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2.2.2 Exkurs: Wie aus der US-Finanz- eine Weltwirtschaftskrise wurde

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Globalisierung von Krisen

Die sich im Herbst 2008 auf den internationalen Finanzmärkten ausbreitende Krise ist ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie im Zeitalter der Globalisierung aus vermeintlich lokal begrenzten Problemen weltweite Krisen von kaum erwartetem Ausmaß erwachsen können.

Krise auf dem US-Immobilienmarkt

Ursache war das sich bereits im Frühjahr 2007 abzeichnende Platzen der Spekulationsblase auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt. Jahrelang erschienen Hypotheken auf Wohnimmobilien aufgrund der positiven Wertentwicklung als sicheres Investment und so vergaben Hypothekenbanken auch an Kunden mit schlechter Bonität Kredite, so genannte „Subprime Loans“. Das hohe Ausfallsrisiko dieser unsicheren Kredite ließen sich die Hypothekenverkäufer durch hohe Zinsen abgelten.

Viele Subprime-Kredite unterliegen hohen Zinsänderungsrisiken, da sie neben einer fixen auch eine variable Zinskomponente enthalten. Als die US-Notenbank 2004 begann, die Leitzinsen schrittweise anzuheben, verteuerten sich die Immobilienkredite. Damit wuchs die Anzahl von uneinbringlichen Krediten und Zwangsversteigerungen, was wiederum zu einem rapiden Verfall der Immobilienpreise führte. Im Jahr 2008 nahm die Krise endgültig ihren Lauf, da der größte Teil der anfänglichen Niedrigzinsphasen für Subprime-Darlehensnehmer auslief und sich für diese der Schuldendienst zum Teil verdoppelte.

Die Hypothekenanbieter ihrerseits haben sich das für die Kredite nötige Kapital von Banken besorgt. Diese kauften die einzelnen Hypotheken auf, verbrieften sie als forderungsbesicherte Wertpapiere und verkauften sie weiter an Investoren, darunter viele Großbanken. Die Subprime-Kredite wurden damit in komplizierte Finanzpakete verpackt, deren tatsächliches Risiko für den Käufer nur schwer ersichtlich ist und durch Ratingagenturen falsch eingeschätzt wurde.

Abwärtsspirale und gegenseitiges Misstrauen

Als Konsequenz der Abwärtsspirale aus sinkenden Immobilienpreisen und Kreditausfällen verloren nun auch die verbrieften Forderungen massiv an Wert. Den Banken blieb nichts anderes übrig, als sie abzuschreiben, was große Verluste in den Bilanzen hinterließ. Da nicht nur Banken und Anleger aus den USA, sondern weltweit Investoren in die Kreditpakete investiert hatten, zog die Krise immer weitere Kreise und erfasste schließlich das weltweite Finanzsystem. Große US-Investmentbanken wie Bear Stearns, Lehman Brothers und Merril Lynch gingen bankrott oder konnten nur durch staatliche Milliardenhilfen oder konzertierte Notverkäufe gerettet werden. Auch europäische und deutsche Kreditinstitute und Immobilienfinanzierer (z.B. Northern Rock, IKB, Hypo Real Estate, Sachsen-, West- und Bayern-LB) gerieten in extreme finanzielle Schieflagen. Die Konsequenz daraus ist, dass sich die Banken gegenseitig misstrauen und sich untereinander kaum mehr Geld zu leihen bereit sind, mit der Folge, dass auch wirtschaftlich gesunde Banken insolvent werden können.

Rettungspakte

Seit Herbst 2008 schnüren die Regierungen der Industrieländer milliardenschwere Rettungspakte (z.B. USA: 700 Mrd. US-$, Deutschland: 500 Mrd. Euro), um die Banken zu stützen und das Finanzsystem am Laufen zu halten. Dabei hat die Krise längst auch auf die Realwirtschaft übergegriffen. So ist im vierten Quartal 2008 der Weltwirtschaftsklimaindikator des Ifo Instituts auf den tiefsten Stand seit 1988 abgesackt.

Übergriff auf die Realwirtschaft

Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft, die sich in einer weltweiten Rezession äußert, sind vielfältiger Natur. Zentrale Ursache liegt sicherlich in der strengeren Kreditvergabe sowie höheren Zinsen, welche die Banken im Zuge der Finanzkrise zum Schutz des eigenen Überlebens eingeführt haben. Zu dieser Verknappung von (Investitions-)Kapital gesellen sich pessimistische Zukunftserwartungen, abnehmende Konsumausgaben (z.B. im wichtigsten Konsummarkt USA), Belastungen aus den Verflechtungen zwischen Industrieunternehmen und Finanzinstituten und nicht zuletzt verschleppte strukturelle Probleme in einigen Industriezweigen, v.a. der Automobilindustrie.

So haben z.B. mehrere Automobilkonzerne Produktionsstopps eingelegt bzw. sind quasi bankrott. In der Folge gehen auch die Auftragsvolumina in der Stahlindustrie zurück, was mit Kurzarbeit und Sparprogrammen beantwortet wird. Dies wiederum führt dazu, dass auch in der Bergbauindustrie Projekte zurück gestellt und Investitionen gestoppt werden. Auch die Chemische Industrie und Logistikanbieter sind betroffen, Konsumgüterindustrie und Handel folgen. Gleichzeitig nimmt die Arbeitslosigkeit zu. In den USA z.B. gingen alleine im November 2008 mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze verloren, womit die Arbeitslosenquote auf den höchsten Stand seit 1993 kletterte. Dass all diese Effekte nicht lokal begrenzt bleiben, sondern global durchgereicht werden, ist u.a. die Folge globaler Wertschöpfungsketten (vgl. TRAMPE 2007; SZ 2007; WAS 2008a und 2008b; FAS 2008b; FAZ 2008a und 2008b; HANDELSBLATT 2008a).

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