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Kapitel 4: Naphal

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Am Ufer des Euphrat

Nicht weit der Ruinen von Naphal

22.1.03 10:22 a.m.

„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Jakob Jana, während sie im Mondlicht die recht steile Küste hinaufkletterten. Charon hatte sich zusammen mit seinem Nebel scheinbar in nichts aufgelöst.

„Wir werden zwei Kilometer in diese Richtung gehen, dort wartet bereits jemand von einer Zweigstelle auf uns“, erklärte Jana.

Schweigend gingen sie über das karge Ödland hin, bis sie plötzlich am Horizont mehrere helle Lichter sahen, die schnell näher kamen.

Bald wurden Jeeps deutlich, die sich näherten.

„Ich habe vor unserer Abreise alle nötigen Leute verständigt. Das Ganze hier fällt nicht ganz in den Zuständigkeitsbereich unserer Zweigstelle, deswegen ist das Hauptaufgebot der Leute von den hiesigen V.I.“, erklärte Jana.

Zwölf Jeeps hielten mit quietschenden Reifen vor ihnen. Sie schalteten nacheinander die Lichter aus, so dass Rikas Augen sich langsam vom hellen Gegenlicht erholten und sie Einzelheiten sehen konnte.

„Mein Name ist Cem“, erklärte einer der Fahrer auf englisch, dessen Jeep als einziger eine leere Rückbank hatte. Alle anderen waren voll mit vier bis fünf Personen.

„Sie wurden von Krasokov mit der Leitung dieser Mission beauftragt?“, fragte Jana.

Cem nickte. „Korrekt“, erwiderte er mit leichtem Akzent.

„Dann wollen wir mal“, fügte er hinzu und deutete auf die Rückbank, „wir haben noch ein Stück vor uns und es sind schon einige Thurul da, wenn unsere Aufklärung Recht hat.“

*

Sie fuhren eine gute Stunde quer durch die Wüste und Rika begann sich zu fragen, woran Cem sich eigentlich orientierte, denn sie konnte weder ein magisches noch ein technisches Hilfsmittel sehen. Und die öde Wüste um sie herum war auch nicht gerade reich an Orientierungspunkten.

Dann allerdings tauchte ein flacher Berg auf.

„Da ist es“, erklärte Cem. „Naphal, oder das, was die Vampirkönige davon übrig gelassen haben, als die Thurul frech wurden.“

„Also stimmt es?“, fragte Jakob. „Sie haben die Spitze des Berges vernichtet, um die Thurul zu vernichten?“

„Vermutlich, es ist nur nachgewiesen, dass die Vampire eine ähnliche Geschichte haben und dass hier einmal viele magische Energien angewandt wurden.“

Rika schloss die Augen. Sie konnte es spüren, die Magie fühlte sich hier an wie eine aufgewühlte See, überall Schwingungen und Wellen. Doch nicht nur vergangene Zauber zerwühlten die See um sie herum, auch die vielen Magier, mit denen sie hier aufmarschierten, verursachten alle Schwingungen. Es war ein großes Chaos.

„Wo werden wir die Thurul vermutlich finden?“, fragte Jana an Cem gewandt. Bevor dieser antworten konnte, sagte Rika: „Im Inneren des Berges, nicht wahr?“

„Korrekt, woher wissen Sie das?“, erwiderte Cem.

„Dort ist die Magie ziemlich im Aufruhr, aber es ist nicht wie bei normaler Magie, dass sie Wellen schlägt, es scheint eher so, als würde sie in eine Richtung strömen, wie ein Wirbel.“

„Das muss das Ritual sein, mit dem sie Thanatos wiederbeleben wollen“, sagte Cem und beschleunigte den Wagen weiter.

*

Als sie sich einer von zwei Säulen gestützten Öffnung im Berg näherten, sahen sie auf einmal Thurul auf sie zufliegen. Sie landeten in ihrer Nähe und schossen mit halbautomatischen Feuerwaffen auf sie.

„Alle Magie scheint dort unten benutzt zu werden“, stellte Jakob fest, während sie auf der den Schützen abgewandten Seite aus dem Wagen krabbelten. Sie waren nur noch gute zwanzig Meter vom Eingang entfernt, die Umgebung war allerdings übersäht mit Felsbrocken, so dass sowohl V.I. als auch Thurul perfekte Deckung besaßen. Immer mehr Thurul stürmten heraus und verwickelten die Venatores in Kämpfe. Feuerbälle blitzten auf und ein Thurul fing Feuer, als er von zwei Venatores unter Beschuss genommen wurde. Mit brennenden Flügeln und schreiend schlug er krachend in der Nähe von Rikas Deckung nieder.

„Ich werde sehen, ob ich sie ablenken kann“, erklärte Jakob und sprang aus der Deckung hianus. In der Bewegung noch verwandelte er sich in eine Mischkreatur, die aussah wie ein humanoider Löwe. In der Lage, gebückt zu stehen und so voller Muskeln, dass er eindeutig nicht mit einem echten Löwen hätte verwechselt werden können. Er biss in einer fließenden Bewegung einem der Thurul in den Hals, dass das Blut nur so daraus hervorschoss. Mit seiner Pranke schlug er dem Thurul die Waffe aus der Hand.

Jakob war als Azizail nur bedingt magisch begabt, machte dies aber mit seiner immensen Kraft in der löwenartigen Gestalt wieder wett.

Jana, Cem und Rika stürmten derweil von Deckung zu Deckung, immer näher an den Eingang heran.

Langsam näherten sie sich der Öffnung, inzwischen tobte die Schlacht etwas weiter unten am Hang. Er sah aus wie in den Hang gesprengt.

Niemand behelligte sie, während sie hereinstürmten, in einen langen Gang, der sich sanft fallend eine Weile fortsetzte, bis er plötzlich einen Knick nach links vollzog.

Sie spähten um die Ecke in einen kreisrunden Raum, in dessen Mitte ein großer Sarkophag stand. Er war schlicht und kaum verziert. Nur ein paar einzelne große Schriftzeichen waren hereingeritzt.

„Hier ruht der geflügelte König“, murmelte Cem. Auf Rikas fragenden Blick erklärte er: „Das bedeuten die Zeichen.“

Um den Sarkophag herum standen einige Thurul in Rüstungen, die mit rhythmisch pulsierenden Edelsteinen verziert waren. Sie stellten sich in einem großen Kreis auf und richteten die Arme auf den Sarkophag. Blitze begannen hellblau ihre Oberkörper bis zu den Fingerspitzen entlang zu wandern und sprangen knisternd auf den Sarkophag über. Einer begann, eine Beschwörungsformel zu murmeln und nach und nach fielen alle anderen Thurul ein. Die Blitze wurden größer und es begann ein beständiger Energiestrom von den Thurul zum Sarkophag zu fließen.

„Wir müssen eingreifen“, entschied Cem und stürzte um die Ecke, mehrere Schnitter schleudernd.

„Nicht“, rief Jana, doch weiter kam sie nicht mehr, die Schnitter zerfetzten zwei Thurul und im Fallen sprangen die Energieblitze auf alles über, was in der Nähe war. Ein anderer Thurul fing Feuer, das ihn in ein hellblaues Leuchten hüllte und ihn binnen Sekunden verzehrte. Die reine Magie, die nun ziellos umherschoss, traf auch Cem, der von ihr zurückgeschleudert wurde, so wie einige der Thurul. Bevor Cem sich aufrichten konnte, hatte einer der Thurul bereits einen Schnitter nach ihm geworfen, der ihn tief an der Schulter verletzte. Sein linker Arm hing nun schlaff herunter, als er einen weiteren mit einem Schildzauber blockte. Die Magieblitze entluden sich nun nicht mehr wahllos, doch einer der Thurul feuerte nun einen auf Cem ab, dessen Schild kurz aufflackerte und dann verschwand. Er schrie, als er in blaue Flammen gehüllt wurde. Jana versuchte, einen Schildzauber aufzubauen, um ihn zu schützen, doch auch dieser ließ die Flammen nur kurz flackern, es war zu viel Kraft dahinter.

Da dieser Versuch wirkungslos gewesen war, schleuderten Rika und Jana nun beide Schnitter in Richtung der Thurul, die zwar geblockt wurden, aber zumindest den beständigen Strom blauer Flammen zum Versiegen brachten.

„Raus“, brüllte Jana Rika an, die sich den übel zugerichteten Cem schnappte. Teilweise war seine Haut verbrannt und er wimmerte jämmerlich, als sie ihm beim Gehen half.

Jana stellte sich in den Gang den Thurul entgegen. Einer dieser trat nun hervor.

„Ich bin der wiedergeborene Thanatos, Magierin, flieh und hör auf, meine Wiederkehr zu stören“, erklärte er und seine Stimme hallte dröhnend von den kahlen Felswänden wider.

„Ich bin Jana Skolwaski, und es wird euch nicht gelingen, Thanatos wiederzubeleben“, erklärte sie mit fester Stimme. Sie wusste, dass sie nur einen Versuch haben würde. Sie sammelte alle Magie der Umgebung in sich für einen Zauber, der vielleicht ihr letzter sein würde. In früheren Zeiten hatte man ihn Hexenhammer genannt und er wurde heutzutage den normalen Venatores gar nicht mehr beigebracht, denn er barg ein zu hohes Risiko des Missbrauchs.

„Wisst ihr, was ein Hexenhammer ist?“, fragte sie und ein böses Grinsen huschte über ihr Gesicht, als sich die Augen des Anführers weiteten.

Das war das Letzte, das sie mitbekam.

Alle Energie in ihr entließ sie, so wie man es sie gelehrt hatte, eine Wand aus Feuer fegte von ihr weg in jede Richtung und verbrannte alles und jeden, der im Weg war. Einige der Thurul besaßen die Geistesgegenwart, ihre gespeicherten Energien für einen Schildzauber zu nutzen, doch diese knackten unter der immensen Wucht des Hexenhammers und zerbrachen.

Welle um Welle Feuer schoss von der bewusstlosen Jana weg, die aussah, als würde sie an unsichtbaren Fäden gehalten. Ihre Haut wurde rot und ihre Augen glommen tiefblau unter ihren geschlossenen Lidern hervor, als auch der letzte Rest Magie aus ihr herausfloss, um eine neue Welle todbringenden Feuers zu werden. Kleine Fältchen bildeten sich unter ihren Augen und einzelne Haare begannen grau zu werden, als sie wieder zu Bewusststein kam und in dem Moment, in dem sie die Augen öffnete, zu Boden schlug.

Das Leuchten ihrer Augen hörte auf, ebenso wie die Feuerwellen des Hexenhammers. Der Gang war schwarz verrußt und feine Asche schwebte durch die Luft.

Es rocht leicht nach verbranntem Fleisch, doch Jana stellte fest, dass es ihre eigenen Oberarme waren, die kleinere Verbrennungen aufwiesen. Von den Thurul war nicht genug geblieben, das man hätte riechen können.

*

Rika hatte gerade Cem aus dem Eingang der Grabkammer gezogen und hinter einen Stein gelegt, da schoss bereits eine Flammensäule aus dem Eingang heraus. Gute zwanzig Meter hoch und sich noch steigernd sah es aus, als würde der Berg ausbrechen.

Die Nacht war zum Tag gemacht und die kämpfenden Venatores, die langsam die Überhand über die Thurul gewannen, starrten wie ihre Gegner hinauf zur Flammensäule.

„Was...“, flüsterte Cem.

„Ein Hexenhammer“, erwiderte Rika, ebenfalls geflüstert. Es war vollkommen still für einen Moment, als alle beim Anblick dieser reinen Macht innehielten.

Dann setzten sich die Kämpfe fort. Die Thurul wurden in die Flucht geschlagen und einige ergaben sich, denn sie waren nicht in der Lage noch wegzufliegen. Eine Flucht zu Fuß war ausgeschlossen, auch wenn es einer probierte. Dieser wurde aber bald von einem gut gezielten Feuerball dazu gebracht umzukehren und sich doch eher zu ergeben.

*

Rika kletterte hinauf zum Eingang in die Grabstätte, als die Flammensäule plötzlich noch einmal kurz an Intensität gewann und dann abbrach.

Sie blickte in den geschwärzten, verbrannten Gang und kletterte hinab. Es roch leicht nach Verbrennungen, und als sie um die Ecke des Ganges bog, sah sie Jana am Boden liegen, mit halb geöffneten Lidern und zufrieden lächelnd, auch wenn sie bei jeder Bewegung schmerzerfüllt das Gesicht verzog.

„Sie haben, glaube ich, gerade gut ein Dutzend Gesetze gebrochen, mit einem Zauber, der vermutlich seit einem Dutzend Jahren nicht mehr angewandt wurde“, bemerkte Rika anerkennend, als sie Jana aufhalf.

„Aber es hat funktioniert“, erwiderte diese nur müde. „Das wird dafür sorgen, dass man Milde walten lassen wird. Ich werde höchstens eine formelle Rüge bekommen."

„Ich wusste überhaupt nicht, dass Sie mächtig genug sind, eine Stadt wie Bremen dem Erdboden gleich zu machen“, sagte Rika.

„Es gibt nunmal selten Gelegenheit dazu“, war das Letzte, was Jana sagte, bevor sie bewusstlos wurde. Rika bemerkte die grauen Haare und konnte sehen, wie Jana einige Altersfalten bekam. Das war der Preis für mächtige Zauber. Wer zu viel eigene Magie verbrauchte, zahlte am Ende immer mit Lebenskraft darauf.

*

„Rika?“, fragte Jana einige Tage später, als sie zurück in Hamburg waren, nach einer kurzen Einsatzbesprechung.

„Ja?“

„Ich habe Ihren Bericht gelesen, sehr gut, aber könnten Sie ihn noch einmal schreiben?“

„Wieso, gibt es Formfehler?“, fragte Rika verdutzt.

„Nein, nein“, erwiderte Jana und schüttelte den Kopf. „Nur, lassen Sie das heraus, dass ‚der Lord‘ befohlen hat, dass sich die Thurul bei Naphal sammeln.“

„Wieso?“

„Das zu wissen sind Sie nicht befugt, meine Liebe“, erwiderte Jana und verließ den Konferenzraum.

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