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Kommunikation – Handel, Kunst und Wissenstausch

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Michael Borgolte

Die Einheit der Welt war im „Mittelalter“ noch nicht realisiert. Zwar hatte sich das Menschengeschlecht schon seit der Vorgeschichte über den Globus verbreitet, doch war zwischen 600 und 1500 n. Chr. nicht jede menschliche Siedlung derart mit den anderen verbunden, dass alle die Knoten eines Netzes oder wenigstens die Glieder einer Kette bildeten. So blieb Australien mit seinen Ureinwohnern bis ins 17. Jahrhundert für sich, obwohl es nur wenige hundert Kilometer Seereise von Südostasien trennten, das selbst Teil eines weiträumigen Handelssystems vom Mittelmeer bis Japan war; ähnlich verhielt es sich mit dem noch weiter abgeschiedenen Neuseeland, während Neuguinea, das doch mit Streuinseln nach Borneo oder den Philippinen heranzureichen schien, erst 1526 als Baustein der Oikumene entdeckt worden war. Unerkannt entzogen sich der übrigen Menschheit auch das Innere Afrikas oder die Weiten Sibiriens, und Amerika hatten weder die Wikinger aus dem Osten noch die Polynesier aus dem Westen dauerhaft mit Europa oder Asien verknüpfen können.

Indianische Hochkulturen

Das „Mittelalter“ bestand also – universal betrachtet – aus mehreren voneinander getrennten Welten, die nur auf dem Weg des Vergleichs als globale Einheit konstruiert werden könnten. Für eine solche gedankliche Operation ist aber die Überlieferung allzu ungleichmäßig verteilt. Um den Zusammenhang Afrikas südlich des Äquators mit der Struktur anderer Weltgegenden konfrontieren zu können, reichen beim gänzlichen Mangel an Schriftzeugnissen die archäologischen Funde einfach nicht aus. Etwas besser ist die Lage bei den indianischen Hochkulturen, den mesoamerikanischen Maya (seit dem 3. Jh.) und Azteken (eingewandert seit ca. 1250) sowie dem Reich der Inka im Andenraum (seit ca. 1430). Die drei Herrschaftsbildungen hatten die beschränkte Mobilität für Handelswaren auf dem Landweg miteinander gemein. Dafür fehlten ihnen die Trag- und Zugtiere anderer Kulturen (Ochsen, Kamele, Pferde), so dass sie auch das Rad, das sie kannten, keinem Wagenkasten untersetzen konnten. Die Inka bauten zwar rund 24.000 Kilometer Straßen, darunter die Route über das Hochland der Anden zwischen Ecuador und dem heutigen Santiago de Chile, die aber nur Lastenträger, wenn nicht Krieger oder Boten, begehen konnten. Systematisch angelegte Speicher dienten zur Ablieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die von Staats wegen redistribuiert wurden, während die Hauptstadt Cusco (Cuzco) nur Luxusgüter in kleineren Mengen erreicht haben dürften. Ein kommerzieller Handel konnte sich kaum entwickeln. Trotzdem gab es in den drei Zivilisationen Fernhändler, die, wo immer es ging, Wasserstraßen benutzten. Schiffe – oder Flöße – fuhren die peruanische Küste entlang und wagten sich von hier aus wenigstens gelegentlich auf die hohe See. Die Maya in Mexiko nutzten für den Warentransport ebenso Flussläufe. Fernhändler, die sich genossenschaftlich organisierten, konnten auch zu politischen und militärischen Zwecken eingesetzt werden; die aztekischen Herrscher schickten sie geradezu aus, um ihre Eroberungen in Nachbargebieten vorzubereiten. Im Ganzen lebten die indianischen Bevölkerungen aber in einem naturräumlich zerklüfteten Kontinent so isoliert voneinander, dass sich ihre Kulturen kaum berührten und gegenseitig befruchteten, ganz zu schweigen von überseeischen Kontakten.

Kenntnisse von der Welt

Weiträumige Kommunikation kann deshalb im mittelalterlichen Jahrtausend nur im Hinblick auf jene drei Kontinente betrachtet werden, die damals selbst als Oikumene galten: Asien, Europa und Afrika. Nach den Weltkarten der Lateiner waren sie durch Gewässer voneinander geschieden: Europa von Afrika durch das Mittelmeer und beide von Asien durch die Flüsse Don und Nil. Indessen bildeten diese technisch niemals unüberwindliche Hindernisse, während der Weltozean, der die drei Erdteile zu umschließen schien, in der Vorstellung der mittelalterlichen Menschen die Oikumene von den unbewohnten Teilen oder einem vierten Kontinent trennte, in dem womöglich die Monstren hausten. Tatsächlich war am Ende des Mittelalters von den drei Großmeeren der Weltkugel am besten das kleinste, der Indische Ozean, erschlossen; den Atlantik befuhr man regelmäßig allenfalls im Nordosten, während der Pazifik, größer als die beiden anderen zusammengenommen, nur an seinem chinesisch-japanischen Saum überbrückt wurde.

wbg Weltgeschichte Bd. III

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