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2.8 Innovation im Dienste der Person?

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Aber selbst wenn die Forschung sich auf die Einhaltung von Standards zur Durchführung von Studien verpflichtet und Praxiseinrichtungen die Bereitschaft zu einem langwierigen Entwicklungsprozess aufbringen, bleibt die entscheidende Frage unbeantwortet: Ist die beständige Optimierung der Gesundheitsversorgung überhaupt patientengerecht? Zu Ende gedacht, dient dieser fortwährende Optimierungsprozess einer immer weitergehenden Verlängerung des Lebens. Dies macht allerdings nur dann Sinn, wenn die mit dem Alter assoziierten Degenerationsprozesse vermeidbar sind. In einem vielbeachteten Artikel erklärten Rowe und Kahn (1987), dass ein solches Altern möglich sei, da ein gesundheitsförderlicher, aktiver Lebensstil zu einer weitgehenden Vermeidung altersbedingter Funktionseinbußen führen könne. Der Mensch müsse nur dazu bereit sein, sich selbst zu optimieren. Diese These wird vom israelischen Schriftsteller Yuval Noah Harari in seinem Buch Homo Deus radikal zu Ende gedacht und als eine reale Möglichkeit für die zukünftige Entwicklung der Menschheit angesehen: »Nachdem wir ein beispielloses Maß an Wohlstand, Gesundheit und Harmonie erreicht haben und angesichts unserer vergangenen Bilanz und unserer gegenwärtigen Werte werden die nächsten Ziele der Menschheit wahrscheinlich Unsterblichkeit, Glück und Göttlichkeit sein.« (Harari 2017, S. 34)

Kritiker dieser Zukunftsvision machen allerdings darauf aufmerksam, dass diese bestenfalls eine leere Worthülse sei. Durch die Abschaffung des Todes wird die Grundbedingung des Lebens mitbeseitigt. Erst durch das Bewusstsein von der eigenen Sterblichkeit erhält das menschliche Leben seine eigentliche Bedeutung. Unsterblich-Sein hingegen kann nur bedeuten: »Das Leben würde dahinplätschern, immer weiter, ohne Ende, aber auch ohne Ziel« (Fuchs 2020, S. 95) und jede Entscheidung, die man träfe, wäre genauso gut wie jede andere, denn beim nächsten Mal könnte man ja das zuvor Ausgeschlossene wählen. Ein dauerhaftes Glück wäre zudem nur ein Widerspruch in sich selbst, da Glück seinem Wesen nach zerbrechlich und nur in einzelnen Momenten erfahrbar ist (Zaborowski 2019). Es entspräche einem Leben ohne Höhen und Tiefen, die für die Glückserfahrung die Voraussetzung sind und führe daher zu Gleichgültigkeit und Langeweile.

Eine permanente Optimierung der Gesundheitsversorgung mit dem Ziel der Unsterblichkeit würde damit letztendlich das Gegenteil von dem bewirken, was sie erreichen will, da sie sich einseitig am Kriterium einer optimale Funktionstüchtigkeit und Gesundheit orientiert, und nicht an dem, was die Patienten am Ende ihres Lebens für sich als sinnvoll erfahren.

Praxisentwicklung und Akademisierung in der Pflege

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