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9. Kapitel

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1458 v. Chr. – Memphis, Hauptstadt des alten Ägypten

Heute am frühen Morgen hat er sie gefunden. Seine Stiefmutter lag in ihrem Bett, als er in das königliche Schlafgemach trat. Zunächst war es ihm gar nicht bewusst, aber als er näher herantrat, sah er es. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihr Gesicht zu einer ungewöhnlichen Grimasse verzerrt. Noch immer kann er nicht sagen, was es ausdrückte. Es war keine Furcht oder gar Entsetzen. Es kam ihm im ersten Moment sogar fast wie ein Lächeln vor.

Bevor er irgendjemandem davon erzählen konnte, schloss er ihre Augen und löste ihre Gesichtszüge zu einem neutralen, friedlichen Ausdruck königlicher Erhabenheit.

Nun ist es an Thutmosis III, als selbstständiger König sein Land zu regieren. Als er vor sein Volk tritt, um diesem den Tod seiner Königin zu berichten, fühlt er sich zum ersten Mal ganz allein. Das geborgene Gefühl, welches ihm seine Mutter immer gab, ist verschwunden. Eisige Kälte erfüllt sein Herz und zum ersten Mal in seinem Leben spürt er etwas so massiv, wie er es noch nie vernommen hat.

Hass.

Die friedliche Regierung seiner Mutter soll ein Ende haben. Er wird die verlorenen Gebiete zurückerobern und die Macht Ägyptens wieder voll und ganz herstellen. Zwar tut ihm der Gedanke weh, den Namen Hatschepsuts aus allen Bauwerken löschen zu lassen, doch es ist notwendig. Die alte Ordnung muss wiederhergestellt werden. Das haben ihm die Priester bei der kurzen Versammlung vor wenigen Minuten unmissverständlich klargemacht.

Thutmosis III steht jetzt vor den Massen seines stolzen, ägyptischen Volkes und zeigt ihnen an, zur Ruhe zu kommen. Nach der Verkündung der letzten Ereignisse hält er dann unerwartet lange inne. Alle schauen ihn erwartungsvoll an. Allmählich hört man Getuschel und auch die Priester beraten sich. Was ist los? Sollen sie zu dem jungen Mann hingehen? War alles zu viel für ihn?

Doch dann richtet Thutmosis III den Blick wieder in die Menge und holt tief Luft. Es herrscht plötzlich wieder gebannte absolute Stille.

„Sie ist heute tot. Doch ich weiß, dass sie wiederkehren wird von den Toten. Sie kehrt wieder um sie zu finden und sich zu rächen. Heute haben sie gewonnen. Doch morgen wird sie siegen! Meine Liebe, die zu Hass geworden ist, wird sich wieder zu Liebe umkehren, wenn unsere Königin den Weg aus dem Reich der Toten zurück zu uns gefunden hat!“

Die Priester können nicht glauben, was der neue Pharao dort spricht. Dann endlich geht einer von ihnen an das Pult und greift den jungen Mann beim Arm.

„Es reicht jetzt!“, hört man den Priester noch sagen. Dann führt er Thutmosis III in seine Gemächer zurück und die Menschenmenge löst sich auf.

Niemand wird ihre Pläne durchkreuzen. Nicht einmal der Pharao selbst, denkt der oberste der Priesterschaft bei sich, als er sich auf den Weg zu den Wächtern macht. Ohne Zweifel haben sie die Worte des jungen Königs bereits gehört und nun sind sie die einzigen, die wissen, was zu tun ist.

Hatschepsut

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