monopol des Außenhandels innehatte, schon für den reichsten König der Erde. Allerdings machten ihm Berber die Kontrolle über die Karawanenstraßen streitig. Als gegen Ende des 11. Jahrhunderts eine zunehmende Dürre den Menschen zusetzte, begann Mali an Ghanas Stelle zu treten; für dieses Reich wurde die Goldgräberstätte in Buré im Quellbereich des Niger wichtiger. Der Herrscher Mansa Musa pilgerte 1324 nach Mekka über Kairo und entfaltete dabei einen sagenhaften Prunk. Jedem Bediensteten des Sultans schenkte er eine bestimmte Menge Gold, in Mekka selbst spendete er mehr als 20.000 Stücke davon als Almosen. Auch venezianische Kaufleute waren fasziniert.

Während des 10. Jahrhunderts hatten die meisten handeltreibenden Wüstenvölker in Westafrika wohl den Islam angenommen, und Kaufleute machten die neue Religion weiter bekannt. Um die Jahrtausendwende traten die Herrscher von Mali und Gao über, dann folgten Takrur (vor 1040) und Kanem (um 1067), während sich Ghana wohl erst unter dem Druck der eifernden Murabit in Mauretanien (in Spanien: „Almoraviden“) dem Sunnitentum zuwandten. Später, wohl erst im 14. Jahrhundert, gelangte der Islam ins Reich der Kano zwischen Niger und Tschadsee, das Araber und später auch Türken mit den äußerst begehrten Hausasklaven versorgte; im Laufe der Jahrhunderte sollen es rund zwei Millionen Schwarze gewesen sein. Umgekehrt generierte der Religionswechsel einen tiefgreifenden kulturellen Wandel, mindestens bei den Kaufleuten und an den Höfen, während die einfache Bevölkerung oft resistent war und an ihren indigenen Riten festhielt. Um 1067/1068 bezeugt al-Bakri, dass es in Ghana schon ein eigenes Stadtviertel mit muslimischen Gelehrten und zwölf Moscheen gegeben habe. Für Ibn Battuta war die Hauptstadt von Mali sogar der Treffpunkt dreier Kulturen, der sudanesischen, der ägyptischen und der des Maghreb, deren Protagonisten sich mit der Barbarei ohrringtragender Menschenfresser auseinanderzusetzen hatten. Aus allen Himmelsrichtungen kämen Karawanen nach Timbuktu, die Reisenden hätten nirgends Überfälle oder andere Gewalttaten zu befürchten. Nach der Eroberung der Stadt durch Ali den Großen von Songhai 1468 bekämpfte dieser zwar den Islam, warf die Gelehrten ins Gefängnis und führte Kriege gegen verschiedene muslimische Stämme; aber sein Nachfolger Askiya Muhammad begründete eine glanzvolle muslimische Dynastie. Askiya selbst rief die Gelehrten nach Timbuktu und der Goldstadt Djenné zurück; einige von diesen begleiteten ihn, als er 1497 eine Wallfahrt, ausgestattet mit 300.000 Goldstücken, nach Mekka unternahm. In Timbuktu waren bald handgeschriebene Bücher die am meisten gesuchte Handelsware. Leo Africanus, der um 1526 eine »Beschreibung Afrikas« in italienischer Sprache verfasste, will wissen, dass sich dort Bücher so gut verkauften, „dass man aus diesem Handel mehr Gewinn zieht als aus irgendeiner anderen Ware“.

Keine islamische Dominanz im Osten

Im östlichen Afrika herrschte der Islam nicht so eindeutig wie im Westen. Nach dem Untergang des meroitischen Königreiches schufen Nubier im Niltal drei Königreiche, denen im 5. Jahrhundert ägyptische Kaufleute das monophysitische Christentum brachten. Sie behielten es fast tausend Jahre bei, obschon die nubischen Goldminen schon 878 arabische Banden angelockt hatten. Auch das alte Reich von Aksum nahm das Christentum an; seine Hauptstadt war von jeher Umschlagplatz von Waren aus dem Hinterland, darunter besonders Elfenbein, und von Fernhandelsgütern, die über den Hafen Adulis am Roten Meer importiert wurden. Das Vordringen des Islam veranlasste einen Rückzug ins äthiopische Hochland, wo das Reich überdauerte. Im späten Mittelalter weckte es die Neugier der lateinischen Christenheit, als eine Delegation seiner Kirche das Konzil von Florenz (1439) besuchte; ein Gesandter des Königs von Portugal erkundete Ende des Jahrhunderts an der ostafrikanischen Küste den Seeweg nach Indien, wurde dann aber mehr als 20 Jahre am Hof des Kaisers von Äthiopien festgehalten.

Beachtlicher Kulturaustausch

Erste Moscheen an der Küste zum Indischen Ozean sind im 8. Jahrhundert erbaut. Der arabische Geograph al-Mas’udi stieß 916 auf den Export von Elfenbein und Gold; die Elefantenzähne gelangten durch den Persischen Golf bis nach China. Das Gold, das in der Hafenstadt Sofala an der Küste Mosambiks umgeschlagen wurde, stammte aus Vorkommen im heutigen Zimbabwe. Die Araber schätzten auch das Eisen aus Sofala, das sie bis Indien brachten; selbst die im Mittelalter noch in Toledo beliebten Schwerter aus Damaskus waren aus Eisen aus dem Inneren Afrikas gefertigt. Andererseits fand man chinesisches Porzellan schon aus dem 12. Jahrhundert an der Ostküste; von hier fuhren Afrikaner 1415 nach China, während zwei Jahre darauf umgekehrt der Admiral Zheng He auf einer seiner großen Fahrten Malindi erreichte. Mit dem Handel ging ein beachtlicher Kulturaustausch einher. Über die Küstenstadt Kilwa, wo Muslime aus Persien ein Sultanat mit vielen Emporien gegründet hatten, diktierte jedenfalls Ibn Battuta in seine Reiseerinnerungen (1353/1357), dass einheimische Dichter in Suaheli lyrische und epische Werke über arabische und indische Themen verfassten und diese in einer vom Arabischen abgeleiteten Schrift aufzeichneten.

Erschließung Afrikas

Die sogenannte Entdeckung Afrikas durch die lateinischen Christen vollzog sich im 15. Jahrhundert im Wesentlichen als eine Suche nach Gold und Sklaven. Der wichtigste Impulsgeber, der portugiesische Prinz Heinrich der Seefahrer, hatte in jungen Jahren schon an dem gescheiterten Versuch teilgenommen, Ceuta an der marokkanischen Küste zu erobern und den dortigen Goldhandel unter Kontrolle zu bekommen (1415). In den folgenden Jahrzehnten erreichten beziehungsweise eroberten seine Expeditionen nacheinander Madeira, die Kanaren und Azoren sowie die Insel Gete (Arguin), wo die Portugiesen eine Festung errichteten und den Handel Getreide und Tuche gegen schwarze Sklaven und Gold aufnahmen. 1471 stießen die Südeuropäer an die Goldküste vor und brachten bald etwa die Hälfte des westafrikanischen Goldexports unter ihre Kontrolle; bezahlt wurde mit Sklaven, die die Portugiesen in Benin und dem Nigerdelta erworben hatten. Die Schwarzen konnten auch die wachsende Neugier der weißen Fremden über das diesen noch unbekannte Innere Afrikas befriedigen. Vor allem ging es den Seefahrern aber um die Erkundung der Route nach Indien. Als Bartolomeu Dias 1488 zum ersten Mal die Umsegelung des „Kaps der Stürme“ gelungen war und der König von Portugal fortan vom „Kap der Guten Hoffnung“ sprach, dauerte es noch ein Jahrzehnt, bis Vasco da Gama Afrika ganz umschiffte und mit Hilfe arabischer Seeleute von der Ostküste aus Kalikut in Indien ansteuerte (24.4.1498). Fortan war die Herrschaft der Muslime über den Indischen Ozean gebrochen. Seitdem auch Christoph Kolumbus über den Atlantik bis in die Karibik gesegelt war (1492), befreiten sich die Westeuropäer aus der engen Welt des antik-mittelalterlichen Euromediterraneums.

wbg Weltgeschichte Bd. III

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