Читать книгу Geographie der internationalen Wirtschaft - Hans-Dieter Haas - Страница 30

2.6 Globalisierung versus Fragmentierung

Оглавление

Nord-Süd-Konflikt

Die Globalisierung verändert die Weltgeographie durch eine Kette von Transformationsprozessen, welche auf der Intensivierung grenzüberschreitender Transaktionen und einer Verschärfung der Wettbewerbsverhältnisse basieren (vgl. MÜLLER-MAHN 2007, S. 853). In den bisherigen Ausführungen konnte der Eindruck entstehen, dass es sich dabei um einen homogenen Prozess handelt, der alle Regionen und Orte in ähnlicher Art und Weise beeinflusst. Tatsächlich sind von dieser Entwicklung aber ganze Raumeinheiten abgeschnitten. Am deutlichtesten kommt dies im globalen Verhältnis zwischen Arm und Reich oder allgemein zwischen Industrie- und Entwicklungsländern (vgl. Kap. 3.1) zum Ausdruck, was als Nord-Süd-Konflikt bezeichnet wird. Dieser verschärft sich eben durch den räumlich sehr ungleichgewichtig verlaufenden ökonomischen Globalisierungsprozess.

Globale Gegensätze

Zurzeit leben mehr als 6 Mrd. Menschen auf der Erde, fast 80 % davon in den Entwicklungsländern, d.h. nur jeder fünfte Mensch lebt in einem Industrieland. Jährlich nimmt die Weltbevölkerung um ca. 80 Mio. zu, wovon 99 % auf die Entwicklungsländer, insbesondere im subsaharen Afrika, und nur 1 % auf die Industrieländer entfallen. Genau umgekehrt verhält es sich mit der Aufteilung der Wirtschaftsleistung: Mehr als 80 % des weltweiten Bruttosozialproduktes entfallen auf die Industrieländer, nur ca. 17 % auf die Entwicklungsländer (vgl. Abb. 2–2 und Abb. 2–3).


Abbildung 2–2: Weltbevölkerung nach Ländern und Regionen in % der Weltbevölkerung 2007 (MÜLLER-MAHN 2002, S. 9, aktualisiert)


Abbildung 2–3: Bruttosozialprodukt (BSP) nach Ländern und Regionen in % des Welt-BSP 2007 (MÜLLER-MAHN 2002, S. 9, aktualisiert)

Zwischen Industrie- und Entwicklungsländern klaffend fällt auch der Unterschied in der Nutzung und dem Zugang zur internationalen Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, einem der wichtigsten Treiber des Globalisierungsprozesses, aus (Digital Divide; vgl. Kap. 4.3.3).

Fragmentierung

Diese Entwicklungen verleiten zur Annahme, dass ausschließlich die die Triade der Weltwirtschaft (vgl. Kap. 3.1) bildenden Industrieländer am Prozess der Globalisierung partizipieren, während das Gros der Entwicklungsländer davon abgeschnitten ist. In Wahrheit greift diese Annahme aber zu kurz. Denn die Grenze zwischen Reich und Arm sowie entwickelt und unterentwickelt verläuft tatsächlich wesentlich differenzierter, als es die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern impliziert. Dieses Phänomen wird mit dem Begriff der Fragmentierung bzw. der These der fragmentierenden Entwicklung (vgl. SCHOLZ 2002, 2007, 2004, S. 215ff.) zum Ausdruck gebracht. Sie besagt, dass am globalen Wettbewerb und seinen Wohlfahrtseffekten nie Länder und deren Bevölkerung als Ganzes, sondern immer nur bestimmte Orte, wie z.B. Global Cities (vgl. Kap. 3.4) in den Industrieländern oder Exportenklaven in den Ländern der Dritten Welt, und auch dort nur Teile der Bevölkerung teilhaben.

Auflösung bekannter entwicklungsökonomischer Raumkategorien

Die Grenze zwischen dem „reichen Norden“ und dem „armen Süden“ verschwimmt daher zusehends. Denn auch in den Industrieländern bilden sich von der dynamischen Entwicklung der Wirtschaft abgekoppelte und verarmte Bevölkerungsschichten heraus, die von der Wirtschaft, welche aus Konkurrenz- und Renditeerwägungen gezwungen ist, dort Standorte aufzugeben und weltweit nach günstigeren Produktionsbedingungen zu suchen, zurückgelassen werden. Gleichzeitig sind auch in den Entwicklungsländern einzelne Wirtschaftssegmente und Eliten (z.B. freie Exportzonen, Standorte der Billiglohn- und Massenproduktion, der Rohstoffförderung sowie des Freizeit- und Tourismusgewerbes) in das globale Netzwerk der Weltökonomie integriert. Dadurch kommt es zu einer Pluralisierung von Entwicklungspfaden und zur Auflösung alt bekannter entwicklungsökonomischer Raumentitäten (vgl. FUCHS 2006, S. 5; SCHOLZ 2007, S. 104; MÜLLER-MAHN 2007, S. 853).

Geographie der internationalen Wirtschaft

Подняться наверх