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Achtzehnter Brief.
An Julie.

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Ich habe Ihr Geschenk angenommen, ich bin abgereist, ohne Sie zu sehen, nun bin ich schon weit von Ihnen: hat nun Ihre Tyrannei genug, und habe ich meinen Gehorsam hinlänglich bewiesen?

Ich kann Ihnen von meiner Reise nichts sagen; kaum weiß ich, wie ich sie gemacht habe. Ich habe drei Tage gebraucht, um zwanzig Lieues zurückzulegen; jeder Schritt, der mich von Ihnen entfernte, trennte meinen Leib von meiner Seele und gab mir einen Vorgeschmack des Todes. Ich hatte den Vorsatz, Ihnen Alles zu beschreiben, was ich sehen würde. Ich habe aber nichts gesehen als Sie und kann Ihnen nichts schildern als Julie, In Folge der heftigen Aufregungen, die mich Schlag auf Schlag getroffen haben, befand ich mich in einer unablässigen Zerstreutheit; ich fühlte mich beständig da, wo ich nicht war: kaum hatte ich Besinnung genug, um mich nicht zu verirren oder nach dem Wege zu fragen, und ich bin in Sion angekommen, ohne Vevay verlassen zu haben.

So habe ich das Geheimniß gefunden, Ihre Härte zu Schanden zu machen, und ohne Ihnen ungehorsam zu sein, Sie doch zu sehen. Ja, Grausame, was Sie auch thun mochten, ganz haben Sie mich nicht von sich trennen können. Ich habe in mein Exil nur den kleinsten Theil meines Selbst mitgeschleppt: was von Leben in mir ist, das wohnt unaufhörlich dort bei Ihnen. Ungestraft schweift es über Ihre Augen, Ihre Lippen, Ihren Busen, alle Ihre Reize hin, dringt überall ein, wie ein feiner Aether, und ich bin Ihnen zum Trotz glücklicher, als ich je mit Ihrem Willen war.

Ich habe hier einige Personen zu sehen, einige Geschäfte abzumachen; das ist meine Qual. In der Einsamkeit bin ich nicht zu beklagen, wo ich mich mit Ihnen beschäftigen und mich dahin zaubern kann, wo Sie weilen. Nur das thätige Leben, welches mich ganz zu mir bringt, ist mir unerträglich. Ich werde die Sachen schlecht und schnell abthun, um nur bald frei zu sein und nach Lust in den Einöden umher zu irren, welche in meinen Augen das Land hier reizend machen. Man muß Alles fliehen und allein sein in der Welt, wenn man nicht mit Ihnen sein kann.

Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe)

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